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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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wollt.«
    Als Rachel hörte, wie der Wagen sich entfernte, verriegelte sie alle Türen, um zu verhindern, dass Matt einfach das Haus betrat, weil sie nicht auf seine Anrufe reagierte. Im Moment fühlte sie sich nicht in der Verfassung, ihn zu sehen, und außerdem musste sie vor Sassies und Henrys Rückkehr etwas
erledigen. Sassie hatte dem Champagner die Schuld an Tante Marys Gefasel vom Speicher gegeben, doch Rachel glaubte inzwischen, dass Mary im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen war und um ihren bevorstehenden Tod gewusst hatte. Nicht umsonst hatte sie Henry Onkel Ollies Militärkoffer aufschließen lassen. Vielleicht verbargen sich darin Tagebücher oder Liebesbriefe – vermutlich von Percy – oder irgendwelche anderen alten Geheimnisse, die nicht in die Hände der Historischen Gesellschaft fallen sollten. Jedenfalls war das, was Tante Mary aus dem Speicher hatte holen wollen, wichtig gewesen.
    Wieder klingelte das Telefon. Als sie die Treppe hinaufging, verstummte es. Rachel schob ihr Mitleid für Matt und seine verzweifelten Versuche, sie zu erreichen, beiseite und öffnete die knarrende Speichertür.
    Hier oben war es heiß und stickig, und überall standen und lagen Zeugnisse von hundert Jahren Toliver-Leben herum. Viel Spaß der Historischen Gesellschaft beim Sortieren der Sachen!, dachte sie, ein wenig außer Atem vom Treppensteigen, ließ zum Durchlüften die Tür offen und machte ein Schiebefenster auf, bevor sie sich umsah. Ihr Blick wanderte über Haushaltsgegenstände, alte Bücher und Kleidung, Musikinstrumente und Sportgeräte und schließlich zu Koffern, Kisten, Hutschachteln und Schränken. Dort würde sie mit ihrer Suche beginnen.
    Schon nach wenigen Minuten fand sie hinter einem hohen Schrank den Militärkoffer auf zwei anderen Koffern aus Metall. Der Deckel stand offen, und am Schloss hing ein Schlüsselring. Rachel hielt den Atem an. Das ist er , dachte sie.
    Als sie sich darüberbeugte, schlug ihr der muffige Geruch von lange verstautem Papier entgegen. Sie zögerte kurz, in den Koffer zu schauen, denn es kam ihr vor, als stehe sie im Begriff, in einer fremden Unterwäscheschublade zu wühlen.
Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass sich darin das befand, wonach sie suchte. Ein Bündel Briefe mit einer Schrift, die sie kannte, fiel ihr ins Auge, obenauf billige Umschläge mit dem Absender Kermit, Texas. Rachel schnürte es die Kehle zu. Offenbar hatte Tante Mary alle ihre Grüße aufbewahrt, von der Schule bis zum College. Rachel legte sie, erstaunt über die Sentimentalität ihrer Großtante, zurück. Oder hatte Onkel Ollie sie aufgehoben und mit Bändern im Kastanienbraun und Weiß ihrer Alma Mater zusammengebunden? Sie wandte sich einem dünneren, mit Kinderhandschrift beschriebenen Packen zu. Die Umschläge waren so schmal, dass sich nur ein Blatt Papier darin befinden konnte, und trugen die Adresse eines Ferienlagers in Fort Worth. Darüber der Name des Absenders: Matthew DuMont. Rachel nahm die Kuverts vorsichtig in die Hand. Hatte Tante Mary diese Briefe von ihrem Sohn aus dem Koffer holen wollen? Vielleicht. Rachel legte auch sie zurück und zog ein weiteres, zweigeteiltes Bündel heraus. Auf den Umschlägen der ersten Gruppe standen die Initialen »PW« über der langen Adresse der US Army. Percy Warwick. Alles in allem waren es zehn Briefe, mit Poststempeln aus den Jahren 1918 und 1919, zusammengehalten durch ein grünes Band. Hatte Tante Mary sie noch einmal lesen wollen?
    Der zweite, ungefähr doppelt so dicke Teil trug die Poststempel derselben Jahre und war mit einem ausgeblichenen blauen Band verschnürt. Rachel erkannte Onkel Ollies gestochen scharfe Schrift. War es Zufall, dass Percys Briefe obenauf lagen? Und wenn schon … Was hoffte Rachel hier zu finden? Und von wem? Von Matthew DuMont? Von Onkel Ollie? Von Percy? Von ihrem Großvater?
    Rachel hielt inne. Ihr Großvater …
    Sie wusste kaum etwas über ihn. Ihr Vater erinnerte sich praktisch nicht an ihn, und Tante Mary hatte nur ein einziges Mal über ihn gesprochen, als Rachel sie fragte, warum er sich
für ein Leben in Frankreich entschieden habe. »Lag es daran, dass er in dem Testament von deinem Daddy nicht bedacht wurde?«, hatte Rachel sich erkundigt.
    Tante Mary war sehr still geworden. »Wie kommst du auf die Idee?«
    »Mein Daddy sagt das.«
    »Ist deine Mutter deswegen gegen dein Interesse am Toliver-Erbe – weil er Somerset und das Haus mir vermacht hat?«
    »Ja, Ma’am«, hatte Rachel verlegen

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