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Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Titel: Die Erlösung der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Forster
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das stimmt nicht. Komm her. Setz dich doch.
    Donald setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Gabriele reichte ihm ihre Hand.
    Gib mir deine Hand. Ach, Donald.
    Sie genoss es, seinen Namen auszusprechen. Das war auch früher schon so gewesen. Er legte seine Hand in die ihre.
    Donald. Mit dir habe ich mich so jung gefühlt. Wie lange waren wir zusammen? Zwei Monate?
    Zwei oder drei.
    Kommt mir so vor, als wären's Jahre gewesen. Du hast dich überhaupt nicht verändert. Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen?
    Vor einem Jahr oder so.
    Ja. Wir haben miteinander geschlafen. Und später habe ich geweint. Und dann bist du gegangen.
    Tut mir leid.
    Nein, das tut es nicht. Hör auf, so einen Schmarren zu reden. Hast du eine neue Geliebte?
    Immer mal wieder.
    Ach, Donald. Du bist ein großer Liebhaber. Aber sonst bist du zu nichts zu gebrauchen. Was machst du überhaupt hier?
    Ich weiß auch nicht. Ich glaube, ich wollte mich entschuldigen.
    Entschuldigen? Das musst du nicht. Ich habe immer gewusst, woran ich bei dir bin. Und jetzt ist das sowieso anders. Wenn man stirbt, ist man dankbar für jede Erinnerung. Sogar für die Schmerzhaften. Und ob du's glaubst oder nicht: Ich habe mit Männern auch schlimmere Enttäuschungen erlebt. Das mit dir war, naja, irgendwie auch vorhersehbar.
    Donald lächelte. Er war tatsächlich ein bisschen erleichtert. Sie sprachen bald über amüsante Details aus ihrer gemeinsamen Zeit und über ihren Urlaub auf Barbados. Während des ganzen Gesprächs hielt Donald ihre Hand. Dann plötzlich öffnete sie die Schublade ihres Beistelltischs und holte eine Liste hervor.
    Ich möchte, dass du deinen Namen hier einträgst und eine Adresse oder Telefonnummer, wo man dich erreichen kann.
    Was ist das?
    Das sind die Einladungen für meine Bestattung.
    Was?
    Ich habe lange darüber nachgedacht, ob es eine Rolle spielt, wie man beerdigt wird, weil schließlich ist man ja schon tot, nicht wahr? Aber ich hab mich dann erinnert an die ganzen Beerdigungen, auf denen ich schon war und ich kann mich mit der Vorstellung nicht anfreunden, dass man meinen Tod mal schnell so an einem Vormittag abhandelt und dann in irgendeiner Wirtschaft sitzt und Sauerkraut frisst. Ich möchte, dass meine Freunde sich die Zeit nehmen, wirklich nachzudenken über mich und über das Sterben. Und daher werde ich meine Bestattung auf Barbados vornehmen lassen. Ihr seid dann alle auf einem Schiff und die Asche wird aufs Meer gestreut.
    Barbados?
    Nicht wegen uns. Ich war früher auch schon da. Mit anderen Männern. Ich hab mich da immer sehr wohl gefühlt.
    Donald war leicht überfordert, allein schon wegen der Art und Weise, wie Gabriele vollkommen mit ihrem Tod rechnete. Ohne länger nachzudenken, setzte er seinen Namen auf die Liste. Sie war nicht sehr lang, es waren keine zehn Namen darauf.
    Du kannst auch gerne jemanden mitnehmen, das macht mir nichts aus. Aber versprich mir, dass du kommst. Versprichst du's mir?
    Natürlich. Ich verspreche es.
    Gut.
    Gabriele nahm die Liste und steckte sie schnell in die Schublade, so als wollte sie nicht weiter darüber sprechen.
    Jetzt erzähl mir mehr von deinen kleinen Freundinnen. Hast du jemand Neuen kennen gelernt?
    Donald erzählte ihr von Alexia und von Catherine, von Italien und Griechenland, von seinem schlechten Gewissen und seiner neuen Verliebtheit und Gabriele genoss jedes Wort aus seinem Mund, weil es das pure Leben zeichnete, in seiner primitiven Banalität und leidenschaftlichen Unruhe, inkonsequent, undurchschaubar, mit seinen ebenso zufälligen wie unvermeidlichen Ereignissen. Aus der Sicht der Sterbenden ist jede Facette des Lebens ein Geschenk, der Sterbende ist jener, der tief ausatmet, der endlich zur Ruhe kommt und mit allem seinen Frieden findet, der Sterbende ist der einzige, der das Leben richtig versteht.

    // Gabriele starb etwa drei Monate später an einem sonnigen Frühlingstag. An jenem Morgen, da sie ihr Leben aushauchte, erwachte Donald im Bett einer schmalbrüstigen Mittdreißigerin aus Stuttgart, die er in einem Bioladen kennen gelernt hatte. Eigentlich hatte er nur eine Tomate kaufen wollen, doch als er Bettina, (ihre Freunde nennen sie Tina) vor dem Gemüseregal stehen sah in schier endlosen Überlegungen verharrend, mal das eine, dann das andere Stück Gemüse in der Hand wiegend, eine dröge, etwas traurige Erscheinung, da war er so fasziniert, dass er nicht anders konnte als sie anzusprechen.
    Kann ich Ihnen helfen?
    Arbeiten Sie hier?
    Nein, aber ich

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