Die Ewigen
Miene behaupten. Wahrscheinlich hat Shara damit gerechnet, dass ihr Schwimmhäute oder Flügel wachsen, dachte ich, nur mangelhaft unterstützt durch mein erneut leicht gummiartiges Gehirn, und jetzt ist sie froh, dass sie auch als Lichtgestalt problemlos in der grauen Masse der Menschen untertauchen kann. Die gummiartige Masse befürchtete, die Prinzessin könne genau das tun, gehen und einfach weg sein, und schauderte ein bisschen angesichts dieser Vorstellung, aber ich war da ein bisschen optimistischer.
Shara An diesem Abend bekam ich zum ersten Mal eine SMS, in der ich gefragt wurde, ob ich kurz Zeit hätte: Sie kam gegen elf Uhr von Andreas, und als ich mit 'Ja' antwortete, stand er kurz drauf mit Ciaran vor meiner Tür. Natürlich war Jackson bei mir: Wir hatten auf dem Sofa gelegen und in glücklichem Halbschlaf irgendeine Krimi-Serie geschaut, bei der schnelle Schnitte, Hightech-Geräte und düstere Räume über die äußerst schwache Story hinwegtrösten sollten. Nach der durchwachten Nacht und der Fahrt nach Mailand (Jackson) beziehungsweise einem Termin im Krankenhaus und Nachhilfe mit Davide (ich) waren wir beiden ziemlich kaputt. Jackson streichelte mir träge den Rücken, als wäre ich eine der glücklichen Katzen, die ich jetzt mit einer schönen Spende über ihre sinnloses Schoßtier-Leben hinweg trösten konnte, ich hatte den Kopf auf seinem Arm abgelegt und betrachtete im flackernden Licht des Fernsehers seine schlanken, ruhigen Finger – an einem würde bald ein Ehering glänzen, ein nach wie vor etwas befremdlicher Gedanke.
Andreas und Ciaran nahmen auf dem Sofa Platz, beide schüttelten synchron den Kopf, als Jackson anbot, er könne uns gern allein lassen. Ich holte Gläser und goss ihnen einen Schluck Rotwein ein - auf meine Frage, ob ich wohl aus der Küche eine Flasche nehmen könne, hatte mir Ciaran eine ganze Sammlung nach oben gebracht, inklusive einer genauen Erklärung über die passende Gelegenheit für jede Flasche. Da dieser Vortrag auf Italienisch erfolgt war, hatte ich nur die Hälfte verstanden, und überfordert nach einem längeren Studium der Etiketten am Abend einen aufgemacht, der angeblich für alle Anlässe passend sein sollte (wenn mich denn mein lückenhaftes Italienisch und mein ebenso wenig verlässliches Gedächtnis nicht total getäuscht hatten). Ciaran zuckte zumindest nicht mit der Wimper, als er die Flasche sah, und das war ja schon mal etwas - vielleicht aber auch nur seine übliche Höflichkeit in Paarung mit viel Selbstbeherrschung angesichts der Tatsache, dass ich ihnen da gerade nonchalant einen fünfhundert Euro-Tropfen servierte.
Andreas und Ciaran nippten an ihrem Wein, ich setzte mich und wartete auf ihre Eröffnung.
"Mit Davides Studienplatz sieht es gut aus", sagte Ciaran schließlich.
"Medizin?", fragte ich, er nickte lächelnd.
"Ja, in Rom. Es ist eigentlich schon ein bisschen zu spät, die Einschreibefristen für das Wintersemester sind schon vorbei, aber es gibt da eine Organisation, die eine bestimmte Anzahl von Plätzen an besonders geeignete Abiturienten vergibt, die sonst nicht studieren könnten. Er wird an ein paar Gesprächen und Prüfungen teilnehmen müssen, mit denen die Kandidaten getestet werden, aber das dürfte zu schaffen sein. Er steht jetzt auf deren Liste, und von den zehn Leuten darauf nehmen sie acht."
"Und wer finanziert ihm das Studium - offiziell?", fragte Jackson, Andreas gab die Betrachtung des im Glas kreisenden Rotweins auf und antwortete ihm.
"Eine kirchliche Organisation wird ihm ein Stipendium zahlen. In Wirklichkeit leiten sie unser Geld an ihn weiter, damit die Familie nichts merkt. Er wird natürlich in unserem Haus wohnen, damit ist er rundherum versorgt."
"Weiß er es schon?"
Ciaran schüttelte den Kopf. "Nein, wir wollten erst mit Shara reden. Wir müssen einen Zeitplan für Davides Initiierung machen, und der hängt an ihren Zukunftsplänen."
"Und: Er muss mindestens eine glatte Zwei im Abitur machen, drunter kommt er nicht vor die Prüfungskommission, egal wie viel wir zahlen. Schafft er das?"
"Er hat so seine Probleme in Deutsch und Englisch", antwortete Jackson auf die Frage von Andreas, "aber nicht so schlimm, dass ihm das den Abschluss total verderben könnte. Shara macht mit ihm Deutsch, ich Englisch, Ffion zur Sicherheit Mathe – er ist klug und er lernt schnell."
Andreas nickte. "Gut, hoffen wir das Beste. Was die Planung angeht: Die Abitur-Prüfungen sind in etwa einem Monat, das Ergebnis
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