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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Konto komplett leergeräumt und zudem um zehntausend Kronen überzogen. Das waren zusammen 90 000 Kronen. Inzwischen wusste Henning, dass die Scheine aus dem Schuhkarton, den sie auf dem Boden von Josefins Kleiderschrank geborgen hatten, nicht von diesen Abhebungen stammen konnten. Die Summe stand mit 476 000 Kronen auch in keinem Verhältnis dazu. Diese Scheine mussten langwierig zusammengesammelt worden sein. Es waren lauter abgenutzte Noten von geringem Betrag.
    Es hätte Henning Larsson nicht gewundert, wenn das mal eine runde halbe Million gewesen wäre. Auf den Scheinen hatte die Technische von keiner der beiden Frauen Fingerabdrücke gefunden, dafür aber Tausende andere.
    Das Telefon klingelte. Die Anruferin war Astrid Svärd, die Dozentin von Josefin. Henning ließ sich in aller Eile eine bündige Lügengeschichte einfallen, was Josefin anging. Offensichtlich wusste Astrid nicht, wer Josefins Vater war. Das notierte sich Henning.
    »Der Aufsatz muss hier irgendwo sein«, sagte Astrid. »Ich habe die letzten zwei Wochen nichts anderes getan, als Aufsätze zu lesen. Ich müsste suchen.«
    »Du kannst mir also nichts darüber erzählen?«
    »Nein. Wirklich nicht.«
    »Und über Josefin Rosenfeldt?«
    »Hm, ich weiß, wer sie ist. Aber wenn du meinst, ich wüsste etwas Näheres über sie, so viel weiß ich nur in Ausnahmefällen über Studenten.«
    Sie einigten sich darauf, dass einer der Ermittler Astrid am Sonntag in der Universität in Frescati treffen würde. So hatte Astrid Zeit, die Arbeit noch einmal zu lesen. In aller Kürze konnte sie ihm nur erklären, was es mit dem Thema auf sich hatte. Es hatte nichts mit Musik zu tun und lautet übersetzt: Gerechter Mord, Mord aus Vorsatz und Anrufungen des Gerichts aus dem Exil.

15
    Caramba!, dachte Sofi. Sie blickte ins Leere und wartete. Sie wollte Sesselja nicht beim Weinen zusehen, vor allem, weil sie glaubte, dass Sesselja sich als die Stärkere begriffen und ihre Mitbewohnerin nicht beschützt hatte. Das glaubte Sofi aus dem Weinen heraushören zu können, und so versuchte sie, sich das Leben der beiden Frauen miteinander vorzustellen. Es gab so viel, was sie fragen wollte.
    »Hatte sie denn ein Telefon? Ein Mobiltelefon? Lag es hier irgendwo, oder hatte sie das mal in der Hand?«
    »Josefin?«
    Erst zögerte Sofi, dann nickte sie. Sesselja zeigte nicht die geringsten Anzeichen, dass sie etwas von dem Rollentausch wusste, wobei Tausch vielleicht gar nicht das richtige Wort war. Aber eine interessante Idee.
    »Nein.«
    »Findest du das nicht eigenartig?«
    »Sie sprach so wenig, von sich aus nie. Vielleicht hat es mich deshalb nicht gewundert. Erst dachte ich, es bereite ihr wie allen Schweden Schwierigkeiten, sich nach dem ersten Kennenlernen zu öffnen, aber ihr fehlte zudem auch die freundliche Glätte. Ihr sagt immer nur »okay, okay«. Und die Rücksichtslosigkeit gegenüber Menschen, die man nicht mit Namen kennt, die fehlte ihr auch.«
    »Sind wir Schweden so?«, fragte Kjell.
    »Ja«, antwortete sie matt.
    Eine Weile verging.
    »Das kommt dir vielleicht nur so vor, weil Stockholm eine große Stadt ist«, sagte Sofi dann. »Das war bei mir auch so, als ich herkam.«
    Sesselja nickte. Bestimmt waren Kjell und sie die Ersten, bei denen sie sich seit ihrer Ankunft beklagen konnte, dachte Sofi.
    »Sie hat auch das normale Telefon nie benutzt.«
    »Und du?«
    »Das ist merkwürdig. Ich wollte diese Nummer angeben, als ich mich beworben habe. Aber Josefin wusste sie nicht. Ich musste erst damit auf meinem Mobiltelefon anrufen, um sie zu erfahren.«
    »Du hast also dann damit telefoniert?«
    »Ich bin angerufen worden. Dreimal.«
    »Hast du einen Job gefunden?«
    »Gestern habe ich regulär im Söder angefangen. Die Nachtschicht von 24 bis 8 Uhr.«
    »Was tust du dort?«
    »Notaufnahme. Isländerinnen arbeiten oft in der Notaufnahme, weil sie so entscheidungsfreudig sind.«
    Sofi blickte in ihre Aufzeichnungen. Sesselja war jetzt ernst und bereit, ihnen zu helfen. Daran musste man sich erst einmal gewöhnen. »Du hast also bis um acht Uhr am Morgen gearbeitet. Wann warst du zu Hause?«
    »Vielleicht gegen neun. Ich habe geduscht, mich hingelegt und bis in den Nachmittag hinein geschlafen. Dann haben wir auf meine neue Stelle angestoßen.«
    »Du und Jossan?«, mischte Kjell sich jäh ein.
    »Jossan?«
    »Hast du sie nicht so genannt?«
    »Nein.«
    »Hat sie dir nie erzählt, dass sie alle Jossan nennen?« Sesselja schüttelte den Kopf.
    Sofi ärgerte sich.

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