Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
der diese Dinge macht, es ist ein anderer, der in mich hineinschlüpft, der von mir Besitz ergreift, der mich aus einem Menschen in ein rasendes Ungeheuer verwandelt, das nach Blut lechzt und kein Wasser trinken kann…«
Plötzlich vergrub er sein Gesicht in den Händen.
Nach einer kleinen Pause fragte Poirot:
»Ich verstehe noch immer nicht, warum Sie keinen Arzt konsultiert haben.«
Hugh Chandler schüttelte den Kopf.
»Verstehen Sie es wirklich nicht? Physisch bin ich stark. Stark wie ein Stier. Ich kann Jahre leben – Jahre – zwischen vier Wänden eingesperrt! Dem kann ich nicht ins Auge sehen! Es wäre besser, ganz von der Bildfläche zu verschwinden… Es gibt immer Mittel und Wege, wissen Sie. Ein Unfall beim Putzen des Gewehres… Etwas Derartiges. Diana wird es begreifen… Ich möchte mir lieber meinen eigenen Abgang zurechtlegen!«
Er blickte Poirot herausfordernd an, aber Poirot reagierte nicht darauf.
Stattdessen fragte er gelassen:
»Was essen und trinken Sie?«
Hugh Chandler warf den Kopf zurück. Er brüllte vor Lachen.
»Alpdrücken nach verdorbenem Magen? Denken Sie daran?«
Poirot wiederholte nur ruhig:
»Was essen und trinken Sie?«
»Was alle anderen Leute auch essen und trinken.«
»Keine besonderen Medikamente, Tabletten, Pillen?«
»Du lieber Himmel, nein. Glauben Sie wirklich, dass Wunderpillen mich heilen könnten?« Er zitierte: »Könnt Ihr denn eine kranke Seele heilen?«
Hercule Poirot sagte trocken:
»Ich versuche es. Hat hier im Haus jemand ein Augenleiden?«
Hugh Chandler sah ihn sehr erstaunt an.
»Vaters Augen machen ihm viel zu schaffen. Er muss ziemlich oft zum Augenarzt gehen.«
»So!« Poirot überlegte einige Augenblicke.
Dann fuhr er fort:
»Ich vermute, Colonel Frobisher hat einen großen Teil seines Lebens in Indien verbracht?«
»Ja, er war in der indischen Armee. Er ist begeistert von Indien – erzählt viel davon – Sitten und Gebräuche der Eingeborenen und all das.«
Poirot murmelte wieder: »So!«
Dann bemerkte er:
»Ich sehe, dass Sie sich am Kinn geschnitten haben.«
Hugh führte die Hände an sein Kinn.
»Ja, ein gründlicher Schnitt. Vater hat mich eines Tages beim Rasieren erschreckt. Ich bin etwas nervös geworden, wissen Sie. Und außerdem hatte ich einen Ausschlag am Kinn und am Hals, und das erschwert das Rasieren sehr.«
»Sie sollten eine lindernde Rasiercreme verwenden«, riet Poirot.
»Das tue ich, Onkel George hat mir eine gegeben.«
Plötzlich lachte er.
»Wir sprechen wie in einem Schönheitssalon für Damen. Salben, Wunderpillen, Augenwasser. Worauf wollen Sie hinaus, Monsieur Poirot?«
Poirot erklärte gelassen:
»Ich versuche mein Möglichstes für Diana Maberly zu tun.«
Hughs Stimmung schlug um. Sein Gesicht wurde ernst. Er legte seine Hände auf Poirots Arm.
»Ja, tun Sie für sie, was Sie können. Sagen Sie ihr, dass sie vergessen muss. Sagen Sie ihr, dass es keinen Sinn hat zu hoffen… Erzählen Sie ihr einige von den Dingen, die ich Ihnen berichtet habe… Sagen Sie ihr, oh, sagen Sie ihr, dass sie sich um Himmels willen von mir fern halten soll! Das ist das Einzige, was sie jetzt für mich tun kann. Sich fern halten – und versuchen zu vergessen!«
»Haben Sie Mut, Mademoiselle? Viel Mut? Sie werden ihn brauchen.«
Diana rief heftig aus:
»Dann ist es also wahr! Es ist wahr, er ist wahnsinnig?«
»Ich bin kein Irrenarzt, Mademoiselle. Ich kann nicht sagen, ob dieser Mann verrückt ist oder normal – «
Sie kam näher zu ihm heran.
»Admiral Chandler glaubt, dass Hugh wahnsinnig ist. George Frobisher glaubt, dass er wahnsinnig ist. Hugh selbst glaubt, dass er wahnsinnig ist – «
Poirot beobachtete sie:
»Und Sie, Mademoiselle?«
»Ich? Ich sage, dass er nicht wahnsinnig ist! Deshalb – «
Sie stockte.
»Deshalb sind Sie zu mir gekommen.«
»Ja. Ich konnte keinen anderen Grund haben, zu Ihnen zu kommen, nicht wahr?«
»Das«, gab Hercule Poirot zu, »ist genau das, was ich mich selbst gefragt habe, Mademoiselle.«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Wer ist Stephen Graham?«
Sie sah ihn groß an.
»Stephen Graham? Oh – irgendjemand.«
Sie packte ihn am Arm.
»Was haben Sie im Sinn? Woran denken Sie? Sie stehen nur da, hinter Ihrem großen Schnurrbart, blinzeln in die Sonne und sagen kein Wort. Sie machen mir Angst – schreckliche Angst. Warum machen Sie mir Angst?«
»Vielleicht«, sagte Poirot, »weil ich selbst Angst habe.«
Die tiefen grauen Augen starrten zu ihm empor. Sie
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