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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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allein. Wir stützten Ivory und brachten ihn in seine Suite. Keira deckte das Bett auf, und ich half ihm, sich hinzulegen. Ivory kreuzte die Hände über der Brust und seufzte.

    »Danke«, sagte er.
    »Lassen Sie mich einen Arzt rufen, das ist doch albern!«
    »Nein, aber können Sie mir einen anderen kleinen Gefallen tun?«
    »Natürlich«, antwortete Keira.
    »Gehen Sie zum Fenster, ziehen Sie vorsichtig die Gardine ein Stück zur Seite und sagen Sie mir, ob dieser Idiot von Wim wirklich weg ist.«
    Keira sah mich verwundert an und tat wie geheißen.
    »Vor dem Hotel ist niemand zu sehen.«
    »Und parkt der schwarze Mercedes mit den beiden Trotteln drin noch immer auf der anderen Straßenseite?«
    »Ja, ich sehe einen schwarzen Wagen, aber von hier aus kann ich nicht erkennen, ob jemand drinsitzt.«
    »Da sind welche drin, glauben Sie mir!«, rief Ivory und sprang auf.
    »Sie sollten besser liegen bleiben …«
    »Ich habe nicht eine Sekunde an Wims Unwohlsein geglaubt und er nicht an meines, nehme ich an. Uns bleibt also nur wenig Zeit.«
    »Aber ich dachte, Wim wäre unser Verbündeter?«, fragte ich verwundert.
    »Das war er bis zu seiner Beförderung. Heute Morgen haben Sie nicht mehr mit Vackeers’ Assistenten gesprochen, sondern mit seinem Nachfolger, Wim ist der neue AMSTERDAM. Ich habe keine Zeit, Ihnen all das zu erklären. Gehen Sie in Ihr Zimmer und packen Sie Ihre Sachen. Ich kümmere mich inzwischen um die Tickets. Wenn Sie fertig sind, kommen Sie wieder hierher - und beeilen Sie sich, Sie müssen die Stadt verlassen haben, ehe die Falle zuschnappt -, wenn es nicht schon zu spät ist.«
    »Und wohin fahren wir?«, fragte ich.

    »Wohin wohl? Nach Äthiopien natürlich!«
    »Das kommt nicht infrage. Das ist viel zu gefährlich. Wenn uns diese Männer verfolgen, über die Sie uns noch immer nichts erzählen wollen, setze ich Keiras Leben nicht noch einmal aufs Spiel. Und Sie brauchen gar nicht zu versuchen, mich vom Gegenteil zu überzeugen.«
    »Um wie viel Uhr geht das Flugzeug?«, fragte Keira.
    »Wir fahren nicht!«, beharrte ich.
    »Ein Versprechen ist ein Versprechen, und wenn du glaubst, ich hätte dieses vergessen, irrst du dich. Komm schnell!«
     
    Eine halbe Stunde später führte Ivory uns durch die Küche des Hotels nach draußen.
    »Trödeln Sie nicht am Flughafen herum. Sobald Sie die Passkontrolle passiert haben, spazieren Sie getrennt durch die Geschäfte. Ich denke nicht, dass Wim intelligent genug ist, um zu verstehen, dass wir ihn reingelegt haben, aber man kann nie wissen. Und versprechen Sie mir, so bald wie möglich von sich hören zu lassen.«
    Ivory steckte mir heimlich einen Umschlag zu und ließ mich versichern, ihn erst zu öffnen, wenn die Maschine abgehoben hätte. Als das Taxi losfuhr, winkte er uns nach.
     
    Das Einchecken am Flughafen Schiphol verlief problemlos. Wir befolgten Ivorys Rat allerdings nicht, sondern setzten uns in ein Café. Ich nutzte die Gelegenheit, um Keira von meiner Unterredung mit Professor Ubach in Kenntnis zu setzen. Bevor wir gingen, hatte ich ihn um einen letzten Gefallen gebeten: Im Gegenzug zu meinem Versprechen, ihn über den Fortgang unserer Recherchen zu informieren, hatte er mir zugesagt, Stillschweigen über die Sache zu bewahren, bis wir ein Resümee unserer Arbeit veröffentlicht hätten. Er würde die Aufnahmen,
die in seinem Labor entstanden waren, behalten und eine Kopie an Walter schicken. Vor unserem Abflug verständigte ich diesen, dass er bald ein Päckchen aus Amsterdam bekommen würde und es bei sich aufbewahren und auf keinen Fall vor unserer Rückkehr aus Äthiopien öffnen sollte. Ich fügte hinzu, falls uns etwas zustieße, könne er nach seinem Gutdünken damit verfahren. Diese letzte Bemerkung hatte Walter nicht hören wollen, es sei unmöglich, dass uns etwas zustieße, erklärte er und hängte ein.
    Während des Flugs bekam Keira Gewissensbisse, weil sie ihre Schwester nicht angerufen hatte, und ich versprach ihr, dass wir dies gleich nach der Landung gemeinsam nachholen würden.

Addis Abeba
    Auf dem Flughafen von Addis Abeba herrschte reges Treiben. Nachdem die Zollformalitäten erledigt waren, suchte ich den Schalter der kleinen privaten Fluggesellschaft auf, deren Dienste ich bereits in Anspruch genommen hatte. Ein Pilot erklärte sich bereit, uns für sechshundert Dollar nach Jinka zu fliegen. Keira sah mich entsetzt an.
    »Das ist der Wahnsinn, lass uns einen Wagen mieten, du bist doch schon völlig ruiniert,

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