Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
was sie bringt. Halb verleumderische Sachen. Pikante Artikel mit Andeutungen sensationeller Enthüllungen. Manche wahr, manche ganz harmlos – aber alle sehr gepfeffert. Gelegentlich – «
Er stockte und fuhr dann mit veränderter Stimme fort: »Gelegentlich etwas mehr.«
Hercule Poirot schwieg.
»Während zwei Wochen erschienen jetzt Andeutungen von bevorstehenden Enthüllungen eines Skandals ersten Ranges in ›den höchsten politischen Kreisen‹. Erstaunliche Enthüllungen von Korruption und Missbrauch der Amtsgewalt.«
Hercule Poirot sagte achselzuckend:
»Der übliche Trick. Wenn die tatsächlichen Enthüllungen kommen, sind sie meistens eine bittere Enttäuschung für die Sensationslüsternen.«
Ferrier bemerkte trocken: »Diese hier werden sie nicht enttäuschen.«
»Wissen Sie, um welche Enthüllungen es sich handelt?«, fragte Poirot.
»Ziemlich genau.«
Edward Ferrier machte eine kleine Pause, dann begann er zu sprechen. Er umriss sorgfältig die ganze Geschichte.
Sie war nicht erbaulich. Anschuldigungen schamloser Rechtsverdrehungen, betrügerischer Börsenmanipulationen und eines groben Missbrauchs von Parteigeldern. Die Anklagen richteten sich gegen den früheren Premierminister, John Hammett. Sie stellten ihn als diebischen Schurken, als riesigen Bauernfänger dar, der seine Stellung missbraucht hatte, um ein großes Privatvermögen anzuhäufen.
Der Premierminister hielt endlich inne. Der Home Secret a ry stöhnte. Er sprudelte hervor:
»Es ist ungeheuerlich – ungeheuerlich! Diesen Perry, diesen Kerl, der das Schundblatt herausgibt, sollte man erschießen!«
»Diese so genannten Enthüllungen sollen in den X-Ray-News erscheinen?«, wollte Poirot wissen.
»Ja.«
»Welche Schritte gedenken Sie in der Sache zu unternehmen?«
Ferrier sagte langsam:
»Sie sind eine persönliche Attacke gegen John Hammett. Es steht ihm frei, Klage wegen Verleumdung gegen die Zeitung zu erheben.«
»Wird er das tun?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Ferrier sagte:
»Das wäre den X-Ray-News vermutlich das Liebste. Es wäre für sie eine ungeheure Reklame. Ihre Verteidigung würde auf berechtigte Kritik lauten, und sie würden erklären, dass der Wahrheitsbeweis erbracht werden könne für die Angaben, aufgrund derer die Klage geführt wurde. Die ganze Geschichte würde der Öffentlichkeit im grellsten Scheinwerferlicht präsentiert werden.«
»Aber wenn sie den Prozess verlieren, wäre die Schadenersatzsumme ungemein hoch.«
»Es könnte aber sein, dass sie ihn nicht verlieren«, meinte Ferrier.
»Warum?«
»Weil die Geschichte wahr ist.«
Sir George Conways Brust entrang sich ein Stöhnen. Diese unparlamentarische Offenheit schmerzte ihn. Er rief aus:
»Edward, mein Junge, wir wollen doch gewiss nicht zugeben – «
Der Schatten eines Lächelns huschte über Edward Ferriers müde Züge. »Lieber George, leider gibt es Augenblicke, wo die nackte Wahrheit gesagt werden muss. Dieser Augenblick ist jetzt gekommen.«
»Sie werden gewiss verstehen, Monsieur Poirot«, seufzte Sir George, »dass all das strengstens vertraulich ist. Keine Silbe – «
»Monsieur Poirot weiß das«, unterbrach ihn Ferrier und fuhr dann langsam fort: »Was er vielleicht nicht weiß, ist Folgendes: die ganze Zukunft der Volkspartei steht auf dem Spiel. John Hammett, Monsieur Poirot, war die Volkspartei. Er war das Sinnbild dessen, was sie für das englische Volk bedeutete – Anständigkeit und Ehrlichkeit. Niemand hat uns für genial gehalten. Wir haben Fehler begangen und Dummheiten gemacht. Aber wir haben die Tradition des guten Willens und der Ehrlichkeit verkörpert. Unsere Katastrophe ist, dass unser Hauptrepräsentant, der Ehrenmann des Volkes par excellence, sich als einer der ärgsten Gauner seiner Generation herausstellt.«
Ein neuerliches Stöhnen entrang sich Sir Georges Brust.
»Sie wussten nichts von alledem?«, fragte Poirot.
Wieder huschte ein Lächeln über Ferriers müde Züge. »Sie werden mir vielleicht nicht glauben, Monsieur Poirot, aber ich habe mich wie alle anderen täuschen lassen. Ich habe nie die abweisende Haltung meiner Frau ihrem Vater gegenüber begriffen. Jetzt verstehe ich sie. Sie kannte seinen wahren Charakter.«
Nach einer kleinen Pause sagte er:
»Als die Wahrheit durchzusickern begann, war ich entsetzt und wollte es nicht glauben. Wir bestanden auf dem Rücktritt meines Schwiegervaters aus Gesundheitsrücksichten und machten uns daran auszumisten – wenn ich so sagen darf.«
Sir
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