Die falsche Geliebte (German Edition)
fandest,« fuhr Adam fort, der beim Lobe seines Freundes die edelste Sicherheit verriet, »hat Paz ausfindig gemacht. Er hat sie bei Versteigerungen oder Gelegenheiten erworben. Oh, er ist mehr Kaufmann als die Kaufleute. Wenn du siehst, daß er sich auf dem Hofe die Hände reibt, dann wisse, er hat ein gutes Pferd für ein besseres ausgetauscht. Er lebt meinetwegen; sein Glück ist, mich elegant zu sehen, in einer glänzenden Equipage. Seine selbstgeschaffenen Pflichten erfüllt er ohne Lärm, ohne Aufwand. Eines Abends hatte ich 20 000 Franken im Whist verloren. »Was wird Paz sagen!« rief ich bei der Heimkehr. Paz gab sie mir nicht ohne Seufzen wieder, aber er hat mir nicht einen tadelnden Blick zugeworfen. Dieser Seufzer hat mich mehr gebändigt als alle Vorhaltungen von Onkeln, Frauen und Müttern in solchen Fällen. »Tut es dir leid?« fragte ich ihn. – »Oh, weder für dich noch für mich. Ich denke nur, daß zwanzig arme Paz ein Jahr lang davon leben könnten.« Du begreifst, daß die Pazzi soviel wert sind wie die Laginski. Daher mochte ich meinen lieben Paz auch nie als Untergebenen ansehen. Ich war bestrebt, in meiner Art ebenso groß zu sein, wie er in der seinen. Nie habe ich das Haus verlassen, noch bin ich heimgekehrt, ohne zu Paz zu gehen, wie ich zu meinem Vater gehen würde. Mein Glück ist das seine. Kurz, Thaddäus ist sicher, daß ich mich auch heute in eine Gefahr stürzen würde, um ihn zu retten, wie ich es zweimal getan habe.«
»Das ist viel gesagt,« versetzte die Gräfin. »Aufopferung ist eine blitzartige Hingabe. Man opfert sich im Kriege auf, aber nicht mehr in Paris.«
»Nun eben,« erwiderte Adam, »für Paz bin ich stets im Kriege. Unsere beiden Charaktere haben ihre Schroffheiten und Fehler behalten, aber die gegenseitige Kenntnis unsrer Seelen hat die schon so engen Bande unsrer Freundschaft noch fester geknüpft. Man kann einem Menschen das Leben retten und ihn hernach töten, wenn man in ihm einen schlimmen Gefährten entdeckt. Aber was die Freundschaft unlöslich macht, das haben wir verspürt: bei uns besteht ein beständiger Austausch glücklicher Empfindungen, der die Freundschaft in dieser Hinsicht vielleicht reicher macht als die Liebe.«
Eine hübsche Frauenhand schloß dem Grafen so rasch den Mund, daß die Gebärde einer Ohrfeige glich.
»Ja doch,« sagte er. »Der Freundschaft, mein Engel, sind die Bankerotte des Gefühls und die Pleiten des Vergnügens unbekannt. Die Liebe gibt zuerst mehr, als sie hat, zuletzt weniger, als sie empfängt.«
»Auf der einen Seite wie auf der anderen,« lächelte Clementine.
»Ja,« fuhr Adam fort, »dagegen kann die Freundschaft nur zunehmen. Du brauchst nicht zu schmollen, mein Engel, wir sind ebenso ein Liebespaar wie ein paar Freunde; wir haben wenigstens, hoffe ich, beide Gefühle in unsrer glücklichen Ehe vereinigt.«
»Ich will dir erklären, wodurch ihr so gute Freunde geworden seid,« sagte Clementine. »Der Unterschied in euer beider Leben erwächst aus euren Neigungen und nicht aus einer obligaten Wahl, aus euren Liebhabereien und nicht aus eurer Stellung. Soweit man einen Menschen nach flüchtigem Sehen beurteilen kann und nach dem, was du mir erzählst, kann der Untergebene hier in gewissen Augenblicken zum Höherstehenden werden.«
»Oh, Paz steht wirklich höher als ich!« entgegnete Adam treuherzig. »Ich habe keinen andern Vorzug vor ihm als den Zufall.«
Seine Frau küßte ihn für dies edelmütige Bekenntnis.
»Die außerordentliche Geschicklichkeit,« fuhr der Graf fort, »mit der er die Größe seiner Gefühle verbirgt, verleiht ihm eine ungeheure Überlegenheit. Ich habe ihm gesagt: ›Du bist verschlossen. Du hast in deinem Innern große Bereiche, wohin du dich zurückziehst.‹ Er hat Anspruch auf den Titel Graf Paz; in Paris läßt er sich nur der Kapitän nennen.«
»Kurz, der Florentiner des Mittelalters ist nach dreihundert Jahren wieder auferstanden,« sagte die Gräfin. »In ihm ist etwas von Dante und von Michelangelo.«
»Ja, du hast recht,« erwiderte Adam, »er hat die Seele eines Dichters.«
»Da bin ich also mit zwei Polen verheiratet,« versetzte die junge Gräfin mit einer Gebärde, wie sie das Genie auf der Bühne findet.
»Liebes Kind!« sagte Adam, Clementine an sich ziehend, »du hättest mir viel Schmerz gemacht, wenn mein Freund dir nicht gefallen hätte. Wir hatten beide Angst davor, obwohl er über meine Heirat entzückt war. Du wirst ihn tief beglücken, wenn du ihm
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