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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zwingt.
    »Ich, ich meine nichts dazu, das geht mich nichts an.«
    Alsdann tauchte Macqueron sein Gesicht in eine Schüssel Wasser, und prustend sagte er, während er sich abtrocknete:
    »Na schön! Hört zu, ich will euch mal was sagen ... Ja, Himmelsakrament, wenn man für die Straße stimmt, gebe ich meinen Grund und Boden umsonst.«
    Diese Erklärung verblüffte die anderen. Sogar Jesus Christus und Bécu hoben trotz ihres Rausches den Kopf. Schweigen entstand, man sah ihn an, als sei er plötzlich verrückt geworden; und von der erzielten Wirkung aufgepeitscht, wobei ihm jedoch die Hände zitterten wegen der Verpflichtung, die er einging, fügte er hinzu:
    »Es wird gut ein halber Arpent sein ... ein Schwein, wer sein Versprechen zurücknimmt! Das ist ein Schwur!«
    Lengaigne ging mit seinem Sohn Victor fort, hochgebracht und krank von dieser Großzügigkeit des Nachbarn: die Erde kostete den andern kaum etwas, er hatte die Leute genug bestohlen! Macqueron nahm trotz der Kälte seine Flinte vom Haken, ging hinaus, um zu sehen, ob er einem Kaninchen begegne, das er am Vortage am Ende seines Weinbergs erblickt hatte. Es blieben nur noch Lequeu, der hier seine Sonntage verbrachte, ohne irgend etwas zu trinken, und die beiden versessenen Spieler, die die Nase in den Karten hatten. Stunden verflossen, andere Bauern kamen und gingen wieder.
    Gegen fünf Uhr stieß eine rohe Hand die Tür auf, und Geierkopf erschien, dem Jean folgte. Sobald er Jesus Christus erblickt hatte, schrie er:
    »Ich hätte um zwanzig Sous gewettet ... Machst du dich über die Leute lustig? Wir warten auf dich.«
    Aber geifernd und sich erheiternd antwortete der Trunkenbold:
    »Ach, verdammter Spaßvogel, ich, ich warte auf dich ... Seit heute früh versetzt du uns.«
    Geierkopf hatte auf La Borderie Rast gemacht, wo Jacqueline, die er seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr auf dem Heu umlegte, ihn zurückgehalten hatte, weil er mit Jean Weinbrote essen sollte. Da der Hofbesitzer Hourdequin nach der Messe zum Mittagessen nach Cloyes gegangen war, hatte man sehr lange geschwelgt, und die beiden jungen Männer, die sich an diesem Abend nicht mehr trennten, trafen eben erst ein.
    Indessen brüllte Bécu, daß er die fünf Liter bezahle, daß das aber eine Partie sei, die fortgesetzt werden müsse, während Jesus Christus, nachdem er sich mühselig von seinem Stuhl losgeeist hatte, mit in Sanftmut schwimmenden Augen seinem Bruder folgte.
    »Warte hier«, sagte Geierkopf zu Jean, »und komm in einer halben Stunde nach ... Du weißt, daß du mit mir beim Vater zu Abend ißt.«
    Bei den Fouans waren, als die beiden Brüder die Wohnstube betreten hatten, alle vollzählig versammelt. Der Vater stand da und hielt den Kopf gesenkt. Die Mutter saß am Tisch in der Mitte der Stube und strickte mechanisch. Grosbois, ihr gegenüber, hatte soviel getrunken und gegessen, daß er mit halb offenen Augen eingeschlummert war, während weiter entfernt Fanny und Delhomme auf zwei niedrigen Stühlen geduldig warteten. Und etwas Seltenes in dieser verrauchten Stube mit den alten armseligen Möbeln, den paar vom Saubermachen abgenutzten Hausgeräten: ein Blatt weißes Papier, ein Tintenfaß und eine Feder lagen auf dem Tisch neben dem Hut des Landvermessers, einem monumentalen, fuchsrot verschossenen schwarzen Hut, den er seit zehn Jahren bei Regen und Sonnenschein mit sich herumschleppte. Die Nacht brach herein, das schmale Fenster spendete einen letzten schmutzigen Lichtschein, in dem der Hut mit seiner flachen Krempe und seiner Urnenform eine ungewöhnliche Bedeutung annahm.
    Aber trotz seines Rausches immer bei seinem Geschäft, wachte Grosbois auf und stammelte:
    »Nun wären wir soweit ... Ich sage euch, daß das Schriftstück fertig ist. Ich bin gestern bei Herrn Baillehache vorbeigekommen, er hat es mir gezeigt. Bloß hinter euern Namen sind die Nummern der Parzellen noch nicht eingesetzt ... Wir werden sie also jetzt verlosen, und der Notar braucht sie nur noch einzutragen, damit ihr Sonnabend bei ihm das Schriftstück unterzeichnen könnt.« Er schüttelte sich, hob die Stimme: »Na los, ich werde die Zettel zurechtmachen.«
    Mit einer jähen Bewegung kamen die Kinder näher, ohne daß sie dabei versuchten, ihr Mißtrauen zu verbergen. Sie paßten auf ihn auf, beobachteten die geringsten Handbewegungen, als seien es die eines Taschenspielers, der imstande ist, die Teile verschwinden zu lassen. Zunächst hatte er mit seinen dicken zitternden Alkoholikerfingern das

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