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Die falsche Geliebte (German Edition)

Die falsche Geliebte (German Edition)

Titel: Die falsche Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Freund?« fragte die junge Frau.
    »Auf Leben und Tod!« erwiderte Paz, und der junge Graf lächelte ihm mit seinem holdseligsten Lächeln zu, während er seine letzte Wolke duftenden Tabaks ausstieß.
    »Nun, warum essen Sie dann nicht mit uns? Warum haben Sie uns nicht nach Italien und der Schweiz begleitet? Warum verstecken Sie sich hier derart, daß Sie sich sogar dem Dank entziehen, den ich Ihnen für Ihre dauernde Dienstleistungen schulde?« fragte die junge Gräfin lebhaft, aber ohne jede Erregung.
    In der Tat entdeckte sie bei Paz eine Art freiwilliger Knechtschaft. Diese Vorstellung verknüpfte sich damals mit einer Art Mißachtung für ein gesellschaftliches Zwitterwesen, einen Menschen, der zugleich Sekretär und Haushofmeister, aber weder ganz Haushofmeister noch ganz Sekretär war, gleichsam ein armer Verwandter, ein peinlicher Freund.
    »Sie brauchen mir nicht zu danken, Gräfin,« antwortete er ziemlich frei. »Ich bin Adams Freund und es macht mir Freude, mich seiner Interessen anzunehmen.«
    »Macht es dir auch Freude, stehen zu bleiben?« fragte Graf Adam.
    Paz setzte sich auf einen Lehnstuhl am Türvorhang.
    »Ich entsinne mich, Sie bei meiner Hochzeit gesehen zu haben, und hin und wieder im Hofe,« sagte die junge Frau. »Aber warum nehmen Sie eine untergeordnete Stellung ein, Sie, Adams Freund?«
    »Was die Pariser denken, ist mir ganz einerlei,« sagte er. »Ich lebe für mich, oder wenn Sie wollen, für Sie beide.«
    »Aber die Meinung der Welt über den Freund meines Gatten kann mir nicht gleichgültig sein ...«
    »Oh, Frau Gräfin, die Welt läßt sich so leicht mit dem Wort abspeisen: ›Das ist ein Sonderling.‹ Sagen Sie das. – Wollen Sie ausreiten?« fragte er nach einer kurzen Pause.
    »Wollen Sie mit zum Bois kommen?« fragte die Gräfin.
    »Gern.«
    Mit diesem Wort verbeugte sich Paz und verschwand.
    »Welch guter Kerl!« versetzte Adam. »Einfältig wie ein Kind.«
    »Erzähle mir nun deine Beziehungen zu ihm,« forderte Clementine.
    »Paz, liebes Herz,« sagte Laginski, »ist von ebenso altem und edlem Hause wie wir. Bei ihrem Unglück rettete sich einer der Pazzi aus Florenz nach Polen, ließ sich dort mit einigem Vermögen nieder und gründete die Familie der Paz, die den Grafentitel erhielt. Die Familie, die sich in den schönen Tagen unsrer Königsrepublik hervortat, ist reich geworden. Das Reis des in Italien gefällten Stammes hat so kräftig Wurzel geschlagen, daß es mehrere Zweige des gräflichen Hauses Paz gibt. Ich erzähle dir nichts Ungewöhnliches, wenn ich dir sage, daß es reiche und arme Paz gibt.

Unser Paz entsproßte einem armen Zweige. Als Waise, ohne andren Besitz als seinen Degen, diente er während unsrer Revolution im Regiment des Großfürsten Konstantin. Er ging zur polnischen Partei über, schlug sich wie ein Pole, wie ein Patriot, wie ein Habenichts: drei Gründe, um sich gut zu schlagen. Beim letzten Kampf glaubte er, seine Soldaten folgten ihm. Er griff eine russische Batterie an und wurde gefangen. Ich war dabei. Dieser Zug von Tapferkeit ermutigte mich. ›Hauen wir ihn heraus!‹ sagte ich zu meinen Reitern. Wir greifen die Batterie als Freischärler an und ich befreie Paz, ich als siebenter. Wir waren zu zwanzig losgeritten und kamen zu acht zurück, einschließlich Paz. Nachdem Warschau verraten und verkauft war, mußten wir daran denken, den Russen zu entkommen. Ein seltsamer Zufall wollte es, daß Paz und ich uns zur selben Stunde, am selben Fleck diesseits der Weichsel wiederfanden. Ich sah den armen Kapitän in die Hände der Preußen fallen, die sich damals zu Jagdhunden der Russen hergaben. Hat man einen Menschen aus dem Styx aufgefischt, so hängt man an ihm. Diese neue Gefahr für Paz schmerzte mich so, daß ich mich mit ihm gefangen nehmen ließ, um ihm zu helfen. Zwei Männer können sich retten, wo ein einzelner zugrunde geht. Dank meinem Namen und einigen Verwandtschaftsbeziehungen zu den neuen Herren unsres Schicksals, denn wir waren damals in Händen der Preußen, drückte man ein Auge über mein Entweichen zu. Ich gab meinen lieben Kapitän als gemeinen Soldaten, als einen meiner Leute aus, und es gelang uns, nach Danzig zu entkommen. Wir schmuggelten uns auf ein holländisches Schiff ein, das nach London abging; dort langten wir nach zwei Monaten an. Meine Mutter war in England krank geworden und erwartete mich dort. Paz und ich pflegten sie bis zu ihrem Tode, der durch den Zusammenbruch unsres Unternehmens beschleunigt wurde.

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