Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
Vom Netzwerk:
musste...«
    Ivonne ließ sich auf
das hummerrote Sofa fallen und bot Liliane die restliche Cola an.
    »Und dann noch das
Ding mit dem warmen Bruder!«, kicherte sie und Liliane prustete ihr einen
Schwall Cola ins Gesicht. Sie fielen beide zu Boden, lachten und kicherte und
kaum hörte die eine auf, fing die andere wieder, an und die Cola verursachte
glucksende Geräusche im Magen und Ivonne bekam einen heftigen Schluckauf, so
dass sie noch mehr lachen mussten! Keuchend griff Liliane nach der Sessellehne
und hievte sich in den Ohrensessel:
    »Siehst du, was ich
meine? Die einzige Methode, um mit Hubbsi leben zu können, ist die, sich
permanent und konstant über ihn lustig zu machen! Besser wäre es allerdings
noch, ihn verschwinden zu lassen. Gleich morgen sollte er mit seinem hässlichen
Opel im Straßengraben landen, das Gesicht voller Splitter von der
Windschutzscheibe, einen Laternenpfahl in der Brust. Oder so ähnlich.«
    Ivonne hickste und
dachte nach.
    »Aber das mit
Martin…«, wandte sie zögerlich ein und beobachtete ihren Zeigefinger, der sich
in den Hals der leeren Colaflasche bohrte, « das kann man doch nicht weglachen,
da ist nichts dabei, was komisch wäre.«
    »Mmmh, das stimmt.
Deshalb ist die Lösung, dass er endlich verschwindet, sich in Luft auflöst,
einen fiesen Unfall hat, die einzig wahre.«, grunzte Liliane. »Ach, der olle,
kleine Stinker.«  
    Es blieb ungeklärt,
ob sie mit diese Bezeichnung ihren Stiefvater, der nicht besonders groß und
Schuhe mit erhöhten Absätzen trug, oder ihren Bruder meinte.
    Hubert Piskunov
prüfte die automatische Außenbeleuchtung, die durch eine selbst eingebaute,
trickreiche Lichtschranke in Gang gesetzt wurde, ließ im Erdgeschoss überall
die Rolläden hinunter, ging ums Haus und testete, ob sie sich auch nicht von
außen hochschieben ließen, pinnte im ganzen Haus farbige Zettel mit Notfallnummern
an und beschwor die Mädchen, nie, nie, niemals die Tür zu öffnen. Seine Frau
hatte schon längst die Jungen zu Bett gebracht und wartete im Flur, während sie
ohne Unterlass an ihrem straff gezogenen Dutt fingerte. Endlich war Herr
Piskunov soweit, übergab Liliane mit knappen, bedeutungsschweren Worten die
Verantwortung für Haus, Hof und Hintersassen und steuerte seine Frau am
Ellbogen aus dem Haus.
    Die Mädchen sahen
sich an und atmeten erleichtert auf. Sie rasten in Lilianes Zimmer und Liliane
stieg auf einen Stuhl, griff nach einer mit Monchichi-Aufklebern geschmückten
Schachtel und – Ivonnes Augen weiteten sich, sie konnte es kaum fassen – nach
einer Flasche Sekt, und während Liliane fachmännisch am Verschluss hantierte,
überkam sie ein erwachsenes, verruchtes Gefühl, eine Pistolera auf dem
Weg an den Rand der Gesellschaft, oder: Eine Saloonbesitzerin, auf einer
breiten, roten Chaiselongue, hingegossen wie Wachs, perlendes Lachen, Leben und
Champagner! Versuchshalber legte sie die Arme auf die Lehne und räkelte sich
auf dem hummerroten Sofa.
    »Zappel nicht so! Du
machst noch die Sprungfedern kaputt, du Wackelpudding!«  
    Ivonne setzte sich
aufrecht im Schneidersitz hin und wiegte sich leicht vor und zurück. Doch
lieber ein in die Flammen starrender Cowboy!
    Routiniert zerrte
Liliane am Korken und ließ ihn mit begeistertem Quietschen gegen die Decke
zischen. Hastig warf sie den Kopf in den Nacken und hielt sich die
überschäumende Flasche über den sperrangelweit geöffneten Mund.
    »Aaaaaaaaaaaaaah, das
tut gut!«
     Mit dem
Handrücken wischte sich Liliane die tropfenden Lippen ab und reichte Ivonne die
Flasche. Ein herrliches, weiches Kribbeln rann Ivonnes Kehle hinunter und
breitete sich in Windeseile bis in ihre Finger- und Zehenspitzen aus. Es war
schöner, es war aufregender und verworfener als das Glas Sekt, dass es zu
Weihnachten und Sylvester gab, es war gar kein Vergleich, als hätte sie noch
nie einen Schluck getrunken.
    Sie dachte an die
Wodkaflaschen ihres Vaters. Ging es darum, um dieses warme, erleichternde
Gefühl? Hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben eines der merkwürdigen,
unverständlichen Erwachsenen-Geheimnisse gelöst? In ihrem Bauch breitete sich
eine wohltuende Wärme aus und schon schien ihr Hubbsi Piskunovs Ausbruch bei
Tisch nicht mehr ganz so grässlich, die Erinnerung an die roten Flecken, die
seine beutelnden Finger auf dem zarten Kindernacken hinterlassen hatte, weniger
belastend, ein freundliches Vakuum im Kopf.
    Liliane nahm die
Flasche wieder an sich und fischte eine Papprolle aus der

Weitere Kostenlose Bücher