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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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juckte auf Barbros empfindlicher Haut. Sie hatte sich die Jacke unter den Arm geklemmt. Sonst sorgte es bei Männern immer für eine einladende Stimmung, wenn ihre Brüste die weiße Bluse spannten und sogar noch von ihrem Pistolenhalfter sanft angehoben wurden.
    Gösta war für diesen Anblick nicht empfänglich. Über seinen Seitenscheitel hinweg peilte Barbro eine schauderhafte Kombination von Beistelltischen aus Messing und Glas an. Barbro fragte sich, wie einer wie Gösta in dieses heruntergekommene Haus geraten sein konnte. Er gehörte in ein Apartment im Fatburspark oder gleich nach Sjöstad.
    Er war jedenfalls am frühen Abend nicht da gewesen. Oskar und er hätten einander nichts zu sagen, daher wisse er auch nicht, wo er sich aufhielt. Über ihn könnte er hingegen viel sagen, gedenke aber nicht, das zu tun.
    »Ein unangenehmer Zeitgenosse«, erklärte er.
    Eine unliebliche Situation, in die sie hier geraten war.
    »Wer?«, fragte sie.
    »Oskar Rosenfeldt.«
    »Was an ihm ist denn so unangenehm?«
    »Ihm ist nichts heilig. Er degradiert Frauen zu Objekten seiner Lust und spielt nächtelang Klavier.«
    Barbro seufzte. Sie musste Oskar Rosenfeldt auf jeden Fall lebendig finden.

14
    Inspektor Henning Larsson wollte gerade entschlossen etwas ablochen, als das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung meldete sich die Sekretärin vom Institut für antike Kultur und Gesellschaft in Frescati. Fridas Stimme klang jung. Anscheinend führte sie in ihrem Computer genau Buch, welche Veranstaltungen die Studenten besuchten, wie oft sie anwesend waren und welche Noten sie erhielten. Josefin Rosenfeldt hatte im vergangenen Semester den Aufbaukurs für antike Kultur und Gesellschaft besucht, einen Vollzeitkurs. Sie hatte kein einziges Mal gefehlt. Die letzte Stunde war Anfang Juni gewesen. Die Sekretärin las Henning die Daten vor.
    »Oh«, sagte sie am Ende. »Sie war richtig gut. In Lektüre der Spezialliteratur hat sie zehn Punkte bekommen und beim Aufsatz ebenso.«
    »Wie gut ist das denn?«, erkundigte sich Henning, der in seinem ganzen Leben noch nie mit der Obergrenze einer Notenskala in Berührung gekommen war.
    »Na, Volltreffer. Das bedeutet Fleißigsein und Lernen.«
    »Kannst du mir den Aufsatz schicken?«
    »Den hat die Dozentin. Astrid Svärd. Hier steht nur das Thema: Phonoi dikaioi, phonoi ek pronoia and pleadings from exile. Sie hat auf Englisch geschrieben. Das ist erlaubt.«
    »Worum geht es bei diesem Thema?« Henning vermied, den Titel zu wiederholen.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Klingt nach Musik, oder? Phonos, Phon-etik, Tele-fon. Soll ich versuchen, die Dozentin zu erreichen?«
    »Danke. Frida?«
    »Ja?«
    »Vielleicht wird noch jemand nach Josefin fragen. Du darfst auf keinen Fall irgendetwas sagen. Dann rufst du gleich bei mir an.«
    Frida versprach, gut aufzupassen und nichts zu verraten. Henning beendete das Gespräch und heftete den Zettel an die große Pinnwand. Diesmal war er wieder an der Reihe, die Ermittlungsakte zu führen. Bei dieser Aufgabe wechselte er sich immer mit Barbro von Fall zu Fall ab. Oder sagte man inzwischen Projekt dazu, ohne dass er es mitbekommen hatte? Bei der Reichsmord eher nicht, überlegte er und beschloss, weiterhin von Fällen zu sprechen, wenn jemand ermordet worden war. Jetzt war es Zeit für eine Anispastille, oder am besten zwei. Dass die Stapel auf seinem Schreibtisch seit dem Morgen wuchsen und wuchsen und ineinanderzurutschen drohten, konnte einen wie Henning Larsson nicht nervös machen. Seit ihn seine Frau vor zwei Jahren verlassen hatte, wollte die entspannte Freitagnachmittagsstimmung überhaupt nicht mehr aus ihm weichen. Die Nacht war zu kurz gewesen, um richtig zu schlafen. Zuhause hatte er sich sofort ein Vollbad eingelassen und war nicht nur ins Wasser, sondern auch in einen halbstündigen Tiefschlaf geglitten.
    Inzwischen trudelten die ersten Lageberichte der Säpo ein. Die Säpo fand nichts, was auf einen Anschlag hinwies. Beim Mittagessen war Henning siedendheiß eingefallen, dass Bekennerschreiben ja auch bei der Presse ankommen konnten, und er fragte sich, was man dort in aller Unkenntnis über diesen Fall davon halten würde. Das wollte er später mit Kjell besprechen, auch wenn er nicht mehr an einen Anschlag glaubte.
    Es gab noch etwas viel Interessanteres, das Henning noch nicht zu deuten wusste. Er begann stets mit dem Bankkonto, und da war bei Josefin eine recht spannende Entwicklung zu verzeichnen. Anscheinend ging sie

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