Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
des Schweigens. »Zum Teufel, wo ist der verdammte Ausländer?«
    In der Gewehrkammer hatte Hugh Chandler sein Gewehr vom Ständer genommen und war dabei, es zu laden, als Hercule Poirots Hand auf seine Schulter fiel.
    Hercule Poirot sagte nur ein Wort, aber das sagte er sonderbar gebieterisch:
    »Nein!«
    Hugh Chandler starrte ihn an. Mit zorniger, heiserer Stimme sagte er: »Hände weg! Mischen Sie sich nicht ein. Es wird eben ein Unglücksfall gewesen sein. Es ist der einzige Ausweg.«
    Hercule Poirot wiederholte das eine Wort:
    »Nein!«
    »Begreifen Sie denn nicht, dass, wenn Dianas Tür nicht zufällig verschlossen gewesen wäre, ich Diana die Kehle durchgeschnitten hätte! Diana! Mit diesem Messer hier!«
    »Ich begreife nichts dergleichen. Sie hätten Miss Maberly nicht getötet.«
    »Ich habe aber doch die Katze umgebracht, nicht wahr?«
    »Nein, Sie haben die Katze nicht umgebracht. Sie haben den Papagei nicht umgebracht. Sie haben die Schafe nicht umgebracht.«
    Hugh riss die Augen auf. Er fragte:
    »Sind Sie verrückt oder bin ich es?«
    Hercule Poirot erwiderte:
    »Keiner von uns beiden ist verrückt.«
    In diesem Augenblick kamen Admiral Chandler und Colonel Frobisher herein, gefolgt von Diana.
    Hugh Chandler sagte leise und wie betäubt:
    »Dieser Mann sagt, dass ich nicht verrückt bin…«
    »Ich bin glücklich, Ihnen sagen zu können«, warf Poirot ein, »dass Sie geistig vollkommen normal sind.«
    Hugh lachte. Er lachte so, wie Wahnsinnige angeblich lachen.
    »Das ist verdammt komisch! Ist es normal, Schafen und anderen Tieren die Hälse durchzuschneiden? Ich war normal, nicht wahr, als ich den Papagei umbrachte und die Katze heute Nacht?«
    »Ich sage Ihnen, Sie haben die Schafe nicht umgebracht, auch den Papagei und die Katze nicht.«
    »Wer hat es denn getan?«
    »Jemand, dessen einziges Sinnen und Trachten darauf gerichtet war zu beweisen, dass Sie wahnsinnig sind. Jedes Mal hatte man Ihnen ein starkes Schlafmittel gegeben und ein blutbeflecktes Messer oder Rasiermesser neben Sie gelegt. Es war ein anderer, dessen blutige Hände in Ihrem Waschbecken abgewaschen wurden.«
    »Aber warum?«
    »Damit Sie das tun, was Sie eben im Begriff waren zu tun, als ich Sie daran hinderte.«
    Hugh starrte ihn entgeistert an. Poirot wandte sich an Colonel Frobisher:
    »Colonel Frobisher, Sie haben viele Jahre in Indien gelebt. Sind Ihnen nie Fälle vorgekommen, wo Leute durch Verabfolgungen von Rauschgiften schließlich zum Wahnsinn getrieben wurden?«
    Frobisher blickte interessiert auf.
    »Ich habe selbst nie einen solchen Fall gesehen, aber ich habe oft davon sprechen hören. Datura-Vergiftungen. Sie enden mit Wahnsinn.«
    »Eben. Nun, der wirksame Bestandteil von Datura ist nahe verwandt, wenn nicht identisch, mit dem Alkaloid Atropin – welches auch in Belladonna oder tödlichen Nachtschattengewächsen enthalten ist. Belladonnapräparate sind ziemlich gebräuchlich, und Atropinsulfat wird bei Augenleiden verschrieben. Wenn man ein Rezept wiederholen und an verschiedenen Orten machen lässt, kann man sich eine große Menge des Giftes verschaffen, ohne Verdacht zu erwecken. Man kann die Alkaloide extrahieren und – sagen wir – einer Rasiercreme beimengen. Äußerlich angewendet verursacht es einen Ausschlag, der beim Rasieren zu Hautabschürfungen führen muss, und so dringt das Gift ständig in den Organismus ein. Es erzeugt gewisse Symptome – Trockenheit in Mund und Hals, Schluckbeschwerden, Halluzinationen, doppeltes Sehen – kurz, alle Symptome, die bei Mr Chandler auf getreten sind.«
    Er wandte sich an den jungen Mann.
    »Und um Ihnen die Zweifel zu nehmen, will ich Ihnen sagen, dass dies keine Vermutungen sind, sondern Tatsachen. Ihre Rasiercreme war stark mit Atropinsulfat ve r mengt. Ich habe eine Probe genommen und sie untersuchen lassen.«
    Bleich und zitternd fragte Hugh:
    »Wer hat das gemacht? Warum?«
    »Das beschäftigt mich, seit ich hier angekommen bin. Ich habe nach einem Motiv für einen Mord gesucht. Diana Maberly hätte durch Ihren Tod finanziell profitiert, aber ich habe sie nicht ernstlich in Erwägung gezogen – «
    Hugh Chandler brauste auf:
    »Das will ich hoffen!«
    »Ich fasste ein anderes Motiv ins Auge. Das ewige Dreieck. Zwei Männer und eine Frau. Colonel Frobisher war in Ihre Mutter verliebt. Admiral Chandler hat sie geheiratet.«
    Admiral Chandler rief aus:
    »George! George! Ich kann es nicht glauben!«
    Hugh fragte ungläubig:
    »Glauben Sie, dass Hass sich –

Weitere Kostenlose Bücher