Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
Während der Einkäufe brachte er das Gespräch auf den Tod von Mrs Oldfield. Er bemerkte sofort den sonderbar lauernden Ausdruck, der in das Gesicht der Postmeisterin kam. Sie bemerkte:
»Sehr plötzlich, nicht wahr? Es hat viel Staub aufgewirbelt, wie Sie vielleicht gehört haben.«
Interesse leuchtete in ihren Augen auf, als sie fragte:
»Vielleicht wollen Sie deshalb Beatrice King sprechen? Wir haben es alle sehr merkwürdig gefunden, wie plötzlich sie dort entlassen wurde. Irgendjemand fürchtet, dass sie irgendetwas weiß – und vielleicht weiß sie etwas. Sie hat ein paar grobe Andeutungen gemacht.«
Beatrice King war ein gedrungenes, schlau dreinblickendes Mädchen mit verstopfter Nase. Sie erweckte den Anschein heilloser Stupidität, aber ihre Augen straften ihr Benehmen Lügen. Es schien jedoch, als ob nichts aus ihr herauszukriegen wäre. Sie wiederholte immer:
»Ich weiß von überhaupt nichts… Es ist nicht meine Sache, zu sagen, was dort oben vorgegangen ist… Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen, dass ich ein Gespräch zwischen dem Doktor und Miss Moncrieffe mit angehört haben soll. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die an den Türen horchen, und Sie haben kein Recht, so etwas zu behaupten. Ich weiß nichts, gar nichts.«
Poirot sagte:
»Haben Sie je etwas von Arsenvergiftungen gehört?«
Neugierde breitete sich auf dem verdrossenen Gesicht des Mädchens aus.
Sie sagte: »Also das war es, was in der Medizinflasche war.«
»In welcher Medizinflasche?«
Beatrice sagte:
»In einer von den Medizinflaschen mit der Arznei, die diese Miss Moncrieffe für die alte Dame zusammengebraut hat. Die Schwester war ganz aufgebracht – das konnte man sehen. Sie hat sie gekostet, daran gerochen und in den Ausguss geschüttet und dann die Flasche mit frischem Leitungswasser gefüllt. Die Medizin war sowieso wasserhell. Und einmal, als Miss Moncrieffe der alten Frau eine Teekanne hinaufgebracht hat, hat die Schwester sie wieder heruntergebracht und frischen Tee gemacht. Sie hat gesagt, dass man ihn nicht mit kochendem Wasser gemacht hatte, aber das war nur Gerede. Ich habe es für das Getue gehalten, das die Schwestern immer machen. Aber wer weiß, vielleicht war doch mehr daran.«
Poirot nickte. Er sagte:
»Haben Sie Miss Moncrieffe gemocht, Beatrice?«
»Sie war mir gleichgültig… ein bisschen hochnäsig. Natürlich habe ich immer gewusst, dass sie in den Doktor verliebt ist. Man musste nur sehen, wie sie ihn anblickte.«
Poirot nickte wieder mit dem Kopf. Er ging in den Gasthof zurück. Dort erteilte er George gewisse Instruktionen.
Dr. Allan Garcia, der analytische Chemiker des Home Office, rieb sich die Hände und zwinkerte Poirot zu. Er sagte:
»Das passt Ihnen wohl, Monsieur Poirot? Der Mann, der immer Recht behält.«
Poirot sagte: »Sie sind zu gütig.«
»Wieso sind Sie darauf gekommen? Geklatsch?«
»Wie Sie sagen – das Gerücht mit Zungen bemalt betrat die Bühne.«
Am folgenden Tag bestieg Poirot wieder den Zug nach Market Loughborough…
Market Loughborough summte wie ein Bienenkorb. Es hatte übrigens schon seit der Exhumierung leise gesummt.
Aber jetzt, da das Ergebnis der Autopsie durchgesickert war, hatte die Aufregung den Höhepunkt erreicht.
Poirot war seit ungefähr einer Stunde im Gasthof und hatte gerade ein herzhaftes Mittagessen, bestehend aus Kalbssteak und Apfelpudding, gegessen und mit einem Glas Bier heruntergeschwemmt, als man ihm meldete, dass eine Dame da sei, die ihn zu sprechen wünsche.
Es war Schwester Harrison; sie sah bleich und abgehärmt aus.
Sie kam geradewegs auf Poirot zu.
»Ist das wahr? Ist das wirklich wahr, Monsieur Poirot?«
Er bot ihr einen Stuhl an.
»Ja. Es wurde eine mehr als tödliche Dosis Arsenik gefunden.«
Schwester Harrison rief aus: »Ich hätte es nie gedacht! Ich habe keinen Augenblick geglaubt – «, und brach in Tränen aus.
Poirot sagte sanft:
»Die Wahrheit musste an den Tag kommen, wissen Sie.«
Sie schluchzte.
»Werden sie ihn hängen?«
»Es bleibt noch viel zu beweisen«, führte Poirot aus. »Die näheren Umstände – die Beschaffung des Giftes – wie es eingegeben wurde.«
»Aber angenommen, dass er nichts – gar nichts damit zu tun hatte, Monsieur Poirot?«
»In diesem Fall«, Poirot zuckte die Achseln, »wird er freigesprochen werden.«
Schwester Harrison sagte langsam:
»Ich möchte Ihnen noch etwas sagen – etwas, das ich Ihnen wahrscheinlich schon früher hätte sagen sollen
Weitere Kostenlose Bücher