Die Erben von Hammerfell - 5
Recht haben, in solchen Dingen das Wort zu
ergreifen«, unterbrach ihn Lenisa. »Euer Bruder räumt
wenigstens ein, daß ich ein legitimes Interesse an Fragen
habe, die meinen Clan und meine Familie betreffen! Er
hält mich für ein menschliches Wesen und billigt mir das
Recht zu, eigene Gedanken zu hegen und frei heraus über
das zu sprechen, was mich betrifft, statt es meinem Gatten
ins Ohr zu flüstern, damit er für mich auftrete!«
Conn versuchte voller Unbehagen, einen Scherz daraus
zu machen. »Ich wußte nicht, daß Ihr Euch der Schwesternschaft vom Schwert verpflichtet habt…«
»Das habe ich nicht«, unterbrach sie ihn erneut, »aber
ich bin der Meinung, daß nur das Recht zu sprechen zusteht, – denn diese Fehde betrifft mich ebenso wie meinen
Großvater, vielleicht noch stärker, weil er ein alter Mann ist, und was auch entschieden werden mag, es wird sein Leben höchstens noch für ein paar weitere Jahre beeinflussen. Für mich dagegen und die Kinder, die ich viel
leicht einmal haben werde, wird es auf lange Zeit gelten.« Nach einer Weile sagte Conn ernst: »Ihr habt recht.
Verzeiht mir, Domna Lenisa. Ihr seid also der Überzeugung, mein Bruder und ich sollten mit Euch verhandeln
statt mit Eurem Großvater?«
»Das habe ich nicht gesagt; Ihr macht Euch lustig über
mich. Ich habe nur gesagt, daß es mich ebenso betrifft wie
meinen Großvater und daß ich deshalb eine Stimme dabei
haben muß.«
»Nun, dann sprecht es aus, was Ihr auf dem Herzen
habt«, forderte Conn sie auf. »Was ist Eure Meinung über
diese Blutrache? Möchtet Ihr sie weitere hundert Jahre
fortsetzen, weil unsere Vorfahren sich gehaßt und getötet
haben?«
Lenisa sah die Wand an und hatte die Zähne so fest zusammengebissen, als versuche sie, nicht zu weinen. Endlich erklärte sie: »Ich möchte Alastair lieber nicht als meinen Feind betrachten. Und Euch auch nicht. Ich empfinde
keine Feindschaft für Euch, und mein Großvater tut es
ebenfalls nicht mehr. Er hat mit Eurem Bruder wie mit
einem Freund gesprochen. Und was wollt Ihr, Hammerfell?«
Sentimentaler Quatsch, dachte Conn. Dahinter steckt
nichts weiter als die Verliebtheit eines romantischen Mädchens, das zum erstenmal einen hübschen jungen Mann
kennenlernt. Doch ihre Offenheit imponierte ihm.
Alastair ergriff Lenisas Hand und sagte sanft: »Auch
ich möchte nicht dein Gegner sein, Lenisa. Vielleicht können wir einen Weg finden, Freunde zu werden.« Plötzlich
hob er den Kopf und sah seinen Bruder feindselig an.
»Und jetzt kannst du mich ruhig einen Verräter an Hammerfell nennen, wenn du willst…«
»Ich habe nicht die Absicht«, erklärte Conn. »Vielleicht hat diese alte Fehde ihren Zweck erfüllt. Etwas, das Lord Storn sagte, hat auf mich wirklich Eindruck gemacht. Er sagte, es gebe draußen so viele Feinde, daß die Leute aus dem Gebirge nicht untereinander streiten sollten. Er sagte, die Hasturs und Aldarans nähmen uns von beiden Seiten in die Zange und hofften, unsere Königreiche unter ihre Herrschaft zu bekommen – und vielleicht sollten wir uns alle gegen sie vereinen. Mir würde es allerdings
schwerfallen, in König Aidan einen Feind zu sehen.« »Ja, er hat uns seine Hilfe bei der Zurückeroberung
Hammerfells versprochen«, sagte Alastair.
Lenisa stand auf und ging im Zimmer hin und her. Juwel folgte ihr auf den Fersen.
»So, das hat er versprochen? Und mit welchem Recht
macht er ein solches Angebot? Mit welchem Recht mischt
er sich in diese Angelegenheit ein?« Es war deutlich zu sehen, daß Lenisa vor Zorn kaum sprechen konnte. »Ich will
nicht, daß aus diesem Land ein weiteres Lehen unter Hastur-Herrschaft wird. Anscheinend sind die Hasturs entschlossen, ihr Reich von Temora bis zum Wall um die
Welt auszudehnen.«
»Ihr kennt König Aidan nicht«, gab Conn zu bedenken.
»Ich habe nicht den Eindruck, daß es sich bei ihm um persönlichen Ehrgeiz handelt, er möchte nur Frieden und
Ordnung im Land haben. Er verabscheut diese kleinen
Kriege und das Blutvergießen und den Aufruhr und das
Durcheinander, das ihnen folgt.«
»Und wenn wir alle Untertanen der Hasturs geworden
sind, was wird dann aus Männern wie meinem Großvater
werden?« fragte Lenisa.
»Die einzige Möglichkeit, das zu erfahren«, meinte
Alastair, »wäre, sie beide zu fragen, wenn sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberständen.«
»Das könnte doch arrangiert werden. Es wird sogar frü
her oder später von selbst geschehen, wenn König Aidan
hierherkommt«, überlegte Conn laut.
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