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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
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keine Freude bereitet und der durch den Stachel der Eifersucht hervorgerufen wird.
     
    Wobei – das Kind – es kann nicht sein. Es müsste das Blut beider Linien in sich tragen. Und sie ist Jennifers Kind. Oder hat die Kutte selbst – nein, das macht keinen Sinn. Doch wer sonst könnte…? Langsam keimt ein Verdacht in ihr auf, und sie muss sich beherrschen, um sich nicht zu verraten.
     
    ‘Du glaubst, dass sie zum Schlüssel werden kann, nicht wahr? Dass sie dich zum dritten Siegel führen kann.'
     
    'Ja.‘
     
    Und ich nicht, denkt Catherine. Nur warum?
     
    ‚Weil Du dem Teil deiner selbst entsagt hast, der dich mit den Lebenden verbindet.‘
     
    ‚Und sie hat das nicht getan.‘
     
    ‚Noch nicht. Doch sie wandelt auf einem schmalen Grat.‘
     
    Catherine nickt.
     
    'Ich verstehe. Nur – was wirst Du tun, wenn sie zu schwach ist? Oder ihre Menschlichkeit schließlich doch verliert?'
     
    'Nichts. Denn dann wird sie untergehen.'
     
    Fast vermeint Catherine in der Schwärze, wo das Gesicht der Kreatur sein sollte, ein Lächeln zu erkennen, doch es kann auch eine Täuschung sein.
     
    'So soll es sein', sagt sie.
     
    'Ja. So soll es sein.'
     
    Wieder dieser stechende Blick aus der augenlosen Finsternis. Als wenn das Wesen ihre geheimen Gedanken lesen würde. Tust du es jetzt, denkt sie? Nein! Wäre es so, du würdest mich hier und jetzt vernichten.
     
    'Überlege dir gut, welche Entscheidung du triffst. Denn du wirst es sein, die sich zu verantworten hat. Sowohl vor mir als auch vor dem Gesetz.'
     
    Die Stimme der Kutte hallt ein letztes Mal durch Catherines Kopf. Sie will noch etwas erwidern, doch dort, wo noch eben ihr Schöpfer stand, herrscht nur noch Leere.

 
Engel / 12
     
    Es ist kurz vor Morgengrauen, als Frank die Stufen zu seiner Zuflucht hinuntersteigt. Eine Nacht wie so viele andere auch. Er schaut sich noch einmal um, gibt den Code für die Stahltür ein, berührt den Knauf – und zieht einmal tief Luft ein. Jemand war hier. Ein Mensch? Nein, das ist -
     
    Sie. Sie ist hier. Ihr Geruch. Dieser Duft, der immer noch fast unmerklich in der Luft schwebt. Dieses ganz spezielle Parfum des Todes, das er nie vergessen wird. Mit einem schnellen Ruck öffnet er die Tür, die lautlos nach innen schwingt, und betritt mit einem weiten Schritt den nur von einer nackten Glühbirne notdürftig erleuchteten Raum.
     
    'Wen haben wir denn da? Hallo Cat! Was verschafft mir die Ehre?'
     
    'Ich hasse es, wenn man mich so nennt. Du weißt das.'
     
    Catherines Augen scheinen Eispfeile zu verschießen, was Frank mit einem Grinsen quittiert.
     
    'Oh. Entschuldige. Wie konnte ich das nur vergessen. Warte, lass mich mal raten - wohl genauso, wie du es vergessen hast, dass ich es hasse, wenn man unangemeldet und ohne meine ausdrückliche Erlaubnis meine Zuflucht betritt. Es gibt Regeln der Höflichkeit, die für uns alle gelten. Sogar für dich, werte Catherine.'
     
    Das Grinsen ist immer noch in Franks Gesicht, aber sein Ton ist jetzt ebenso frostig wie Catherines Blick.
     
    Eine endlose Sekunde lang herrscht Stille, dann beginnt Catherine zu lachen, ein freudloser, seltsam hohler Klang, der von den Wänden widerzuhallen scheint.
     
    'Touche. Wie konnte ich auch etwas anderes erwarten? Im Gegenteil, ich müsste enttäuscht sein, wenn du nicht echauffiert wärest. Schließlich bist du einmal mein Schüler gewesen.'
     
    Sie erhebt sich, macht einen Schritt an ihm vorbei, faltet die Hände locker vor ihrem Schoß zusammen, legt den Kopf ein wenig schräg und betrachtet mit einem neugierigen Blick die Schädelknochen, die säuberlich aufgereiht in den Regalen liegen.
     
    'Stilvolle Einrichtung, mein Lieber. Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Memento mori. Wie ich sehe, hast du deine alte Gewohnheit nicht aufgeben. Bist von Skalps auf Schädel umgestiegen.'
     
    'Quid pro quo, meine Liebe. Damals wie heute.'
     
    Frank bringt ein schiefes Grinsen zustande. Catherine wendet ihm weiter den Rücken zu und betrachtet noch einen Moment die Gebeine, bevor sie sich ihm wieder zuwendet.
     
    'Lassen wir das. Wie geht es dir, mein lieber Frank? Nach all der Zeit, die wir uns nicht mehr gesehen haben?'
     
    'Mir geht es wundervoll. Wo du ja mal wieder den Weg zu mir gefunden hast und ich mich doch immer so sehr über deine Besuche freue.'
     
    Catherine zupft einmal kurz an einer Falte ihres Kleides und schüttelt dann unmerklich den Kopf.
     
    'Immer noch verstimmt wegen dieser kleinen Sache damals? Ich dachte,

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