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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Faustschlägen, wenn sie nicht nett sind und nicht gleich wollen.«
    »Klar, das ist ein Schwein!« erklärte Françoise mit überzeugter Miene. »Man tut seiner Kusine so eine Schweinerei nicht an, sie mit dickem Bauch sitzenzulassen.« Aber jäh von Wut gepackt, unterbrach sie sich: »Wart, Coliche! Ich werd dich kirre kriegen! – Da fängt sie wieder an, sie ist rasend, die Coliche, wenn das über sie kommt!« Mit einem heftigen Ruck hatte sie die Kuh zurückgebracht.
    An dieser Stelle verließ der Weg den Rand der höher gelegenen Fläche. Das Wägelchen verschwand, die beiden aber schritten weiter über das ebene Land und hatten dabei vor sich und links und rechts nur noch die endlos sich breitenden Felder. Zwischen den Sturzäckern und den Koppeln zog sich der Pfad hin, ganz eben, ohne einen Strauch, und führte auf das Gehöft zu, das man meinte, mit der Hand berühren zu können, und das unter dem Aschehimmel zurückwich. Sie waren in ihr Schweigen zurückgesunken, sie machten den Mund nicht mehr auf, gleichsam vom nachdenklichen Ernst dieser so traurigen und so fruchtbaren Beauce überkommen.
    Als sie anlangten, war der große viereckige Hof von La Borderie, der auf drei Seiten von den Stallungen, den Schafställen und den Scheunen abgeschlossen wurde, menschenleer. Aber sofort erschien auf der Schwelle der Küche eine junge Frau, die ziemlich klein war und dreist und hübsch aussah.
    »Was denn, Jean, wird heute vormittag nicht gegessen?«
    »Ich komm ja schon, Madame Jacqueline!«
    Seitdem die Tochter Cognets, des Chausseewärters von Rognes, die Cognette, wie man sie nannte, als sie mit zwölf Jahren das Geschirr auf dem Gehöft abwusch, in den Rang einer Haushälterin aufgerückt war, verlangte sie despotisch, als Dame behandelt zu werden.
    »Ach, du bist's, Françoise«, fuhr sie fort. »Du kommst wegen des Bullen ... Na schön! Du kannst warten. Der Schweizer ist mit Herrn Hourdequin in Cloyes. Aber er wird bald zurückkommen. Er müßte schon hier sein.« Und da sich Jean entschloß, in die Küche zu gehen, faßte sie ihn um die Hüften und drückte sich lachend an ihn, ohne sich etwas daraus zu machen, daß sie gesehen wurde, denn sie war unersättlich in der Liebe, und der Herr allein genügte ihr nicht.
    Allein geblieben, wartete Françoise geduldig auf einer Steinbank vor der Mistgrube, die ein Drittel des Hofes einnahm, Gedankenlos betrachtete sie eine Schar Hühner, die mit dein Schnabel pickten und sich die Füße auf der niedrigen Dungschicht wärmten, aus der ein leichter blauer Dampf in die schon recht kühle Luft aufstieg.
    Als Jean nach einer halben Stunde, noch an einer Butterschnitte kauend, wieder erschien, hatte sie sich nicht von der Stelle gerührt. Er setzte sich neben sie, und da die Kuh unruhig wurde, sich brüllend mit dem Schwanz schlug, sagte er schließlich:
    »Das ist ärgerlich, daß der Schweizer nicht heimkommt.«
    Das junge Mädchen zuckte die Achseln. Nichts drängte sie. Nach einem abermaligen Schweigen fragte sie dann:
    »Also, Korporal, kurzweg Jean heißt Ihr?«
    »Aber nein, Jean Macquart.«
    »Und Ihr seid nicht aus unserer Gegend?«
    »Nein, ich bin Provenzale6, aus Plassans, einer Stadt da unten.«
    Sie hatte aufgeschaut, um ihn zu mustern, weil sie überrascht war, daß man von so weit her sein könne.
    »Nach Solferino7«, fuhr er fort, »bin ich dann vor achtzehn Monaten mit meiner Entlassung aus Italien zurückgekommen, und ein Kamerad hat mich hierher mitgenommen ... Da hat mir mein alter Beruf als Tischler nicht mehr gepaßt, allerlei Geschichten haben mich veranlaßt, auf dem Gehöft zu bleiben.«
    »Ach«, machte sie bloß, ohne ihn aus ihren großen schwarzen Augen zu lassen.
    Aber in diesem Augenblick stieß die Coliche ein gedehntes, vor Begierde verzweifeltes Brüllen aus; und ein heiseres Schnaufen kam aus dem Kuhstall, dessen Tür geschlossen war.
    »Sieh mal einer an!« rief Jean. »César, dieser Kerl hat sie gehört! – Horch, er macht sich da drin bemerkbar ... Oh, er versteht seine Sache, nicht eine kann man auf den Hof bringen, ohne daß er sie riecht, und er weiß, was man von ihm will ...« Dann unterbrach er sich: »Hör mal, der Schweizer hat wohl bei Herrn Hourdequin bleiben müssen ... Wenn du willst, bring ich dir den Bullen. Wir würden's gut machen, wir beide.«
    »Ja, das ist eine Idee«, sagte Françoise und stand auf.
    Er machte schon die Tür des Kuhstalls auf, als er noch fragte:
    »Und deine Kuh, muß man die

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