Die Erfuellung
schienen in einem irrwitzigen Tanz dahinzuwirbeln. Wenig später merkte sie, dass sie gar nicht versuchten, Linda und Edith Cadwell zu erreichen, sondern auf eine schwarze Felsnadel in der entgegengesetzten Richtung zuhielten. Dann verstand sie auch, warum. Die beiden versuchten, in ruhigere Gewässer zu gelangen, während Lindas Felsen mitten in der Hauptströmung lang. Als sie sah, wie sich die beiden endlich an die schwarze Spitze klammerten, holte sie tief Luft. Aber wie lange würde ihre Kraft reichen? Wenigstens waren sie vor der Strömung sicher. In dieser Hinsicht zumindest vorübergehend beruhigt, wandte sie sich der leblosen Gestalt neben sich zu. Die Frau, die sie in diese Situation gebracht hatte, die ihren Ehemann auf dem Gewissen hatte und möglicherweise für den Tod von zwei weiteren Männern verantwortlich sein würde, lag merkwürdig verdreht auf den Felsen. Voller Bitterkeit drehte Linda das nasse Gesicht zu sich. Es war eiskalt. Langsam löste sie ihre Finger und wandte den Kopf ab, um dem starren Blick der Augen zu entgehen, die noch größer und dunkler wirkten als sonst. Vielleicht sollte sie es mit Mund-zu-Mund-Beatmung versuchen, aber sie besaß keinerlei Erfahrung damit. Im Grunde wusste sie bereits, dass jeder Wiederbelebungsversuch sinnlos war. Sie erschauerte heftig und sah sich erneut verzweifelt nach den beiden Männern um. Rouse Cadwell hing nicht mehr am Felsen, und Ralph Batley hielt sich nur noch mit einer Hand fest, weil er die andere für Rouse Cadwell brauchte.
Sie sprang auf. Sollte sie hinüberschwimmen? Es war eindeutig, dass mit Rouse Cadwell etwas nicht stimmte und Ralph Batley völlig erschöpft war. Verzweifelt sah sie zum Ufer. Dort konnte sie Mrs Batley, Onkel Shane, Michael und zwei männliche Gestalten erkennen, die sie nicht erkannte. Keine von ihnen war so massig wie Sep Watson.
Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass sie sich wieder ins Wasser wagen musste. Vielleicht konnten sie Rouse Cadwell ja zwischen sich nehmen und so den Strand erreichen. Dann hörte sie leises Motorengeräusch. Die Küstenwache? Nein, ein Rettungsboot würde an den Felsen hängen bleiben. Die kleine Jacht, die nun halb vom Wasser überspült war, hätte es in ihren besten Tagen bei voller Fahrt vielleicht durch die Enge geschafft, aber ein Rettungsboot war zu groß für den schmalen Spalt. Und doch kam das Motorengeräusch immer näher. Jetzt war es selbst durch das Tosen der gluckernden Wellen deutlich zu hören. Als ein kleines rotes Etwas durch die Lücke zwischen den Felsen schoss und durch die Bucht pflügte, lachte sie laut auf. Ihr Gesicht war feucht, und nicht nur vom Salzwasser. Reiß dich zusammen, rief sie sich selbst zur Ordnung.
Ohne große Überraschung stellte sie fest, dass Mr Cadwell selbst am Ruder des kleinen Dingis mit Außenbordmotor saß. Er warf zuerst einen Blick auf die Männer und sah dann in ihre Richtung. Bevor sie ihm etwas zurufen konnte, hielt er schon auf die schwarze Felsnadel zu.
Rouse Cadwell musste mühsam in das kleine Boot gehievt werden. Offenbar hatte er einen Krampf. Sie erschauerte bei dem Gedanken, was ohne Ralph Batleys Eingreifen hätte geschehen können.
Während das Boot mit seinen drei Insassen auf sie zukam, überlegte Linda, wie seltsam das Leben doch war. Noch am Morgen hatte Mr Cadwell Ralph Batley umbringen wollen, und jetzt rettete er ihm das Leben. Dafür hatte Ralph Batley ihn davor bewahrt, noch einen Sohn zu verlieren.
Dann hatte das Boot den Felsen erreicht. Kein Wort fiel. Linda hielt es fest, damit Ralph Batley und Mr Cadwell aussteigen konnten. Der ältere Mann blickte auf seine Schwiegertochter herab. Linda konnte sein Gesicht nicht sehen, aber als er die Tote mit Ralph Batleys Hilfe ins Dingi legte, waren seine Bewegungen sanft.
Das Boot lag nun sehr tief im Wasser. Mr Cadwell sah Linda an. »Wir passen nicht alle auf einmal hinein«, erklärte er schroff, aber entschuldigend.
Bevor sie ihm versichern konnte, dass sie gerne warten würde, war Ralph Batley wieder auf den Felsen geklettert. Er sah seinen alten Feind an. »Das Boot ist ohnehin überladen. Wir warten.«
Mr Cadwell, dessen graues, gequältes Gesicht nichts von seiner üblichen Großsprecherei zeigte, nickte. Dann zog er seine Jacke aus und warf sie Linda zu, bevor er den Motor anließ.
Während sie dem Boot nachsah, konnte Linda das Wunder kaum fassen, denn es war wirklich ein Wunder, dass Ralph Batley und Rouse Cadwell gerettet worden waren. Dann fiel
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