Die Erben von Hammerfell - 5
Bis zu dieser
Sekunde hatte Alastair sich das selbst nicht klar eingestanden, jetzt wußte er es. Conn, der den Gedanken hörte,
fuhr ihn an: »Und Floria, was ist mit ihr? Sie wartet auf
dich bei unserer Mutter, während du mit deiner ausschweifenden Phantasie nicht einmal vor Storns Sippschaft haltmachst.«
»Das wirfst du mir vor?« entgegnete Alastair heftig.
»Du, der du die Augen nicht von meiner versprochenen
Frau lassen kannst?«
Ich dachte, Alastair habe kein laran. Wieso kann er
meine Gedanken lesen? Oder ist es so offensichtlich?
fragte sich Conn mit schlechtem Gewissen.
Dann sagte er freundlich: »Bruder, ich möchte nicht mit
dir streiten, vor allem nicht unter diesem Dach. Ich habe
mit Lord Storn gesprochen, und da du hier bist, könnte ich
mir vorstellen, daß du es auch getan hast…«
Alastairs Zorn wurde dadurch nicht etwa beschwichtigt, sondern flammte erst recht auf.
Also trotz seines Geredes, er erkenne mich als Herzog
und Herrn an, nimmt er sich heraus, hinter meinem Rücken
Regelungen mit Lord Storn zu treffen, ohne sich auch nur
mit mir zu beraten! Er bildet sich ein, Hammerfell und die
Männer von Hammerfell ständen immer noch unter seinem Befehl!
Conn dagegen dachte: Glaubt denn dieser Geck und
Taugenichts, der zwanzig Jahre in der Stadt, weit weg von
Hammerfell, gelebt hat, er brauche nur hereinzuspazieren
und könne alles durch Diplomatie beilegen, ohne Rücksicht auf die Geschichte der langen Fehde zwischen Hammerfell und Storn zu nehmen? Wie kann man so etwas ehrenvoll nennen? Bei all dem, was er auf dem Herzen hatte, wünschte er, sein Bruder könne seine Gedanken lesen. Statt dessen mußte er es mühsam in Worte fassen, und Conn wußte, sein Geschick im Umgang mit Worten war gering, während Alastair, der Großstädter, sich darauf
verstand, um den springenden Punkt herumzureden.
Und er ist verliebt in dieses Mädchen – Storns Groß
nichte! Ob sie es weiß? Ob sie laran hat?
Endlich sagte er langsam: »Ich glaube, Alastair, es ist
deine Sache, die Nachricht auszusenden, daß alle Männer,
die noch in der Pflicht stehen, für Hammerfell zu kämpfen, sich versammeln. Danach wird König Aidan…«
Lenisa unterbrach ihn. »Dann muß es zum Krieg kommen? Als du und mein Großonkel so vernünftig miteinander spracht, habe ich gehofft, es könne ein Weg gefunden
werden, diese lange Feindschaft zu beenden.«
Alastair sah Lenisa an und wich Conns Blick aus. »Ist es
Euer Wunsch, Domna Lenisa, daß wir Frieden schließen?«
Conn, der sich redlich Mühe gegeben hatte, vernünftig
zu sein, wurde jetzt so wütend, daß er sich nicht mehr beherrschen konnte.
»Genau das ist der Grund, warum ich wollte, daß die
junge Dame uns verläßt! Es gibt viele wichtige Dinge zu
besprechen, die nicht von Frauen geregelt werden können!« explodierte er.
»Deine ländliche Erziehung«, sagte Alastair, »verführt
dich zur Unhöflichkeit. In den zivilisierten Teilen der
Welt gilt es als selbstverständlich, daß wichtige Entscheidungen von Männern und Frauen gemeinsam getroffen
werden, denn schließlich geht es beide gleichermaßen an.
Würdest du unsere Mutter, die Turm-Arbeiterin ist, von
einer wichtigen Entscheidung wie dieser ausschließen
wollen? Oder hältst du Lenisa nur für zu jung, um an einer
solchen Beratung teilzunehmen?«
»Sie ist eine Storn«, erwiderte Conn zornig.
Lenisa beugte sich vor. »Diese Entscheidung betrifft mich aus folgenden Gründen: Ich repräsentiere die Hälfte dieser alten Fehde, ich habe sie ebenso geerbt wie Ihr, ich habe durch sie ebenso wie Ihr meinen Vater verloren - obwohl ich ihn, die Götter wissen es, kaum gekannt habe. Wie könnt Ihr da sagen, es gehe mich nichts an? Wie könnt Ihr verlangen, daß ich still in der Ecke sitze und an
dere entscheiden lasse, was getan werden soll?«
Conn erwiderte sachlich: »Damisela, ich hege keine
Feindschaft gegen Euch. Niemand könnte Euch aus
einem anderen Grund als Eures Namens wegen seine
Feindin nennen. Ihr habt weder gekämpft noch getötet,
Ihr seid ein Opfer dieser Blutrache, nicht einer ihrer
Gründe.«
»Ihr sprecht, als sei ich ein Kind oder geistesschwach!«
sagte Lenisa aufbrausend. »Wenn ich nicht zum Schwert
greife und an der Seite meines Großvaters kämpfe, heißt
das noch lange nicht, daß ich nichts über diese alte Fehde
weiß.«
»Jetzt habe ich Euch erzürnt, und das wollte ich nicht«,
erklärte Conn. »Ich habe bloß versucht…«
»Versucht, mich zu einem Nichts zu machen, weil nur
Männer das
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