Die erste Todsuende
willst", gelobte er.
„Falls mir was passiert..."
„Barbara!"
„Falls mir etwas zust..."
„Aber Liebling!"
„Ich möchte, daß du dann wieder heiratest. Wenn du eine Frau kennenlernst, die... möchte ich, daß du es tust. Versprichst du mir das?"
Er konnte nicht atmen. Etwas hatte sich in seiner Brust festgesetzt. Er senkte den Kopf, stieß einen leisen Laut aus und packte ihre Hand fester.
„Versprichst du es?" wollte sie wissen.
„Ja."
Sie lächelte, nickte und schlief ein.
10
Captain Delaney wurde durch eine länger dauernde neue Demonstration vor der Botschaft aufgehalten. Als man sie endlich zerstreut hatte und die Demonstranten in die Seitenstraßen gedrängt worden waren, war es bereits später Nachmittag und fast Zeit für Barbaras Operation. Er ließ sich in aller Eile von einem Streifenwagen zum Krankenhaus hinüberfahren. Er wußte, daß er damit gegen die Vorschriften verstieß, und nahm sich fest vor, einen ausführlichen Bericht darüber zu schreiben und die Umstände zu erklären; falls man ihm dann eine Disziplinarstrafe aufbrummte, bitte sehr.
Die Operationssäle lagen im dritten Stock, ebenso die Zimmer für die frisch Operierten, die Aufenthaltsräume der Ärzte, eine kleine Teeküche und ein großes gallegrün gestrichenes und mit orangefarbenen Plastiksofas und Sesseln ausgestattetes Wartezimmer. Diesem abschreckenden Raum präsidierte eine hübsche Schwester, eine dralle Vierzigerin, die unaufhörlich Strähnen ihres Haars unter die gestärkte Haube steckte.
Delaney nannte ihr seinen Namen, und sie suchte in einer erschreckend langen Liste, die auf ihrem Schreibtisch lag.
„Mrs. Barbara Delaney?"
„Ja."
„Bis zum Beginn der Operation dauert es noch eine gute halbe Stunde, Captain. Hinterher wird Ihre Frau hierher gebracht. Sie dürfen erst zu ihr, wenn sie wieder in ihrem eigenen Zimmer ist, und auch nur dann, wenn der Arzt es erlaubt."
„Stimmt schon. Aber ich werde trotzdem warten. Ich möchte nach der Operation mit dem Chirurgen sprechen."
„Hm..." machte sie mit zweifelnder Miene und sah wieder in ihrer Liste nach. „Ich weiß nicht, ob Sie das können. Dr. Spencer hat anschließend noch zwei weitere Operationen. Captain, wenn Sie etwas essen oder eine Tasse Kaffee trinken möchten - unten gibt es eine Cafeteria. Ich kann Sie dort jederzeit ausrufen lassen, wenn Sie gebraucht werden."
„Das ist ein guter Gedanke." Er nickte anerkennend. „Vielen Dank. Das werde ich machen. Wissen Sie vielleicht zufällig, ob Dr. Bernardi noch im Haus ist?"
„Keine Ahnung, Sir, aber ich will versuchen, es herauszufinden."
„Vielen Dank", sagte er nochmals.
Das Essen in der Klinik-Cafeteria war, wie er erwartet hatte, miserabel. Selbst reichlich Salz und Pfeffer brachten den Hackbraten nicht dazu, anders zu schmecken als eingeweichte Pappe. Unwillkürlich dachte er an den duftenden Schmorbraten, den seine Frau mit Rosmarin würzte, und er stöhnte.
Schließlich schob er das Essen, von dem er kaum etwas angerührt hatte, von sich, holte sich eine Tasse schwarzen Kaffee, aß einen halben Teller Schokoladenpuddig und rauchte eine Zigarette. Er schwitzte zwar schrecklich in der überheizten Cafeteria, aber er dachte nicht einen Augenblick daran, den engen Kragen zu lockern. Das hätte in der Öffentlichkeit einen schlechten Eindruck gemacht.
Er ging wieder ins Wartezimmer im dritten Stock hinauf. Die Schwester berichtete, Dr. Bernardi wohne der Nierenoperation seiner Frau als Beobachter bei. Der Captain dankte ihr und ging zum Telefon auf dem Gang. Er rief die Revierwache an. Dienst tat dort Lieutenant Rizzo, der nichts Ungewöhnliches zu melden hatte, nichts, was die Anwesenheit des Captain erforderte. Delaney hinterließ die Durchwählnummer des Wartezimmers, falls er doch gebraucht werde.
Er ging wieder hinein, setzte sich und sah sich um. Auf einer Bank in der Ecke saß ein älteres italienisches Ehepaar, hielt sich bei den Händen und machte einen verängstigten Eindruck. Ein junger Mann lehnte mit leerem Gesicht an der Wand und rauchte eine Kippe, an der er sich fast die Finger versengte. Auf einem Plastiksessel saß eine verblühte ältere Frau im Nerzmantel, stark geschminkt, mit wohlgeformten Beinen und lappiger Haut am Hals. Sie schien damit beschäftigt, eine Bestandsaufnahme des Inhalts ihrer Krokodillederhandtasche zu machen.
Die große, dralle Schwester hatte Dienstschluß und wurde von einer Frau abgelöst, die nur halb so groß war: einer drahtigen,
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