Die Ewigen
kein Licht, es kam nur Dunkelheit. Die Klinge war eiskalt, der Schmerz brennend heiß - ich starrte ungläubig auf den goldenen Griff, der aus meiner Brust heraus ragte und meine Augen wollten nicht registrieren, was mein Körper schon wusste. Der Priester ließ meinen Hals los, meine Lunge schnappte gierig nach Luft, meine Beine versagten ihren Dienst und ich ging in die Knie, konnte mich gerade noch mit einem Arm abstützen, damit ich nicht auf den Boden knallte. Der schöne Griff der alten Waffe schimmerte unschuldig und sanft im matten Licht, ich legte meine Hand darum herum: Er gehörte da nicht hin, er musste da raus. Ich hatte das Schwert aus dem Stein ziehen können, warum dann nicht auch diesen Dolch aus meiner Brust? Weg, nur weg mit diesem Stahl in meinem schreienden Fleisch! Ich verstärkte den Griff um den Dolch und versteifte mich schon in Erwartung der Schmerzen, die ich mir selbst würde zufügen müssen, doch dann hörte ich irgendwas: Schritte und Stimmen, jemand rannte, der drohende Schatten über mir verschwand.
"Shara!"
Ich hob mit Mühe den Kopf und sah Jackson auf mich zu kommen, Magnus hinter ihm - zu spät, dachte ich, ihr kommt zu spät, aber ich konnte nicht nach euch rufen, so sehr ich auch wollte. Jackson griff unter meine Arme und zog mich hoch, stütze mich an seiner Schulter ab. Ich spürte die ungewöhnliche Wärme, die von seinem Körper ausging: Er drückte mich an sich und ich konnte meinen Blick nicht von seinem Gesicht abwenden - auch wenn es von einer mir unverständlichen Angst gezeichnet war, war es immer noch das schönste Gesicht, das ich jemals gesehen hatte. Wovor hast du Angst, wollte ich ihn fragen, weil ich ihn so nicht sehen wollte, weil ich hoffte, ihm seine Angst irgendwie nehmen zu können, aber ich brachte keinen Ton aus meiner zerquetschten Kehle heraus: Jeder noch so schwache Atemzug schien mir die stahlharte Klinge noch tiefer in die Brust zu treiben, jede noch so kleine Bewegung schickte pulsierende, heiße Wellen des Schmerzes durch meinen Körper.
"Bleib ganz ruhig", flüsterte Jackson mir zu, "beweg dich nicht, dann tut es weniger weh. Andreas und Ciaran sind gleich da, sie werden dir helfen. Ciaran ist Arzt, das weißt du doch, oder?"
Ich wollte für ihn nicken, doch die Klinge erstickte auch diese Zustimmung mit schneidendem Schmerz und ließ meine Lider erschöpft und kraftlos zufallen, als er wieder zu dem anhaltenden, aber vergleichsweise erträglichen Beißen abklang.
"Shara, mach die Augen auf. Sieh mich an."
Jacksons Stimme war leise, aber drängend, und ich tat ihm den Gefallen gern, auch wenn es mich erstaunlich viel Mühe und einiges an Konzentration kostete: Seine Augen waren mir noch nie so nah gewesen, und ihr Anblick war tausendmal schöner als die zuckenden Blitze des Schmerzes, die meine geschlossenen Lider boten.
"Du hast es gleich geschafft", flüsterte er weiter, "jetzt bist du in Sicherheit."
Ich wollte ihm gern glauben, wollte auf das hören, was diese angenehme Stimme da sagte, aber ich wusste auch, dass das Jetzt eigentlich egal war: was vor ein paar Minuten geschehen war, hätte verhindert werden müssen. Obwohl: Nein, ganz egal war das Jetzt nicht, denn das Jetzt war bei Jackson, war in Jacksons Armen - ja, er hatte Recht, jetzt war ich tatsächlich in Sicherheit, jetzt war ich tatsächlich da, wo ich immer hingewollt hatte, wenn auch viel zu spät.
Ein schwarzer Schatten fiel auf mich, ich zuckte erschrocken zusammen und stöhnte gequält, als sich die Klinge erneut in frisches, noch unberührtes Fleisch schob.
"Das ist Magnus", besänftigte mich Jackson, "das ist nur Magnus, sonst ist niemand mehr hier."
Er hielt inne, dann zischte er ein paar leise Worte zu dem hoch aufragenden, schwarzen Schatten herüber. Ich wollte nicht, dass Jackson wegsah, ich wollte mich an seinen Augen festhalten - Panik stieg in mir hoch, durchzuckte meinen Körper noch schlimmer als der Schmerz es tat. Als hätte Jack meine Not gespürt, drehte sich sein Kopf wieder zu mir herum. Er strich mir die Haare aus der Stirn, seine Finger glitten mir liebevoll und warm über die Wangen, ließen mich vor Freude erschauern und sofort darauf vor Schmerzen aufstöhnen, war doch auch schon das zu viel Bewegung gewesen.
"Shara, du musst wach bleiben, das ist jetzt ganz wichtig. Hörst du? Bleib bei mir, mach die Augen nicht zu, sieh mich immer nur an", flüsterte er, und als er mich näher an sich zog, spürte ich nun endlich seine Locken auf meiner Haut:
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