Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
nur nutzte, um seinen Computer wegen der E-Mails anzuschließen.
    Die meisten Menschen hätten diese absolute Einsamkeit nicht ertragen können. Aber für Kit war sie das A und O. Da er als einzige Zerstreuung nur gelegentlich einen Streifzug machte, um Kaninchen für seinen Speisezettel zu schießen, brauchte er bei der Erarbeitung der schwierigsten Teile seiner Bücher immer viel weniger Zeit als in London. Die Qualität seiner Arbeit hatte sich gesteigert. Er selbst und seine Leser wussten das.
    Und es ließ sich nicht abstreiten, dass die Abwesenheit seine Beziehung zu Fiona bereicherte. Obwohl sie täglich Kontakt über E-Mail hatten – oft schickten sie sich Schreiben, die in anderem Zusammenhang als Pornografie gegolten hätten –, war ihr Wiedersehen immer erfüllt vom Feuer der ersten Tage ihrer Beziehung, als sie voneinander gar nicht genug bekommen konnten und keinen Wunsch als zu ausgefallen empfunden hatten. Allein daran zu denken erregte ihn schon. Wer hätte wohl geglaubt, dass hinter Fionas kühler Fassade eine sinnliche Frau steckte, die den schonungslosesten Autor der britischen Krimiszene in einen romantischen Narren verwandelte?
    Sie war immer am leidenschaftlichsten, wenn sie sich mit einem brutalen Mord hatte befassen müssen. Es war, als müsse sie dann ihre Verbindung zum Leben neu bestätigen und ihre eigene Vitalität im Trotz gegen einen Killer ausleben. Kit mochte wohl diese Triebfeder mit Missbilligung betrachten, aber er hatte nichts dagegen, die Vorteile zu genießen.
    Er versuchte diese Gedanken abzuschütteln. Die Vorfreude auf Fionas Rückkehr war der sicherste Weg, ihn von seiner Aufgabe abzulenken. Er wollte noch einen Lesedurchgang machen, was er in regelmäßigen Abständen wiederholte, um sicherzugehen, dass im Buch alles gut lief. Er tippte den Befehl ein für den Ausdruck der letzten sechzig Seiten und schaltete im Fernseher BBC World an, um die Kurznachrichten zu hören.

    Die Abendnachrichten hatten schon angefangen, der Sprecher beendete gerade einen zutiefst langweiligen Beitrag von einem Staatssekretär des Finanzministeriums über den Zustand des Euros. Plötzlich klang der Nachrichtensprecher dringlicher. »Und jetzt eine Nachricht, die gerade hereingekommen ist: Die Polizei in Edinburgh hat als Opfer eines brutalen Mordes den internationalen Bestsellerautor Drew Shand identifiziert. Die Tat wurde in den frühen Morgenstunden in der schottischen Hauptstadt verübt.«
    Kit runzelte ungläubig die Stirn.
    »Wir geben weiter an unseren Korrespondenten James Donnelly in Edinburgh«, fuhr der Sprecher fort.
    Ein junger Mann stand mit ernstem Gesicht vor einem grauen Steingebäude. »Drew Shands verstümmelte Leiche wurde von einem Polizeibeamten bei einem routinemäßigen Rundgang auf der Royal Mile kurz nach drei Uhr morgens gefunden. Die Polizei hat den Bereich hinter St. Giles' Cathedral abgesperrt, wo die Kriminalpolizei ihre Untersuchungen noch fortsetzt. Bei einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag gab Detective Superintendent Sandy Galloway bekannt, dass die Kehle des Opfers durchschnitten und sein Gesicht sowie der Körper mit einem Messer verunstaltet wurden. Er forderte jeden, der sich zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens in der Gegend aufgehalten hat, auf, sich zu melden.
    Vor einigen Minuten wurde bekannt, dass es sich bei dem Opfer um den preisgekrönten Thrillerautor Drew Shand handelt. Der einunddreißigjährige Shand wurde als einer der Stars unter den britischen Krimiautoren gefeiert, als sein Erstling Copycat auf beiden Seiten des Atlantiks an die Spitze der Bestsellerlisten aufstieg und ihm der John Creasey Memorial Dagger und der Mcvitie-Preis verliehen wurden. Die Fernsehfassung von Copycat gewann mehrere wichtige Auszeichnungen und ist häufig auch im Ausland gezeigt worden.

    Shand, ein ehemaliger Englischlehrer, lebte allein im Stadtteil New Town in Edinburgh. Sein zweiter Roman, The Darkest Hour, soll nächsten Monat veröffentlicht werden. Shand, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, besuchte regelmäßig mehrere Schwulenbars in Edinburgh, darunter einige, von denen zumindest angenommen wird, dass sie Kunden mit Interesse an sadomasochistischen Praktiken ansprechen. Bis jetzt gibt die Polizei kein mögliches Motiv für den Mord an.«
    »Ist ja wieder mal verdammt typisch, dem Opfer die Schuld zu geben«, knurrte Kit und knallte sein Glas so fest auf, dass der Stiel abbrach und eine Lache Rotwein sich über den Marmorboden

Weitere Kostenlose Bücher