Die Erlösung der Frauen (German Edition)
bedurfte einer plausiblen Erklärung und dafür eben zog man nun die Wissenschaft zurate. Aber Donald wollte überhaupt nicht glücklich sein und er hatte auch keinen Traum, den er verwirklichen wollte. Das einzige, was ihn interessierte, das einzige wofür er lebte und die einzige Wahrhaftigkeit, die er empfinden konnte, lag in der banalen Schönheit der Frauen. Und dafür gab es schlichtweg keine Erklärung, weder eine biologische noch eine psychologische. Wenn überhaupt, dann lag dem eine Art künstlerischer Ansatz zugrunde, es war seine Bestimmung, sein Dogma, es erfüllte ihn und sprach ihn heilig vor sich selbst. So wie andere Bilder malten, dichteten oder musizierten auf der Jagd nach einem höheren Sinn, so ließ er seine Blicke kreisen über Frauenkörper aller Art, beschnüffelte sie und umgarnte ihren Geist, brachte ihre inneren Sehnsüchte zum Vorschein, entlockte ihnen ihr animalisches Verlangen, befriedigte es und war doch immer ganz bei sich, konzentriert und auf Perfektion bedacht, so als spiele er auf einem Instrument, dessen Klang er erst erkunden musste und die Melodie war immer ein klein wenig anders. Diese Andersartigkeit, dieser kleine, oft kaum spürbare Unterschied zwischen den Frauen, war sein Leben.
// Am nächsten Tag ging er zur Arbeit. Manchmal überlegte er, ob er Johann beneiden sollte, der sich tagtäglich ausschließlich seinen Leidenschaften hingab, dem Zubereiten ausschweifender Menüs und dem Schreiben historischer Romane. Aber eigentlich war ihm der Job bei der Bayerischen Staatsoper eine willkommene Abwechslung. Auf der Bühne arbeiteten nur wenige Frauen und es waren jene Momente, in denen er zur Ruhe kam. Seit etwa 10 Jahren schleppte er hier Scheinwerfer durch die Gegend, schlug Kabel auf und hantierte mit Farbfolien umher. Er verdiente nur wenig, konnte aber in seiner Position als Hilfsarbeiter relativ frei und kurzfristig entscheiden, wie oft er arbeiten wollte und das kam seinem Hobby durchaus zugute. Während die Rheintöchter ihr Wagalaweia sangen, wedelte der Vorarbeiter mit einem groß bedruckten Blatt Papier herum. Er hatte seine Brille aufgesetzt und schien ein wenig nervös zu sein. Die weißen Brusthaare, die unter seinem blauen Overall hervor schossen, verliehen ihm eine gewisse Autorität.
Zur Verwandlung schieben wir den 53er zur Seite. Der 612 kriegt Farbe 200 und wenn die Technik mit der Walhalla drin ist, dann kommt der 53er wieder auf Stand.
Donald warf einen Blick auf die Rheintöchter. Man hatte ihnen rosefarbene Kostüme aus Frottéstoff angezogen, die aussahen wie Handtücher, und ihre Haare unter einer künstlichen Plastikglatze versteckt. Das Ganze war wohl als Hommage an die 80er Jahre gedacht. Alberich trug eine zerschlissene Jeansjacke und eine Zipfelmütze auf dem Kopf. Mit lüstern ausgestreckten Händen versuchte er, die Nixen zu begrabschen.
Die schlanken Arme schlinge um mich, dass ich den Nacken dir neckend betaste, mit schmeichelnder Brunst an die schwellende Brust mich dir schmiege.
Wenn man davon ausging, dass die ganze Katastrophe des Nibelungenlieds schlichtweg daher rührte, dass drei arrogante, glitschige Weiber den hässlichen Zwerg nicht an ihre Wäsche ließen, dann war das eigentlich ein ziemlich armseliges Resümee für vier langatmige Opernabende.
Pfui! Du haariger, höckriger Geck! Schwarzes, schwieliges Schwefelgezwerg! Such' dir ein Friedel, dem du gefällst!
Die Walhalla hat hinten ein Multicore, das kabeln wir auf die siebte Einschaltung, hinten bei der Feuerwehr. Bei der nächsten Verwandlung muss das wieder weg und der 53er kommt wieder auf die Seite. Aber da haben wir Zeit.
Donald ging nach hinten in den Aufenthaltsraum der Beleuchtungsabteilung, eine mit unzähligen Kronleuchtern und Neonschriften behängte Kammer mit drei Kühlschränken voller Bier und Weißwürsten. Wenn man aus dem Fenster blickte, sah man die Terrasse eines schicken Restaurants, auf der sich braungebrannte Männer in rosa Polohemden mit langbeinigen Pornoblondinen auf einen Cappuccino trafen, um sich gegenseitig darin zu bestätigen, etwas besonderes zu sein. Manchmal, wenn der Opernabend mal wieder etwas länger dauerte und auf der Bühne nichts zu tun war, ertappte sich Donald bei dem Gedanken, dass er auch gerne da unten sitzen würde. Wegen den aufgetakelten Blondinen versteht sich, die ihn nicht minder interessierten wie alle anderen Frauen auch. Um genau zu sein, waren es ja genau jene Frauen mit ihren kompliziert drapierten Frisuren,
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