Die Erlösung der Frauen (German Edition)
sie wahrscheinlich genauso verkatert wie er. Vermutlich lag sie sogar noch im Bett. Paula war ein echtes Partygirl, ausgesprochen trinkfest, sie rauchte fast drei Schachteln Zigaretten am Tag. Das einzige Problem war, dass sie sich immer sofort in ihn verliebte, nachdem sie miteinander geschlafen hatten, was am Ende stets zu großen Dramen führte. Aber Donald hatte keine andere Wahl.
Gegen Mittag erschien er, frisch geduscht und als Frühstücksgast getarnt vor ihrer Tür. Unterwegs hatte er noch überlegt, einen Blumenstrauß mitzubringen, aber das hätte die Oberflächlichkeit seines Anliegens wohl nur noch deutlicher gemacht, also beließ er es bei frischen Baguettes, Räucherlachs und einer Flasche Sekt. Nach dem gestrigen Festessen bei Johann erschien ihm diese Kombination zwar recht armselig, aber für Paula war es sicherlich gut genug. Es ist bezeichnend, wo bei manchen Leuten schon der Glamour anfängt: Ein bisschen Lachsfrühstück, ein Paillettenkleid, ein Abend mit Mozarts Zauberflöte und schon fühlen sie den süßen Hauch der Dekadenz, das ist für sie schon savoir vivre, fast unerlaubter Hedonismus. Nicht anders fiel auch Paulas Reaktion aus, sie war regelrecht begeistert und fühlte sich über alle Maßen geschmeichelt. Donald breitete die Sachen auf ihrem Ikea-Tisch aus und öffnete die Sektflasche, während Paula noch schnell das benötigte Geschirr abwusch. Sie lebte in einem winzigen Schwabinger Einzimmer-Apartment, was den Vorteil hatte, dass man vom Essenstisch übergangslos ins Bett fallen konnte. Der Boden war mit Kleidern und Höschen nahezu bedeckt, es roch nach billigem Parfüm und kaltem Rauch. Neben dem Bett stand ein von Kippen überquillender Aschenbecher. Mit ihren orangefarbenen Leggins, ihrem viel zu weiten Holzfällerhemd und der verstrubbelten Bob-Frisur sah Paula aus wie ein typisches Berliner Mädel. Ihre Fingernägel waren rot lackiert, an den Füßen trug sie Ringe, sie war blond und hatte eine große Warze im Gesicht. Sie war klein und flachbrüstig, aber insgesamt gut proportioniert und nett anzusehen. Ihre Stimme war rau und sinnlich, eigentlich ihre wichtigste Eigenschaft und die Augen hatten etwas seltsam Verschmitztes, Lausbubenhaftes, so als ob sie einen nicht richtig ernst nahm. Donald hätte viel dafür gegeben, dass dem wirklich so war.
Bevor er zum Wesentlichen übergehen konnte, musste er freilich zunächst die ausschweifende Berichterstattung bezüglich ihrer vergangenen Nacht über sich ergehen lassen. Die langweilige Lounge-Musik, die im Hintergrund vor sich hin säuselte, machte die Sache nicht einfacher. Zum Glück hatte er den Sekt mitgebracht und bereits nach nur wenigen Schlücken tauchte er langsam wieder zurück in den Nebel. Paula schien immer noch ein wenig geplättet von der langen Nacht, sie trank nur langsam, rauchte aber bereits mehrere Zigaretten, deren schwerer Qualm sich unappetitlich auf dem ausgebreiteten Räucherlachs niederlegte. Sie schwelgte in Erinnerungen: Irgendeine Münchner Partygröße hatte gestern wieder eine dieser unsäglichen Pornonächte veranstaltet und Paula war natürlich mit dabei gewesen. Donald hatte solche Veranstaltungen immer gemieden, für ihn war das nur eine hippe Variante der Freikörperkultur, aber genauso verklemmt und abstoßend. Ein paar rote Fliegerbrillen und eine bauchfreie, weil hoch geknotete Bluse machten noch keine Orgie. Selbst wenn auf den Theken die eingekauften Stripperinnen tanzten und auf Leinwänden zensierte Pornofilme in Endlosschleife flimmerten, so waren die Muschis unter den Höschen und Netzstrumpfhosen doch staubtrocken und keiner der Männer traute sich, auch nur mal einer auf den Arsch zu hauen. Im Grunde ging es nur ums Foto. Hässliche Menschen, die endlich eine Ausrede haben, sich erotisch zu präsentieren und sich vor den überall aufblitzenden Digitalkameras mit Schmollmund in Pose zu setzen. Wie auch immer, Paula war dabei gewesen und bald kramte sie aus dem riesigen Wäschehaufen am Boden ihr gestriges Outfit heraus: Ein schwarzer Mini-Rock aus Jeansstoff und ein schwarzes Netz Top, darunter ein rosa BH, farblich abgestimmt zum breiten 80er Jahre Gürtel. Natürlich durfte auch die Sonnenbrille nicht fehlen, ein paar billige Kreolenohrringe und lackierte Stöckelschuhe. Donald sah sich alles ganz genau an, heuchelte Interesse und vor allem tat er so, als würde er dieses langweilige Kostüm unglaublich sexy finden. In Wahrheit wollte er ihr einfach nur die Leggins herunterreißen
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