Die falsche Geliebte (German Edition)
gestatten.«
»Wieso? Aber setzen Sie sich doch, General!« sagte Frau Chapuzot. »Nein, wie anständig, wie galant.«
»Ich bin kein Galan, liebe Dame,« versetzte Paz. »Ich bin ein verzweifelter Vater, der sich durch eine Ähnlichkeit täuschen will.«
»So soll ich für Ihre Tochter gelten?« fragte Malaga sehr fein. Sie ahnte nicht, welch tiefe Wahrheit in diesem Vorschlag lag. »Ja,« sagte Paz. »Ich werde Sie bisweilen besuchen kommen, und damit die Täuschung vollkommen ist, will ich Sie in einer schönen, reich möblierten Wohnung unterbringen ...«
»Ich soll Möbel bekommen!« rief Malaga und blickte Frau Chapuzot an.
»Und Dienstboten,« fuhr Paz fort, »und alle Bequemlichkeit.«
Malaga blickte den Fremden forschend an.
»Aus welchem Lande sind Sie?« »Ich bin Pole.«
»Dann nehme ich's an,« versetzte sie.
Paz ging und versprach wiederzukommen.
»Der ist aber stark!« sagte Margarethe Turquet und blickte Frau Chapuzot an. »Ich fürchte nur, der Mann will mich ködern, um irgendeine Laune zu befriedigen. Bah, ich riskiere es!«
Einen Monat nach diesem seltsamen Besuch wohnte die schöne Kunstreiterin in einer vom Tapezierer des Grafen Adam prächtig ausgestatteten Wohnung, denn Paz wollte, daß im Hause Laginski von seiner Torheit geredet würde. Malaga, für die dies Abenteuer ein Traum aus Tausend und Einer Nacht war, hatte das Ehepaar Chapuzot als Dienstboten und Vertraute zu sich genommen. Die Chapuzots und Margarethe Turquet erwarteten irgendeine Lösung, aber ein Vierteljahr verfloß, ohne daß weder Malaga noch die Chapuzot sich die Laune des polnischen Grafen zu erklären vermochten. Paz pflegte jede Woche eine Stunde hinzukommen. Er blieb die ganze Zeit im Salon und wollte nie das Wohnzimmer noch gar das Schlafzimmer Malagas betreten, trotz aller geschickten Manöver der Kunstreiterin und der Chapuzots. Der Graf fragte nach den kleinen Erlebnissen, die das Leben der Zirkusdame ausmachten, und ließ jedesmal zwei Vierzigfrankenstücke auf dem Kaminsims zurück.
»Er sieht recht gelangweilt aus,« bemerkte Frau Chapuzot.
»Ja,« antwortete Malaga, »dieser Mann ist kalt wie Eis ...«
»Trotzdem ist er ein guter Kerl!« rief Chapuzot, hocherfreut über seinen blauen Tuchanzug, der ihm das Aussehen eines Bürodieners aus dem Ministerium gab.
Durch seine regelmäßigen Spenden gab Paz der Margarethe Turquet eine monatliche Rente von 320 Franken. Diese Summe, im Verein mit ihrem kärglichen Zirkusgehalt, gestattete ihr ein glänzendes Dasein im Vergleich zu ihrem früheren Elend. Unter den Zirkuskünstlern entstand ein seltsames Gerede über Malagas Glück. In ihrer Eitelkeit machte die Kunstreiterin aus den 6 000 Franken, die ihre Wohnung dem zurückhaltenden Kapitän kostete, das Zehnfache. Nach der Behauptung der Clowns und Statisten schwamm Malaga in Geld. Außerdem erschien sie im Zirkus in reizenden Burnussen, Kaschmirschals und prächtigen Schärpen. Kurz, der Pole war das herrlichste Geschöpf, das einer Kunstreiterin begegnen konnte, durchaus nicht kleinlich und eifersüchtig. Vielmehr ließ er Malaga alle Freiheit.
»Es gibt Frauen, die es recht gut haben!« sagte Malagas Nebenbuhlerin. »Mir, die ein Drittel von den Einnahmen bekommt, würde so was nicht passieren.«
Malaga trug reizende Hütchen, zeigte bisweilen ihren Kopf (so lautet der reizende Ausdruck des Frauenzimmer-Lexikons) im Wagen im Bois de Boulogne, wo sie der eleganten Jugend aufzufallen begann. Kurz, man begann in der Halbwelt von Malaga zu sprechen und griff ihr Glück mit Verleumdungen an. Man behauptete, sie wäre ein Medium, und der Pole galt für einen Hypnotiseur, der den Stein der Weisen suchte. Einige noch giftigere Reden machten Malaga neugieriger als Psyche, sie erzählte sie Paz unter Tränen wieder.
»Wenn ich etwas gegen eine andere habe,« sagte sie zum Schluß, »so verleumde ich sie nicht. Ich behaupte nicht, man hypnotisierte sie, um Steine dabei zu finden. Ich sage, sie ist bucklig, und beweise es. Warum kompromittieren Sie mich?«
Paz wahrte das grausamste Schweigen. Die Chapuzot kriegte schließlich Namen und Titel von Thaddäus heraus, dann erfuhr sie im Hause Laginski Positives: Paz war Junggeselle. Daß eine Tochter von ihm gestorben sei, war nicht bekannt, weder in Polen noch in Frankreich. Nun konnte Malaga sich eines Gefühls des Schreckens nicht erwehren.
»Mein Kind,« sagte die Chapuzot, »dies Ungeheuer ...«
Ein Mann, der ein hübsches Mädchen wie Malaga nur verstohlen
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