Die erste Todsuende
Akt des bewußten Willens, sich weit dem fühlenden Leben zu öffnen.
Das Kind wand sich stöhnend unter seinen Liebkosungen, und das glühende Fleisch erhitzte ihn und brachte ihn zur Erektion. Als er in Tonys After eindrang, schrie der Junge vor Schmerz und vor Lust. Undeutlich, wie in weiter Ferne, glaubte Blank das Auflachen einer Frau zu vernehmen, und wieder nahm er ihren Geruch wahr, der diesen verschmutzten Matratzen anhaftete.
Später, als er den Knaben im Arm hielt und ihm die Tränen wegküßte - neuer Wein, diese Tränen - , schien es ihm möglich, ja wahrscheinlich, daß sie sich seiner bedienten, so wenig er die Gründe dafür auch zu erkennen vermochte. Doch das war nicht wichtig. Denn aus welchen Gründen auch immer, es konnten nur eigensüchtige sein.
Plötzlich wußte er: Ihre aalglatten Worte, ihr Gerede über das Ritual, ihre Liebe zum Zeremoniellen und ihre Verherrlichung des Bösen - all das roch nach Egotismus; eine andere Erklärung dafür gab es nicht. Sie versuchte irgendwie, etwas Besonderes zu sein. Besonders und über alle anderen erhaben. Sie wollte die Welt bezwingen und hatte ihm eine Rolle in ihrem klug ausgeheckten Plan zugedacht.
Aber ob zugedacht oder nicht, sie hatte ihn aus seinem Gefängnis befreit und würde jetzt erleben müssen, daß er über sie hinauswuchs. Wie eigensüchtig ihre Motive auch sein mochten, er würde seine eigene Aufgabe vollenden; nicht das Leben zu bezwingen, sondern eins mit ihm zu werden, es fest an sich zu pressen, es zu spüren und zu lieben und am Ende sein wunderbares Geheimnis kennenzulernen. Nicht wie AMROK II es erkannte, sondern tief in seinem Herzen, in seinen Eingeweiden, in seinen Hoden, um insgeheim Teil davon zu werden, eins mit dem All.
20
Nachdem er den Eispickel mit einer heftigen Drehung aus Frank Lombards Schädel herausgerissen hatte, war er gelassenen Schrittes nach Hause gegangen, hatte weder nach rechts noch nach links geschaut und sich nicht gestattet, an irgend etwas zu denken. Freundlich hatte er dem Pförtner zugenickt und war dann in seine Wohnung hinaufgefahren. Erst als er drinnen war, abgeschlossen und Kette und Stahlstange vorgelegt hatte, hatte er sich, noch immer im Mantel, an die Wand gelehnt, die Augen geschlossen und tief Atem geholt.
Aber es mußte noch einiges getan werden. Für den Augenblick legte er den Eispickel beiseite. Dann zog er sich nackt aus. Eingehend suchte er Mantel und Anzug nach Flecken ab, fand aber keine. Trotzdem packte er beides zu einem Bündel zusammen, um sie in die Reinigung zu geben; Hemd, Socken und Unterwäsche kamen in den Wäschepuff.
Dann ging er ins Badezimmer und hielt den Eispickel in die Toilettenschüssel, so daß die Spitze unter Wasser war. Dreimal zog er die Wasserspülung. Alles, was fest daran klebte - geronnenes Blut und irgendwelche graue Masse, die sich in der Zahnung an der Unterseite festgesetzt hatte - wurde fortgespült.
Dann, immer noch nackt, ging er in die Küche und setzte einen großen Topf voll Wasser zum Kochen auf - denselben, den er für gewöhnlich für Spaghetti und Eintopfgerichte gebrauchte. Geduldig wartete er, bis das Wasser kochte, und dachte noch immer nicht darüber nach, was er getan hatte. Er wollte alles zu Ende bringen, erst dann wollte er sich hinsetzen, ausruhen und seine Reaktionen auskosten.
Als das Wasser aufwallte, steckte er den Eispickel bis zum lederumwickelten Griff hinein, und der gehärtete Stahl kochte sauber. Dreimal tauchte er ihn ein, zwirbelte ihn herum, drehte dann die Flamme unter dem Topf aus und hielt die Eispickelspitze im Ausguß unter kaltes Waser, um sie abzukühlen. „ Als er den Eispickel anfassen konnte, untersuchte er ihn sorgfältig. Er nahm sogar ein kleines Küchenmesser und fuhr damit vorsichtigt unter das Ende des blauen Leders am Griff, konnte darunter jedoch nichts entdecken. Der Eispickel roch nach Stahl und Leder. Er glänzte.
Er holte ein Kännchen Nähmaschinenöl aus dem Küchenschrank und rieb das Öl mit bloßen Fingern in den freiliegenden Stahl ein. Er nahm reichlich Öl und rieb tüchtig; was zuviel war, wischte er mit einem Papiertuch ab. Schon wollte er das Tuch in den Abfalleimer werfen, da besann er sich eines Besseren und spülte es durch die Toilette hinunter. Der Eispickel war mit einer feinen Ölschicht überzogen. Er hängte ihn im Dielenwandschrank neben seinen Rucksack und seine Steigeisen.
Dann nahm er ein heißes Duschbad und bürstete sich mit einer Nagelbürste Hände und
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