Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
in
Bütte-Erkenroytz, viel eher schien es so, als seien die wenigen, die es gegeben
hatte, seit Jahren ausgestorben, aber denen hatte Frau Weinwurm die Meinung
gegeigt, wenn sie sie in der schmalen Einkaufsstraße von Bütte getroffen hatte,
da kannte sie kein Erbarmen! Und wenn in Bütte-Erkenroytz ein Kaninchen- oder
Biberrattenfell ihr Blut in Wallung brachte und sie nach Gerechtigkeit dürsten
ließ, dann, so murmelte Frau Weinwurm vor sich hin, während sie zehn Cent
Trinkgeld sorgfältig neben ihren Eisbecher legte, dann war ihr Einschreiten
umso mehr gefragt, wenn eine Tusnelda mit einer mindestens fünfköpfigen
Leopardenfamilie am Leib an ihr vorbeistolzierte!
Frau Weinwurm
schnallte ihren Rucksack auf und stolperte in die promenierende Menschenmenge.
Sie sah das hochtoupierte Haar der Frau wie einen Helm über den Leuten schweben
und fixierte ihn als Leitstern ihrer Verfolgungsjagd. Bis zu den Schadow-Arkaden
hatte sie sie fest im Visier, doch dann lenkte ein flauschiger, hellblauer
Bademantel, getragen von einem riesigen Stoffbären in einem
Bade-Accessoire-Laden - oh, himmlisch, abends auf der Couch, Gürtel lose,
all der Flausch auf meiner Haut und Rio Bravo im Spätprogramm! - sie kurz
ab und als sie wieder die wimmelnden Arkaden hinunterblickte, war die
Helmträgerin mit den massakrierten Leoparden verschwunden.
Erschöpft lehnte sich
Frau Weinwurm neben einen Geldautomaten und betrachtete die Menge in der
Hoffnung, dass das Paar wieder zurückkäme.
Sie erstarrte.
Entsetzt riss sie die
Augen auf, denn, alle Wetter, wieso hatte sie dies nicht vorher bemerkt, auf
der Kö musste es doch auch schon so gewesen sein!
Panter! Zobel!
Ozelot! Nerz, Füchse und winzige Hasen tanzten vor ihren Augen, bauschige,
lange Mäntel, geraffte Jacken, hohe Mützen über glitzernden Diamantohrringen,
kecke Stirnbänder auf faltenfreien, straffgespannten Stirnen, Fellstücke,
Tierhaut, blutige Eingeweide, nackte, weggeworfene Tierleichen, erschrockene
Murmelaugen, witternde, angstgeweitete Leopardennasen!
Frau Weinwurm brach
der Schweiß aus, ihr wurde übel, und sie stakste eilig nach draußen, zurück zur
Kö.
Schnaubend blieb sie
stehen, sah sich um, wild dengelte ihr Kopf nach rechts und links, und auch
hier war es nicht anders, und sie ballte die Fäuste vor Wut, knirschte mit den
Zähnen und maßregelte sich, dass sie dies vorhin nicht gesehen hatte in ihrer
übermütigen Touristenlarifari-Stimmung, oh welch wankelmütiges, trügerisches
Ding war doch die Wahrnehmungsgabe, aber nun saß sie fest im Sattel, den Blick
fest auf den Horizont geheftet, nun sah sie klar und würde zum großen Halali
blasen!
Sie stürmte weiter,
wollte sich die nächstbeste Pelzträgerin vornehmen, als ihr Blick auf die
Auslage eines Kiosks fiel. Hubba Bubba! All die Jahre hatte sie diese schrill
bunte Verpackung nicht mehr gesehen, wie ulkig, ausgerechnet hier in Düsseldorf
fand sie den Kaugummi, den sie den Mädchen im Kaffgymnasium immer hatte kaufen
müssen ohne selbst jemals einen abzubekommen, nie wurde ihr eines der großen
quadratischen Stücke angeboten. Hubba Bubba, nach all der Zeit.
»Es ist doch außerdem
Frühling, oder?« Frau Weinwurm zählte der Verkäuferin den exakten Betrag in
Fünf- und Zwei-Cent-Stücken auf den Tresen. »Die Sonne lacht, es ist warm und
diese sogenannten Damen, pfff, dass ich nicht lache, tragen immer noch Pelz,
ist das nicht unglaublich?«
»Och, das ist hier
immer so, wissen Sie, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Pelz ist immer in.
Hätte gerne selbst einen, wenn sie mich fragen.«
Empört raffte Frau
Weinwurm ihre fünf Hubba-Bubba-Packungen an sich und verließ den Kiosk ohne
Abschiedsgruß. Draußen betrachtete sie die Packungen, drehte sie hin und her
und entschied sich für die violette. Was für herrlich dicke, runde Blasen die
Mädchen damals damit gemacht hatten, pink und grün und sogar blau, knallende,
gigantische Blasen, größer und bunter als alle anderen Kaugummisorten,
gigantischer als alles, was Herr Weinwurm bei seiner Bubble-Bath-Serie Anfang
der Neunziger entwickelte, ein Flop im Übrigen, einer von vielen, die die
Geschäftsführung von »Creamy Splash« schlussendlich veranlasste, ihren
langjährigen Mitarbeiter mit einer Retro-Ausgabe seines größten Erfolges, der
»Drei-Engel-für-Charlie«-Serie in den vorzeitigen Ruhestand zu verabschieden.
Frau Weinwurm steckte
einen Kaugummi in den Mund und kaute andächtig, die süße, klebrige Masse
verteilte sich zwischen
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