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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Sonne vergoldeten Weinbergen das Hin und Her der Körbe und Tragbütten noch reger in dem Rausch der Trauben, all dieser Fuhren voll Trauben. Da stieß Berthe etwas zu, sie wurde von einem solchen Bauchkneipen befallen, daß sie nicht einmal mehr fortrennen konnte: ihre Mutter und Lequeu mußten mit ihren Leibern um sie einen Schutzwall bilden, während sie sich zwischen den Rebpfählen hinhockte. Von der Nachbarpflanzung aus konnte man sie sehen. Victor und Delphin wollten ihr Papier bringen, aber Flore und die Bécu hinderten die beiden daran, weil es Grenzen gab, die allein die schlecht Erzogenen überschritten. Schließlich kehrte man heim. Die Delhommes hatten sich an die Spitze gesetzt, die Große zwang Hilarion, zusammen mit dem Pferd zu ziehen, die Lengaignes und die Macquerons verbrüderten sich in dem Halbrausch, der sie trotz ihrer Gegnerschaft weich stimmte. Was überall besonders auffiel, waren die Höflichkeiten, die Abbé Madeline und Suzanne einander erwiesen: er hielt sie zweifellos für eine Dame, weil er sah, daß sie am besten gekleidet war, und sie schritten Seite an Seite daher, er war sehr aufmerksam zu ihr, sie gab sich züchtig, fragte, um welche Zeit am Sonntag die Messe gelesen werde. Hinter ihnen kam Jesus Christus, der sich, verbittert gegen die Soutane, mit dem Eigensinn eines Trunkenboldes nicht von seiner ekelhaften Scherzerei abbringen ließ. Alle fünf Schritt hob er den Schenkel und ließ einen fahren. Das Frauenzimmer biß sich auf die Lippen, um nicht loszulachen, der Priester tat, als höre er nichts; und unter dieser Musikbegleitung fuhren sie fort, am Schwanz des dahinrollenden Weinlesetrosses todernst fromme Gedanken auszutauschen.
    Als man schließlich in Rognes eintraf, versuchten Geierkopf und Fouan, die sich schämten, Jesus Christus zum Schweigen zu bringen. Aber er machte weiter und sagte immer wieder, es sei nicht recht vom Pfarrer, sich so zu haben.
    »Himmelsakrament! Wenn ich euch doch sage, daß ich's nicht anderer Leute wegen mache! Das mach ich ganz allein meinetwegen!«
    In der folgenden Woche wurde man also eingeladen, bei Geierkopfs den Wein zu kosten. Die Charles, Fouan, Jesus Christus, vier oder fünf andere sollten um sieben Uhr kommen, zu Hammelkeule, Nüssen und Käse, zu einem richtigen Festmahl. Im Laufe des Tages hatte Geierkopf seinen Wein in Fässer gefüllt, sechs Stückfässer, die unter dem Stichhahn des Bottichs vollgelaufen waren. Aber manche Nachbarn waren noch nicht so weit: einer war noch bei der Weinlese, trampelte splitternackt die Trauben aus; mit einer Stange bewaffnet, überwachte ein zweiter das Gären, zerschlug die dichte Schaumschicht inmitten des Gebrodels des Mostes; ein dritter, der eine Kelter besaß, preßte den Trester aus, warf ihn als einen dampfenden Haufen auf den Hof. Und so war das in jedem Haus, und von alledem, von den brodelnden Bottichen, den triefenden Keltern, den überfließenden Fässern, von ganz Rognes strömte die Seele des Weines aus, dessen starker Geruch allein genügt hätte, die Leute besoffen zu machen.
    An diesem Tage kam Fouan in dem Augenblick, da er das Schloß verließ, eine Ahnung, die ihn veranlaßte, seine Wertpapiere aus dem Linsentopf mitzunehmen. Sie lieber an seinem Leibe verstecken, denn er hatte zu sehen geglaubt, wie Jesus Christas und Bangbüx mit komischen Augen in die Luft schauten. Sie brachen alle drei zeitig auf, sie trafen zur gleichen Zeit bei Geierkopfs ein wie die Charles.
    Der Vollmond war so groß, so klar, daß er wie eine richtige Sonne leuchtete; und als Fouan den Hof betrat, fiel ihm auf, daß der Esel Gédéon unter dem Schuppen den Kopf tief in einem kleinen Zuber hatte. Es wunderte ihn nicht, daß der Esel herumlief, denn der Kerl, der voller Schalkhaftigkeit steckte, drückte mit seinem Maul sehr gut die Türklinken hoch; aber dieser Zuber machte ihn neugierig, er trat naher, er erkannte einen Zuber aus dem Keller, den man voll Kelterwein gelassen hatte, um die Fässer ganz vollzufüllen. Himmelsakrament, der Gédéon, der trank den Zuber leer!
    »He! Geierkopf, komm her! – Dein Esel, der stellt was an!«
    Geierkopf erschien auf der Schwelle der Küche.
    »Was denn?«
    »Nun hat er alles getrunken!«
    Inmitten dieses Geschreis soff Gédéon in aller Seelenruhe den Wein aus. Vielleicht pichelte er schon so seit einer Viertelstunde, denn der kleine Zuber faßte gut und gerne seine zwanzig Liter. Alles war dabei drauf gegangen, sein Bauch war prall geworden wie ein

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