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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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als wären die Mauern rings um sie eingestürzt. Der Herr, den sie endlich zu heiraten gedachte! Der Herr, der geschworen hatte, ihr alles testamentarisch zu vermachen! Und er war gestorben, ohne die Zeit zu haben, irgend etwas zu unterschreiben. Und sie würde nicht einmal ihren Lohn kriegen, der Sohn würde zurückkommen und sie mit Stiefeltritten rausschmeißen, wie er es versprochen hatte. Nichts! Ein bißchen Schmuck und Wäsche, was sie gerade auf der Haut hatte! Ein großes Unheil, ein richtiges Zermalmen!
    Wovon Jacqueline nichts sagte, weil sie nicht mehr daran dachte, war die Entlassung des Schäfers Soulas, die sie am Tage zuvor durchgesetzt hatte. Sie beschuldigte ihn, er sei zu alt, sei der Arbeit nicht mehr gewachsen, weil sie erbost war, daß sie ihn unaufhörlich hinter ihrem Rücken fand, wie er ihr nachspionierte; und obwohl Hourdequin nicht ihrer Meinung war, hatte er nachgegeben, so sehr beugte er sich ihr nun, war gebändigt, gezwungen, ihr glückliche Nächte durch eine sklavenhafte Unterwerfung abzukaufen.
    Soulas, der mit guten Worten und Versprechungen entlassen wurde, sah den Herrn mit seinen blassen Augen starr an. Dann hatte er langsam ausgepackt über das Weibsbild, die Ursache seines Unglücks: die Hure, auf der die Kerle Galopp ritten, Tron nach so vielen anderen, und überhaupt die ganze Geschichte mit dem, und die unverfrorene, schamlose Geilheit, über die alle so gut Bescheid wußten, daß man in der Gegend sagte, der Herr müsse wohl so was lieben, was die Knechte nicht mehr mögen. Vergebens versuchte der bestürzte Hofbesitzer ihn zu unterbrechen, denn ihm lag an seiner Unkenntnis, er wollte nicht mehr wissen, weil ihm davor graute, er könne gezwungen sein, sie davonzujagen: der Alte hatte bis zum Schluß alles schön der Reihe nach ausgepackt, ohne auch nur eines von den vielen Malen auszulassen, die er sie mit Kerlen überrascht, hatte sich das nach und nach von der Seele geredet, hatte sich entleert von seinem langen Groll.
    Jacqueline wußte nichts von dieser Zuträgerei. Hourdequin war querfeldein davongerannt, weil er Furcht hatte, sie zu erdrosseln, wenn er sie wiedersähe; dann hatte er bei der Rückkehr lediglich Tron unter dem Vorwand entlassen, er halte den Hof in einem entsetzlich dreckigen Zustand. Da hatte sie wohl einen Verdacht geschöpft; aber sie hatte sich nicht getraut, den Kuhknecht in Schutz zu nehmen, setzte aber durch, daß er noch diese Nacht da schlafe und rechnete darauf, die Sache am nächsten Tage in Ordnung zu bringen, um ihn dazubehalten. Und das alles blieb undurchsichtig zu dieser Stunde, bei dem Schicksalsschlag, der ihre zehn Jahre emsiger Berechnungen zunichte machte.
    Jean war allein mit ihr in der Küche; plötzlich kam Tron zum Vorschein.
    Sie hatte ihn seit dem Vortage nicht wiedergesehen, die anderen Leute vom Gesinde irrten unbeschäftigt und ängstlich durch das Gehöft. Als sie den Mann aus dem Perche erblickte, diesen großen Dämlack mit der Kinderhaut, stieß sie einen Schrei aus, bloß wegen der verdächtigen Art, in der er hereinkam.
    »Du bist es gewesen, der die Falltür aufgemacht hat!« Jäh begriff sie alles, und er war bleich, seine Augen waren weit aufgerissen, seine Lippen zitterten.
    »Du bist es gewesen, du hast die Falltür aufgemacht, und du hast ihn gerufen, damit er sich zu Tode stürzt!«
    Erschüttert über diesen Auftritt, war Jean zurückgetreten. Übrigens schienen die beiden bei der Heftigkeit der Leidenschaft, die sie hinriß, nicht mehr zu wissen, daß er da war.
    Tron, der den Kopf gesenkt hielt, gestand dumpf:
    »Ja, ich bin es gewesen ... Er hatte mich rausgeschmissen, ich hätte dich nicht mehr gesehen, das konnte nicht sein ... Und dann habe ich mir schon früher gedacht, daß uns nichts mehr im Wege stünde, zusammen zu leben, wenn er sterben würde.«
    Sie hörte ihm zu, starr vor Entsetzen, ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    Er, er ließ mit zufriedenem Grunzen raus, was er tief in seinem harten Schädel gewälzt hatte, die demütige und blutgierige Eifersucht des Knechtes auf den Herrn, dem man zu gehorchen hatte, den heimtückischen Plan zu einem Verbrechen, um sich den Besitz dieses Weibes zu sichern, das er für sich allein haben wollte.
    »Ich hab geglaubt, du würdest dich freuen, wenn das klappt ... Und ich hab dir nichts davon gesagt, ich wollte nicht, daß du dich damit abquälst ... Und nun, da er nicht mehr ist, komme ich dich holen, damit wir auf und davon gehen und

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