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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Vortage bei Einbruch der Dunkelheit der Pfarrer, ein Pfarrer, den sich die Gemeinde endlich als Luxus leistete, vor der Kirche ausgestiegen war. Es war bereits so dunkel gewesen, daß man ihn nicht richtig gesehen hatte. So schwiegen die Zungen denn auch nicht still, zumal die Geschichte sicher der Mühe wert war.
    Abbé Godard hatte sich nach seinem monatelangen Zerwürfnis mit Rognes darauf versteift, keinen Fuß mehr in diesen Ort zu setzen. Er spendete die Sakramente der Taufe, der Beichte, der Ehe jenen, die ihn in BazochesleDoyen aufsuchten; was die Toten betraf, so wären sie zweifellos vertrocknet, so lange hätten sie auf ihn warten müssen; aber der Punkt blieb dunkel, niemand hatte sich einfallen lassen, während dieses großen Streits zu sterben. Er hatte Monsignore erklärt, er würde sich lieber absetzen lassen, als den Heiland an eine Stätte des Greuels zu bringen, wo man ihn so schlecht empfing, wo alles Wüstlinge und Trunkenbolde, alles Verdammte seien, seit sie nicht mehr an den Teufel glaubten; und Monsignore unterstützte ihn offensichtlich, ließ die Dinge laufen und wartete auf die Reue dieser aufsässigen Herde. Rognes war also ohne Priester: keine Messe mehr, nichts mehr, der Zustand der Barbarei. Zunächst war man ein bißchen bestürzt gewesen; aber im Grunde ging es beileibe nicht schlechter als vorher. Man gewöhnte sich daran, es regnete und stürmte nicht heftiger, nicht gerechnet, daß die Gemeinde dabei beträchtlich sparte. Da also ein Priester nicht unentbehrlich war, da die Erfahrung bewies, daß die Ernten dabei nichts verloren und daß man deshalb nicht schneller starb, konnte man ebensogut ohne Priester auskommen. Viele legten diese Meinung an den Tag, nicht nur die böswilligen Köpfe wie Lengaigne, sondern auch Männer mit gesundem Menschenverstand, die zu rechnen verstanden, Delhomme zum Beispiel. Aber viele ärgerten sich auch, daß sie keinen Pfarrer hatten. Nicht etwa deshalb, weil sie frommer als die anderen waren: auf einen Gott zum Jux, der aufgehört hatte, sie erzittern zu lassen, auf den pfiffen sie! Aber kein Pfarrer, das sah so aus, als sei man zu arm oder zu geizig, um sich einen zu leisten; schließlich wirkten sie so, als seien sie der letzte Dreck, als seien sie Habenichtse, die nicht einmal zehn Sous für was Unnötiges ausgeben können. Die Bewohner von Magnolles, wo nur zweihundertdreiundachtzig Leute wohnten, zehn weniger als in Rognes, ernährten einen Pfarrer, was sie ihren Nachbarn mit einem so herausfordernden Lachen an den Kopf warfen, daß das bestimmt mit Schlägereien geendet hätte. Und dann hatten die Frauen so ihre Gewohnheiten; bestimmt hätte nicht eine eingewilligt, ohne Priester getraut oder beerdigt zu werden. Sogar die Männer gingen mitunter in die Kirche, an den hohen Festtagen, weil alle Welt hinging. Kurzum, es hatte immer Pfarrer gegeben, und wenn man sich auch nicht um den Pfarrer scherte, man brauchte einen.
    Natürlich mußte sich der Gemeinderat mit der Frage befassen. Bürgermeister Hourdequin, der die Religion aus Autoritätsprinzip heraus unterstützte, ohne selber die Kirchengebote zu befolgen, beging aus versöhnlerischer Einstellung den politischen Fehler, nicht Partei zu ergreifen. Die Gemeinde war arm, wozu sie mit Ausgaben wie der Ausbesserung des Pfarrhauses belasten, die schwer für sie waren? Zumal Hourdequin Abbé Godard zurückzubringen hoffte. Nun aber kam es dazu, daß sich Macqueron, der Stellvertretende Bürgermeister, einst der Feind jeder Soutane, an die Spitze der Unzufriedenen stellte, die sich gedemütigt fühlten, weil sie keinen eigenen Pfarrer hatten. Dieser Macqueron hegte wohl von da an die Absicht, den Bürgermeister zu stürzen, um seinen Platz einzunehmen; und man sagte übrigens, daß er der Agent Herrn Rochefontaines, des Fabrikbesitzers aus Châteaudun, geworden sei, der sich bei den nächsten Wahlen wiederum als Gegenkandidat von Herrn de Chédeville aufstellen lassen würde. Gerade jetzt kümmerte sich Hourdequin, der sehr abgespannt war, weil er auf dem Gehöft große Sorgen hatte, nicht um die Sitzungen, ließ seinen Stellvertreter handeln, so daß der Gemeinderat, den Macqueron für sich gewonnen hatte, die notwendigen Gelder für die Erhebung der Gemeinde zur Pfarre bewilligte. Seit er sich sein Gelände, das wegen des neuen Weges enteignet worden war, hatte bezahlen lassen, nachdem er erst versprochen hatte, es kostenlos abzutreten, schalten ihn die Gemeinderatsmitglieder einen Gauner,

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