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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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betrachteten sie, erkannten sie nicht gleich wieder, so üppig und schön war sie geworden. Einst ein häßliches Ding, heute ein verdammt einnehmendes Mädchen, zweifellos wegen der Art, mit der sie ihre blonden Haare aus ihrem Frätzchen zurückstrich. Und diese neugierige Musterung löste Hochachtung aus, weil man sie so teuer herausgeputzt, so mollig und mit einem heiteren Gesicht sah, das von Wohlstand kündete.
    Cœlina, der eine Woge Galle ins Gesicht gestiegen war und die die Lippen zusammenkniff, vergaß ebenfalls die Zeit zwischen ihrer Tochter Berthe und Lequeu.
    »Die gibt aber an! – Flore erzählt allen, die es hören wollen, daß ihre Tochter Dienstboten und Wagen da drüben hat. Das mag schon stimmen, denn man muß tüchtig verdienen, um sich so was auf den Leib hängen zu können.«
    »Oh, diese nichtsnutzigen Dinger«, sagte Lequeu, der sich beliebt zu machen suchte, »man weiß ja, wie sie das Geld verdienen.«
    »Was macht das denn schon aus, wie sie's verdienen?« versetzte Cœlina bitter. »Sie haben's immerhin!«
    Aber in diesem Augenblick trat Suzanne, die Berthe erblickt und in ihr soeben eine ihrer früheren Gefährtinnen von den Marienjungfrauen wiedererkannt hatte, sehr artig hinzu.
    »Guten Tag, wie geht es dir?« Sie sah sie mit einem Blick scharf an, sie bemerkte, daß der Teint der anderen welk war. Und auf einmal warf sie sich in die Brust mit ihrer milchweißen Haut, und lachend wiederholte sie mehrmals: »Gut geht's, nicht wahr?«
    »Sehr gut, danke«, antwortete Berthe verlegen, besiegt.
    An diesem Tag trugen die Lengaignes den Sieg davon, das war eine richtige Ohrfeige für die Macquerons. Außer sich, verglich Cœlina die gelbe Magerkeit ihrer bereits runzligen Tochter mit dem guten Aussehen von Lengaignes Tochter, die frisch und rosig war. War das denn gerecht, so was? Ein liederliches Weibstück, über das die Männer von morgens bis abends hinrutschten und das sich keineswegs überanstrengte! Ein tugendhaftes junges Mädchen, das sich dadurch, daß es allein schlief, ebenso kaputt gemacht hatte wie eine durch drei Schwangerschaften gealterte Frau! Nein, die Sittsamkeit wurde nicht belohnt, es war nicht der Mühe wert, ehrbar bei seinen Eltern zu bleiben!
    Kurzum, die ganze Weinlese feierte Suzanne. Sie küßte die Kinder, die gewachsen waren, sie brachte die Greise in Wallung, indem sie Erinnerungen in ihnen wachrief. Was man auch immer sein mag, man braucht sich nicht nach den Leuten zu richten, wenn man sein Glück gemacht hat. Und die hier war noch gutherzig, daß sie nicht auf ihre Familie spuckte, daß sie zurückkehrte, um ihre Freunde wiederzusehen, nun, da sie reich war.
    Um elf Uhr setzten sich alle, und man aß Brot und Käse. Das tat man nicht etwa, weil man Appetit hatte, denn seit dem Morgengrauen nudelte man sich geradezu mit Trauben, hatte einen mit Zucker gepichten Schlund, einen aufgetriebenen und wie eine Tonne runden Wanst; und das brodelte da drinnen, das war so gut wie ein Einlauf: schon war alle Minuten ein Mädchen gezwungen, hinter eine Hecke zu flitzen. Natürlich lachte man darüber. Die Männer standen auf und riefen: »Oh! Oh!«, um ihr das Geleit zu geben. Kurz und gut, muntere Fröhlichkeit, etwas Gesundes, das erfrischte.
    Und man aß gerade das Brot und den Käse auf, als Macqueron unten auf der Landstraße mit Abbé Madeline auftauchte. Auf einmal vergaß man Suzanne, man hatte nur noch Blicke für den Pfarrer. Offen gesagt, war der Eindruck nicht gerade günstig: er sah aus wie eine Bohnenstange, traurig, als trage er den lieben Gott zu Grabe. Allerdings grüßte er vor jedem Weinberg, er sagte zu jedem ein freundliches Wort, und man fand ihn schließlich recht höflich, recht sanft, kurzum, keine große Leuchte. Den würde man schon gängeln! Das würde besser gehen als mit diesem alten Händelsucher, dem Abbé Godard. Hinter seinem Rücken begann man sich lustig zu machen. Er war oben auf dem Hang angekommen, er verharrte reglos, betrachtete die flache und graue Unermeßlichkeit der Beauce, von einer Art Angst, einer hoffnungslosen Schwermut befallen, die seine großen hellen Augen, die an die engen Horizonte der Schluchten der Auvergne gewöhnten Augen eines Gebirglers, feucht werden ließen.
    Ausgerechnet Geierkopfs Weinberg lag dort. Lise und Françoise schnitten die Trauben ab, und Jesus Christus, der nicht versäumt hatte, seinen Vater mitzubringen, war bereits besoffen von den Weinbeeren, mit denen er sich vollstopfte, wobei er den

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