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Die Ernaehrungsfalle

Titel: Die Ernaehrungsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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Wasserflaschenbusiness. Kritiker wenden ein, Wasser dürfe nicht zur Ware werden, so etwa die Hilfsorganisation Brot für die Welt: Die Ressource sollte allen zur Verfügung stehen.
    Der Verkauf von Wasser in Flaschen ist nicht nur ein Problem in Entwicklungsländern - in den Industrieländern entzündet sich ebenfalls Kritik. Denn ungezählte Lastwagen rollen über die Straßen und Autobahnen, nur um Wasser wie San Pellegrino, Vittel oder Perrier fernab der Quelle zu den Abnehmern zu bringen: Contrex wird in 40 Ländern verkauft, Vittel in 70, San Pellegrino in 100 und Perrier gar in 160 Ländern. Allein durch die Importe in die Schweiz verursache der Wasserkonzern 12 000 unnütze Lkw-Fahrten im Jahr.
    Und die Expansion geht weiter: In Brasilien haben die »Quellenschlucker« (so die linke Schweizer Wochenzeitung ) von Nestlé eine ganze Reihe von Brunnen aufgekauft - und für das »Einheitswasser« Pure Life die Mineralien herausgelöst. Illegalerweise, wie Kritiker sagen: In Brasilien ist das Demineralisieren von Mineralwasser verboten. In den USA warfen sie den Nestlé-Abfüllern vor, den Grundwasserspiegel abzusenken, sodass die Quellen der Bauern versiegen. Am Lake Michigan hat der Konzern für 75 Dollar das Recht erworben, Seewasser abzupumpen, saugt jährlich eine Milliarde Liter ab und
verkauft es als »Ice Mountain Water«. Nestlé fühlt sich zu Unrecht angegriffen: Das trübe Nass in Brasilien ist nach Konzernansicht ohnehin kein Mineralwasser. Und schließlich sei Wasser in Flaschen keine Ressource, sondern ein Produkt. Am Ende des Filmes »We feed the World« kommt der damalige Konzernchef Peter Brabeck-Letmathe zu Wort: »Wasser ist ein Lebensmittel, und so wie jedes andere Lebensmittel auch sollte das einen Marktwert haben.«
    Auch in Sachen Babynahrung muss sich der Konzern immer wieder gegen Kritik wehren. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich mehr als 1,5 Millionen Kinder, weil sie Flaschenmilch bekommen. Ursache ist das verschmutzte Wasser in den Entwicklungsländern, mit dem das Milchpulver angerührt wird. Das Kind bekommt Durchfall, medizinisch Diarrhöe genannt. »Ein Kind, das aus der Flasche ernährt wurde, wird mit sechsmal höherer Wahrscheinlichkeit an Diarrhöe sterben als ein Kind, das gestillt wurde«, sagt Urban Jonsson, Unicef-Regionaldirektor für Ost- und Südafrika: »Nestlé weiß das und macht trotzdem Propaganda für seine Muttermilchersatzprodukte.«
    Schon 1997 kritisierten das Weltkinderhilfswerk Unicef sowie eine Gruppe von britischen Wohltätigkeitsorganisationen und Kirchen die Hersteller von Babymilch, darunter Nestlé, die schweizerische Firma Gerber, Milco aus Dänemark und die damalige niederländische Milupa-Mutter Nutricia. Sie hätten bei der Vermarktung ihrer Produkte in Entwicklungsländern die Vorteile der Ernährung durch →Muttermilch unterschlagen und verstießen damit gegen einen 1981 von der WHO erlassenen Verhaltenskodex. Auch Nestlés Milchersatz Neslac, in der Schweiz als Junior-Milk Bifidus verkauft, ist nach Meinung von Ernährungsexperten eher schlechter als das Getränk von der →Kuh. Der Nestlé-Stoff enthält nämlich weniger Calcium - wichtig für die Knochen - als die echte →Milch: nur 78 statt 120 Milligramm pro 100 Milliliter. Nestlé verweist allerdings darauf, dass Junior-Milk Bifidus zehnmal mehr →Vitamin D als normale Milch enthalte. Dadurch könne der Körper das vorhandene Calcium besser absorbieren.

    Nestlés Kontakt zu den Konsumenten beginnt schon vor der Geburt: Pro Natal heißt das Pulver, mit dem die Babys im Mutterleib auf den Geschmack gebracht werden. Es bietet der werdenden Mutter die »Komplettlösung gegen Ernährungsdefizite«. Denn es enthalte die »optimale Kombination an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen«, darunter die →Vitamine A, C, E, auch →Folsäure, Phosphor, Calcium, Zink - und lebende Bakterien vom Typ Bifidus. Diese Bakterien sind nach Auskunft des Unternehmens vollkommen unbedenklich, ausreichend getestet und in ihrer Wirkung nachweislich positiv. Schäden seien nicht zu befürchten. Zahlreiche Untersuchungen, auch unter Beteiligung von Wissenschaftlern aus dem Hause Nestlé, sollen die positiven Wirkungen belegen. Unabhängige Experten sind hingegen skeptisch, ob Nestlés Extrabakterien wirklich gut sind fürs Kind. Denn normalerweise kommt ein Baby ganz ohne Darmbakterien zur Welt. Es erwirbt von der Mutter, den Geschwistern und aus der Umgebung genau jene

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