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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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das eine Empfehlung sein. Sofort ging er nach Roseblanche.
    Es war ein Uhr, die Charles beendeten eben ihr Mittagessen, als ihn das Dienstmädchen hineinführte. Gerade schenkte Elodie den Kaffee ein, und Herr Charles, der den Gevatter hatte Platz nehmen lassen, wollte, daß er eine Tasse mittrinke. Jean nahm an, obwohl er seit dem Vortage nichts gegessen hatte; ihm war der Magen wie zusammengeschrumpft, das würde ihn ein wenig aufrütteln. Aber als er sich an diesem Tisch bei diesen Bourgeois sah, wagte er nicht mehr, um die Gärtnerstelle zu bitten. Damit er einen Ausweg fand, hatte Frau Charles sogleich angefangen, ihn zu bedauern, den Tod der armen Françoise zu beweinen, und er wurde gerührt. Zweifellos glaubte die Familie, er sei gekommen, um sich von ihr zu verabschieden.
    Als dann das Dienstmädchen die Delhommes, den Vater und den Sohn, angemeldet hatte, wurde Jean vergessen.
    »Lassen Sie sie hereinkommen und bringen Sie noch zwei Tassen.«
    Seit dem Morgen ging es dabei für die Charles um eine wichtige Angelegenheit. Beim Verlassen des Friedhofs hatte Nénesse sie bis Roseblanche begleitet; und während Frau Charles mit Elodie wieder heimging, hatte er Herrn Charles zurückgehalten, er hatte sich rundweg als Käufer von Nr. 19 vorgestellt, falls man sich einige. Seinen Reden nach würde das Haus, das er kannte, zu einem lächerlichen Preis verkauft werden; Vaucogne würde keine fünftausend Francs dafür kriegen, so sehr hatte er es verkommen lassen; alles mußte ausgewechselt werden, das abgenutzte Mobiliar, das geschmacklos ausgesuchte Personal, das so viele Mängel aufzuweisen hatte, daß sogar die Soldaten woanders hingingen. Zwanzig Minuten lang hatte er so das Etablissement im Wert herabgesetzt und dabei seinen Onkel ganz benommen gemacht und ihn verblüfft mit seiner Fachkenntnis, mit seinem Wissen, wie man feilschen mußte, mit den außerordentlichen Gaben, die er da trotz seiner Jugend an den Tag legte. Ach, der Staatskerl! Das war einer mit dem richtigen Blick und dem richtigen Griff! Und Nénesse hatte gesagt, daß er nach dem Mittagessen mit seinem Vater wiederkommen würde, um ernsthaft darüber zu reden.
    Als Herr Charles ins Haus ging, besprach er das mit seiner Frau, die sich nun ihrerseits sehr wunderte, so viele Talente bei diesem Jungen vorzufinden. Wenn ihr Schwiegersohn Vaucogne bloß die Hälfte von diesen Fähigkeiten gehabt hätte! Man mußte vorsichtig zu Werke gehen, um nicht reingelegt zu werden von dem jungen Mann. Es ging darum, Elodies Mitgift aus dem völligen Bankrott zu retten. Auf dem Grunde ihrer Furcht jedoch lag eine unbesiegbare Zuneigung, ein Verlangen, die Nr. 19, selbst wenn sie dabei einen Verlust erleiden sollten, in den geschickten und kräftigen Händen eines Herrn zu sehen, der ihr ihren Glanz zurückgab. Deshalb wurden die Delhommes, als sie hereinkamen, von ihnen in einer sehr herzlichen Art begrüßt.
    »Ihr trinkt doch Kaffee, nicht wahr? – Elodie, reich den Zucker.«
    Jean hatte seinen Stuhl zurückgeschoben, alle saßen rings um den Tisch. Delhomme, der frisch rasiert war und dessen Gesicht hartgesotten und reglos blieb, ließ sich in diplomatischer Zurückhaltung nicht ein Wort entschlüpfen, während sich Nénesse, in vollem Staat, mit Lackschuhen, Weste mit Goldpalmen, malvenfarbener Krawatte, sehr zwanglos, lächelnd, verführerisch gab. Als ihm Elodie errötend die Zuckerdose hinhielt, schaute er sie an und suchte nach einer Schmeichelei.
    »Die sind sehr groß, liebe Kusine, Eure Zuckerstücken.«
    Sie errötete noch mehr, sie wußte nicht, was sie antworten sollte, so verwirrt war sie in ihrer Unschuld durch diese Bemerkung eines liebenswürdigen Burschen.
    Am Morgen hatte sich Nénesse, dieser Pfiffikus, nur mit der Hälfte der Angelegenheit herausgetraut. Seit der Beerdigung, bei der er Elodie gesehen, hatte sich sein Plan mit einem Schlag ausgedehnt: nicht allein die Nr. 19 würde er bekommen, sondern er wollte auch das junge Mädchen. Das Rechenexempel war einfach. Zunächst einmal brauchte er nichts zu verauslagen, er würde sie nur samt dem Haus als Mitgift nehmen; wenn sie ihm auch im Augenblick nur diese umstrittene Mitgift in die Ehe mitbrachte, später würde sie dann die Charles um ein richtiges Vermögen beerben. Und deshalb hatte er seinen Vater mitgebracht und war entschlossen, sofort um ihre Hand anzuhalten.
    Eine Weile plauderte man von der Witterung, die wirklich mild war für die Jahreszeit. Die Birnbäume hatten gut

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