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Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
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Interessen der Wirtschaft.
    Diese Gedanken brachten mich zu dem Schluss, dass wir auch in Deutschland eine Kampagne brauchen. Und wenn sich der Staat nicht berufen fühlt wie in England, dann vielleicht ein Bündnis von Verbänden? Wir heuerten ein Team von Rechercheuren und Campaignern an und stellten unsere Idee vor – bei Greenpeace in Hamburg, bei Oxfam in Berlin und dem Bundesverband Deutsche Tafel. Später folgten der Evangelische Entwicklungsdienst, die Welthungerhilfe, der Deutsche Naturschutzring, der BUND für Umwelt und Naturschutz, Slow Food und viele andere. Meist mit Erfolg: Den Ökoaktivisten musste man nicht lange erklären, welch gigantisches Einsparpotenzial sich hier verbirgt. Der Greenpeace-Agrarexperte Jürgen Knirsch brachte das Thema auf den Punkt: »Es geht um Effizienz – genauso wie beim Energiesparen.«
    Etwas zögerlich reagierten anfangs einige Dritte-Welt-Hilfsorganisationen, vielleicht wegen der Befürchtung, wir würden unsere Lebensmittelverschwendung zum Hauptgrund für den weltweiten Hunger erklären. Nein, das ist sie nicht. Aber sie ist eine absolut skandalöse Verbindung zwischen unserem Lebensstil und dem Hunger andernorts. Die Menschen sollten davon wissen. Es wird ihr Handeln verändern.

[Menü]  
    Von krummen Gurken und Herzkartoffeln
    Als Kameramann oder, wie es modern heißt, »Director of Photography«, fragte ich einen Bildkünstler, mit dem wir bereits Spielszenen gedreht hatten: Roland Breitschuh. Er sagte direkt zu, auch wenn diesmal weder Licht- noch Kamerawagen zum Einsatz kommen sollten, sondern eher eine bewegliche, leichte Ausrüstung. Wir waren uns schnell darüber einig, dass wir ein visuelles Konzept brauchen, das die vielen Drehorte zusammenbindet. Wir wollten auf vier Kontinenten drehen, um zu zeigen, dass es sich um ein globales Problem handelt. Lange überlegten wir, ob wir einen Hauptprotagonisten brauchen. Bis sich schließlich die Erkenntnis durchsetzte, dass wir ja schon einen Hauptprotagonisten haben: das Essen.
    Unstrittig war auch, dass wir nicht anderthalb Stunden Müllberge zeigen wollen. Schließlich geht es letzten Endes um die Wertschätzung für unser Essen, also etwas Schönes, dessen Ästhetik auch gezeigt werden soll. Dem kam entgegen, dass ich auf Reisen ein neues Land gerne über dessen kulinarische Traditionen entdecke. Auch Kameramann Roland und Tonmann Ralf Gromann, der Dritte im Bunde, entpuppten sich als Genussmenschen, die gerne essen.
    Wenn wir mal ein besonders schönes Mahl zubereitet bekamen, durfte man es nicht direkt anrühren – Roland fotografierte den Teller immer im unberührten Zustand. Kein Wunder – seine berufliche Laufbahn begann er als Food-Fotograf.
    Als Kameramann muss man hin und wieder an Stellen sein, an denen auch ein Schutzanzug nicht mehr viel hilft. Da war ich aber bei Roland sehr am Zweifeln: Die Haare stets in tadellosem Zustand, trägt gerne blendend weiße Hemden – wird er bereit sein, in eine Mülltonne zu steigen? Schnell begriff ich, dass man, um den Ekelfaktor zu zeigen, nicht unbedingt mitten im Schmodder wühlen muss, manchmal sind es die Details, zum Beispiel die dunkelbraune Brühe, die aus dem Container tropft, die viel mehr aussagen.
    Aber zunächst mussten wir erst einmal Mülltonnen finden, an denen wir drehen durften. Das war gar nicht so einfach, zumindest in Deutschland nicht. Ein Supermarkt behauptete frech, sie würden alle Reste der Tafel geben. Das können wir gerne filmen. Von den Angestellten erfuhren wir dann unter der Hand, dass die Tafel am Drehtag den Supermarkt zum allerersten Mal angesteuert hat.
    Auch bei anderen Märkten, die regelmäßig von der Tafel angesteuert werden, bleibt vieles übrig und landet im Container – etwa weil die Tafel nicht täglich kommt oder weil sie nicht alles brauchen. Also müssen die Angestellten die Lebensmittel in die Tonne werfen – aber filmen dürfen wir sie dabei nicht. Die größten Discounterketten gehen noch weiter und lassen grundsätzlich keine Kamerateams in ihre Märkte.
    Keine der Supermarktketten wollte Zahlen herausgeben. »Wir haben keine Statistik darüber«, war die Standardantwort der Pressestellen. Dabei wissen sie genau, wie viel entsorgt wird, denn alle Ware wird beim Eingang gescannt und ebenso an der Kasse. Die Differenz ist der Müll – vielleicht abzüglich einer kleinen Menge gestohlener Ware.
    Wir fragten das Statistische Bundesamt. Zahlen über Lebensmittel im Müll – Fehlanzeige. Es gibt zwar die

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