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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Fingernägel. Nachdem er sich abgetrocknet hatte, besprühte er sich mit Eau de Cologne, bestäubte sich mit Talkum-Puder und zog einen mit hellblauen Kranichen auf dunkelblauem Grund gemusterten kurzen Baumwollkimono an. Dann goß er sich einen kleinen Kognak ein, ging ins Wohnzimmer, setzte sich auf die Couch vor der Spiegelwand und lachte.
    Jetzt endlich gestattete er sich, sich zu erinnern, und es war ein himmlischer Traum. Er sah sich die von orangefarbenem Licht beleuchtete Straße entlang auf sein Opfer zugehen. Er lächelte, den Mantel verwegen offen, die linke Hand im Taschendurchgriff, den rechten Arm frei schwenkend. Hatte er nicht sogar mit den Fingern der rechten Hand geschnippt? Durchaus möglich.
    Das Lächeln. Das Nicken. Das heiße Aufwallen des erregten Blutes, als er herumfuhr und zuschlug. Der Laut! Er erinnerte sich an den Laut. An den unfaßlichen Sturz, mit dem das Opfer vornüber gefallen war, wodurch ihm der Eispickel aus der Hand gerissen wurde, er selbst zu straucheln drohte. Dann rasch den Eispikkel herausziehen, die Brieftasche durchsuchen, unbeirrt nach Hause gehen.
    Und jetzt...was empfand er jetzt? Was ihn erfüllte, war ein ungeheueres Gefühl des Stolzes. Das vor allem. Immerhin war es ein außerordentlich schwieriges und gefährliches Stück Arbeit gewesen, und er hatte es geschafft. Gar nicht unähnlich einem schwierigen und gefahrvollen Bergaufstieg, einer technischen Aufgabe, die Können, Muskelkraft und, selbstverständlich, eiserne Entschlossenheit erforderte.
    Doch was ihn überwältigte, vollständig überwältigte, war die Intimität!
    Ja! Das war schon etwas! Einem anderen so nahezukommen. Nein, nicht nahe, in ihn hineinzukommen. Mit ihm zu verschmelzen. Einszuwerden mit einem anderen. Einmal hatte er seiner Frau höchst vage, lachend und wie beiläufig vorgeschlagen, daß es vielleicht ganz lustig wäre, wenn sie sich eine Freundin suchten und dann zu dritt nackt zusammen wären. In seinem Geist hatte er sich diese andere Frau schlank und dunkel vorgestellt und besonnen genug, den Mund zu halten. Aber seine Frau hatte nicht verstanden, war auf das, was er vorschlug, nicht eingegangen. Und wenn sie es doch getan hätte, dann würde sie es seinen verderbten Begierden zugeschrieben haben — ein Mann, nackt mit zwei Frauen im Bett!
    Dabei hatte das mit Sex gar nichts zu tun. Das war es gerade! Er hatte sich nach einer anderen Frau gesehnt, die sie beide, er und seine Frau, lieben konnten, weil auf diese Weise eine neue, unendlich süße Intimität zwischen ihnen entstehen würde. Wenn er und seine Frau zusammen mit einer anderen Frau ins Bett gegangen wären, gleichzeitig an ihren harten Brustwarzen gesogen und sie gestreichelt hätten, und ihre Lippen - seine und die seiner Frau -sich vielleicht auf fremdem Fleisch getroffen hätten, nun, dann... dann wäre eine so übermächtige, so erschütternde Intimität entstanden, daß er kaum davon träumen konnte, ohne daß ihm Tränen in die Augen traten.
    Aber jetzt. Jetzt! Als er sich in Erinnerung rief, was er getan, hatte er so sehr das Gefühl gesteigerter Intimität - in einen anderen einzudringen, mit ihm zu verschmelzen -, einer Intimität, die weit über alle Liebe hinausging und mit nichts zu vergleichen war. Als er Frank Lombard getötet hatte, war er zu Frank Lombard geworden, und das Opfer war zu Daniel Blank geworden. Miteinander verbunden, mit schwindenden Sinnen, schwammen sie durch die endlosen Korridore des Universums wie zwei aneinandergekoppelte, frei im All treibende Astronauten. Die sich langsam umeinander drehten. Taumelnd. Dahintrieben. Durch die Ewigkeit. Nie verwesend. Nie endend. Doch von Leidenschaft gepackt. Für immer.

21
    Jedesmal, wenn Daniel Blank Florence und Samuel zusammen sah, mußte er an einen Film denken, den er einmal gesehen hatte: einen Film über das Leben der Seeottern. Die Jungen! Sie rieben ihre Nasen aneinander, berührten sich, tollten ausgelassen umher und balgten sich. Das helmartige, enganliegende schwarze Haar der beiden Mortons wirkte wie dichter Pelz. Er konnte sie nicht betrachten, ohne nachsichtig zu lächeln.
    Jetzt, da sie auf der Couch in seinem Wohnzimmer saßen, mußten sie einen Scotch on the Rocks unbedingt gemeinsam aus einem Glas trinken - das er bereits viermal nachgefüllt hatte. Sie hatten ihre schwarzen Leder-Hosenanzüge an, die glatt anlagen wie eine zweite Haut, und ihre leuchtenden Augen und frettchenhaften Züge waren lebhaft und neugierig.
    Da sie selbst

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