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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
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entwendete. Es ist ein kleines Kunstwerk aus Gold - zwei Drachenschwingen, die sich umfassen und einen Kreis bilden. Es blickt mit seinen unsichtbaren Augen eine Zeitlang versonnen darauf, bevor es seine Hand um den Ring schließt und das Zimmer verlässt, ohne auch nur die geringste Spur seiner Anwesenheit im Staub auf dem Boden zu hinterlassen.
     
    Das Kästchen dagegen zerfällt, kaum dass die Kutte den Raum verlassen hat, zu Staub, als wäre es schon lange am Ende der ihm vorbestimmten Zeit angekommen.
     
    ***
     
    Der Mond starrt kalt vom Himmel herab und erleuchtet ein rostiges Schaukelgerüst. Früher haben hier Kinder gespielt, doch das muss lange her sein. Catherines Blick wandert zum Haus. Dieser Ort. Warum hat er sie ausgerechnet hierhin bestellt. Als wüsste er ganz genau, wie sehr es an ihr nagt, dass sie es verpfuscht hat. Und es war ihr Fehler. Nicht der von diesem Sterblichen, den sie dazu gebracht hat, die ganze Sache in Gang zu setzen. Sie hätte sich selbst darum kümmern müssen. Sie stößt sich von ihrem Wagen ab und beginnt hin und her zu wandern.
     
    Ein Skorpion huscht vor ihren Füssen vorbei, und mit einer blitzschnellen Bewegung ergreift sie das Tier, das ihr sofort seinen Stachel in die Hand rammt. Das Gift breitet sich in ihrem Körper aus, aber Catherine quittiert es nur mit einem zufriedenen Lächeln und beginnt mit beiläufigen Bewegungen, dem Tier zuerst die Beine, dann die Scheren und schließlich den Schwanz auszureißen. Ihre Augen bekommen einen raubtierhaften Glanz, und ihre Lippen verziehen sich zu einem Grinsen. Ein helles Lachen ertönt aus ihrem Mund, und ihre Fänge blitzen im Licht des Mondes auf.
     
    Kurz scheint sie zu überlegen, wie groß die Qual des von ihr malträtierten Lebewesens wohl sein mag, aber offenbar nicht für lange, denn nachdem sie es eine kurze Zeit betrachtet hat, wirft sie es achtlos weg und zertritt seinen Kadaver mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck.
     
    Sie nimmt wieder ihren Weg auf. Fünf Schritte hin, fünf Schritte zurück. Er ist hier. Sie kann es spüren. Er beobachtet sie schon eine ganze Weile. So wie er sie immer aus dem Dunkel angestarrt hat. Egal, ob er schlief oder sich in seinem Schlummer wiegte, immer hat er über sie bestimmt. Sie ballt die Hände zu Fäusten, und wieder spürt sie den so angenehmen Schmerz.
     
    ‘Du bist gekommen.'
     
    Die Feststellung der Kutte durchbricht die Stille, und Catherine zuckt zusammen, wobei sie ein leises Fauchen nicht unterdrücken kann. Die Gestalt scheint sich geradezu vor ihr materialisiert zu haben. Wie sie es hasst, wenn man sich so an sie heranschleicht. Und es gibt nur sehr, sehr wenige ihrer Art, die dazu in der Lage sind.
     
    'Natürlich. Du hast mich gerufen. Wie hätte ich mich deinem Wunsch verweigern können?'
     
    Der Blick der Kutte wandert zu dem Kadaver des Spinnentieres, und für einen kurzen Moment scheint das Wesen ihre unsichtbare Stirn zu runzeln.
     
    'Ein Avatar des Todes. Du solltest ihn mit mehr Respekt behandeln. An Orten wie diesem ist die Grenze zwischen den Welten dünn. Es ist nicht klug, hier eine Herausforderung auszusprechen.'
    Catherine blickt kurz in die Leere, wo ein Gesicht sein sollte, dann wendet sie den Blick ab und starrt an ihm vorbei in die Dunkelheit, die die Wüste verschluckt und alles in Schwärze hüllt. Ja, sie ist gekommen, und ja, sie wollte ihn herausfordern. Ihm wenigstens ein kleines bisschen die Stirn bieten. Aber jetzt steht sie da wie eine kleine Göre. Langsam bricht sich ihr Frust Bahn.
     
    Nach all der Zeit, in der sie sich frei gefühlt hat, ist sie wieder unter seinem Einfluss. An irgendeinem Ort, der ihr nichts bedeutet, irgendwo auf diesem unzivilisierten Kontinent, von dem sie dachte, er sei groß genug, sie vor seinem Blick zu verbergen. Was für ein lächerlicher Irrtum.
     
    Sie kann es fühlen, wie die Kutte allein durch ihre Anwesenheit schon wieder Macht über sie gewinnt, und ein Teil von ihr genießt es, liebt es, diese so ganz eigene Form des Schmerzes – das Leid und die Qual, die der Machtlosigkeit entspringen.
     
    Kurz huscht ein Lächeln über ihr Gesicht, aber sie unterdrückt es genau so schnell wie es gekommen ist und wendet sich wieder der Gestalt vor ihr zu, die regungslos auf ihre Entgegnung zu warten scheint. Auf ihre Rechtfertigung für ihren lächerlichen kleinen Akt des Aufbegehrens. Was für ein pathetischer, alberner Moment. Sie weiß es, und er weiß es auch. Nur ist sie sich nicht sicher, wie

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