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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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geblüht, aber würde die Blüte halten? Der Kaffee war getrunken, die Unterhaltung stockte.
    »Mein Herzchen«, sagte Herr Charles jäh zu Elodie, »du solltest einen Gang durch den Garten machen.« Er schickte sie fort, weil er es eilig hatte, die Delhommes mit der Sprache herausrücken zu lassen.
    »Verzeihung, Onkel«, unterbrach ihn Nénesse, »wenn Ihr die Güte hättet, meine Kusine bei uns bleiben zu lassen ... Ich möchte mit Euch über etwas sprechen, was sie angeht; und nicht wahr? – es ist immer besser, die Angelegenheiten auf einen Schlag zu Ende zu führen, als noch ein zweites Mal damit anzufangen.« Alsdann erhob er sich und brachte als gut erzogener Junge seinen Antrag vor. »Es ist also deshalb, weil ich Euch sagen will, daß ich sehr glücklich sein würde, meine Kusine zu ehelichen, wenn Ihr einwilligt und wenn sie selber einwilligt.« Die Überraschung war groß. Aber besonders Elodie schien dadurch so sehr in Aufregung versetzt zu werden, daß sie von ihrem Stuhl aufstand und sich, verstört vor Scham, die sie bis über die Ohren purpurrot werden ließ, Frau Charles an den Hals warf, und ihre Großmutter mühte sich ab, sie zu beruhigen.
    »Na, na, mein Häschen, das ist aber zuviel, sei doch vernünftig! – Man frißt dich ja nicht auf, weil man um deine Hand anhält ... Dein Cousin hat nichts Böses gesagt, schau ihn doch an, sei nicht albern.«
    Kein gutes Wort vermochte sie dazu zu bewegen, wieder ihr Gesicht zu zeigen.
    »Mein Gott! Mein Junge«, erklärte schließlich Herr Charles, »ich war auf deinen Antrag nicht gefaßt. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du zuerst mit mir darüber gesprochen hättest, denn du siehst ja, wie empfindsam unser Liebling ist ... Aber was auch geschehe, sei sicher, daß ich dich hochschätze, denn du scheinst mir ein guter Kerl und ein tüchtiger Arbeiter zu sein.«
    Delhomme, der bis dahin mit keiner Miene gezuckt hatte, ließ zwei Worte fallen: »Ganz bestimmt!«
    Und Jean, der begriff, daß er höflich sein mußte, fügte hinzu:
    »O ja, na und ob!«
    Herr Charles faßte sich wieder, und schon hatte er die Überlegung angestellt, daß Nénesse keine schlechte Partie war, denn er war jung, rührig, einziger Sohn eines reichen Bauern. Seine Enkeltochter würde etwas Besseres nicht finden. Nachdem er einen Blick mit seiner Frau gewechselt hatte, fuhr er deshalb auch fort:
    »Das ist Sache des Kindes. Niemals werden wir Elodie hierbei widersprechen, es wird so geschehen, wie sie es will.«
    Da brachte Nénesse galanterweise seinen Antrag erneut vor:
    »Liebe Kusine, wenn Ihr mir wohl die Ehre und das Vergnügen erweisen wollt ...«
    Sie hatte immer noch das Gesicht im Busen ihrer Großmutter vergraben, aber sie ließ ihn nicht ausreden, sie nahm an mit einem energischen, dreimal wiederholten Kopfnicken, bei dem sie ihren Kopf noch tiefer hineinwühlte. Es machte ihr zweifellos Mut, sich die Augen zuzuhalten.
    Die Anwesenden verharrten stumm dabei, ergriffen von dieser Eile, mit der sie ja sagte. Sie liebte also diesen Burschen, den sie so wenig gesehen hatte? Oder begehrte sie einen, einerlei welchen, wenn er nur ein hübscher Kerl war?
    Frau Charles küßte sie lächelnd aufs Haar und sagte immer wieder dabei:
    »Mein armer Liebling! Mein armer Liebling!«
    »Na schon!« fuhr Herr Charles fort. »Da es ihr paßt, paßt es uns auch.« Aber ein Gedanke hatte ihn soeben düster gestimmt. Seine schweren Augenlider sanken herab, er machte eine bedauernde Handbewegung. »Selbstverständlich, mein Bester, lassen wir das andere fallen, das, was du mir heute früh vorgeschlagen hast.«
    Nénesse war erstaunt.
    »Warum denn?«
    »Wieso, warum? Aber weil ... na ... du verstehst schon! – Wir haben sie nicht bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr bei den Visitandinerinnen75 gelassen, damit ... kurzum, das ist unmöglich!« Er zwinkerte mit den Augen, er verzog den Mund, weil er sich verständlich machen wollte und fürchtete, zuviel darüber zu sagen. Die Kleine dort, in der Rue aux Juifs! Ein Fräulein, das eine solche Erziehung genossen hatte! Eine so durch und durch reine Unschuld, die aufgewachsen war in der Unkenntnis von allem!
    »Ach, Verzeihung«, erklärte Nénesse unumwunden, »damit ist mir nicht mehr gedient ... Ich verheirate mich, um mich selbständig zu machen, ich will meine Kusine und das Haus.«
    »Den Süßwarenladen!« schrie Frau Charles auf.
    Und da dieses Wort nun einmal heraus war, wurde es Gegenstand der Erörterung, wurde es zehnmal

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