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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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letzten Seitenstraße rechts schließlich sah ich ein Häufchen Stoff auf dem Boden liegen: Es war die schwarze Soutane, die Drake getragen hatte, von ihm selbst war weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Shara Mein Atem ging jetzt merklich schneller, ich japste geradezu nach der Luft, die meine Lunge nicht mehr aufnehmen konnte. Ich wollte den Dolch raus haben, ich wollte das Blut aus meinen ertrinkenden Lungen fließen lassen, sehnte mich nach dem zu erwartenden Gefühl der Leichtigkeit, doch Jackson hielt meine Hände noch immer fest, und sprechen, ihn darum bitten, mich das tun zu lassen, was getan werden musste, konnte ich nicht mehr.
    Er zog mich noch weiter hoch, was ein bisschen half - doch ich ahnte, dass das Blut in der Lunge mit jedem Atemzug ansteigen würde wie ein Flusspegel bei Hochwasser. Ich spürte die Panik in leichten Wellen näher kommen, zusammen mit der ebenso unaufhaltsamen Flut aus Blut - ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben reine, echte Todesangst, sah mich mit einer Leere und Schwärze konfrontiert, die mich lähmte und die ich fürchtete, wie ich noch nie zuvor etwas gefürchtet hatte: Das war Angst um mein pures Leben, um die reine Existenz, um meine zuckenden Gedanken, um mein noch warmes Fleisch. Ich spürte, dass mir Tränen die Wangen herunter liefen und schämte mich selbst für meine Feigheit: Sollte man nicht in Würde sterben? Sollte man nicht aufrecht dem Unausweichlichen in die Augen schauen? Ich schloss meine Augen - aufrecht ging ohnehin nicht mehr, da waren die geöffneten Augen auch nicht mehr weiter wichtig. Jackson strich mir über das Gesicht und redete auf mich ein, aber ich war nun einfach zu müde, um zu reagieren oder auch nur den Sinn seiner Worte zu verstehen. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, ihm zu sagen, wie dankbar ich ihm war, dass er bei mir blieb, dass er vor meinem jämmerlichen Zustand nicht zurückschreckte, dass er so zart, fast schon zärtlich war und dass er sich alle Mühe gab, mich abzulenken von dem, was unausweichlich war und was jetzt alles andere aus meinen Gedanken verdrängte: Meinem Sterben. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem, um damit den Tod noch ein wenig auf Abstand zu halten, um ihm noch ein paar zimtige Minuten oder wenigstens Sekunden abzutrotzen, doch jeder zuckende Atemzug, den ich meiner ertrinkenden Lunge mit Gewalt abtrotze, versetzte die Klinge in Bewegung: Ich würde entweder an meinem eigenen Blut ersticken oder mich selbst zerschneiden - die Frage lautete also nicht mehr ob, sondern lediglich wie ich sterben würde. Samstag eine Kirche und ein Schwert, Mittwoch eine Kirche und ein Dolch: Der Kreis schloss sich, ich überließ mich der Dunkelheit.
    Magnus

Aus der Pieta in der Kirche war mittlerweile eine kleine Gruppe geworden: Andreas und Ciaran waren angekommen und beugten sich über Shara und Jack. Wieder gingen ihre Worte in meinen schnellen, hallenden Schritten unter, bis ich direkt neben ihnen stand.
    "Ich nehme sie jetzt, Jack", sagte Ciaran gerade und schob einen Arm unter Sharas Schultern.
    Sie hatte die Augen geschlossen, war womöglich noch bleicher geworden - das dunkle Blut leuchtete schrecklich grell auf ihrer marmorweißen Haut, und erst nach ein paar eiskalten Schrecksekunden nahm ich ein schwaches Zucken in ihrem so unglaublich regungslosen und leeren Gesicht wahr. Sie lebte - noch. Jack saß da wie eine Statue, umklammerte sie und bewegte sich keinen Millimeter, atmete nicht, blinzelte nicht. Er starrte auf Shara hinab und ich fragte mich, ob er überhaupt mitbekommen hatte, dass endlich Hilfe gekommen war, dass endlich ein Arzt da war.
    Ciaran legte ihm die Hand auf den Arm, schüttelte ihn leicht.
    "Jack, bitte. Ich muss mir die Wunde ansehen, und das geht so nicht. Ich tue ihr nicht weh, versprochen."
    Seine Worte verhallten, Jack rührte sich nicht.
    "Magnus."
    Ich sah zu Andreas, der wies mit dem Kopf auf Jack. "Bring ihn weg. Sofort."
    Ich nickte und griff meinem alten Freund unter den Arm. "Komm weg da, sonst kann Ciaran ihr nicht helfen."
    Er stieß meine Hand weg, achtlos, aber durchaus fest, den Blick immer noch auf Sharas lebloses Gesicht gerichtet.
    "Jack, verdammt!"
    Ich stellte mich hinter ihn und riss ihn mit einer einzigen Bewegung und all meiner Kraft hoch: Er war schwer, aber ich war stärker. Ciaran fing Shara auf und legte sie sanft auf den Boden, ein schauriges Kratzen der aus ihrem Rücken herausragenden Klinge auf dem Steinboden jagte mir eine Gänsehaut über den Körper.

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