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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er:
     
    Doch wär’s die Liebe, junge Dirne,
    Die deine Augen blendensoll – –
    Beeile dich, um zu entfliehen,
    Behüt’ das Herze dein – das Feuer
    Des Irrlicht’s glänzt, doch wärmt es nicht!
     
    »Da hätten wir sie ja, die jungen Mädels! rief Herr Nick; es hätte mich auch schier verwundert, wenn in diesen anakreontischen Accorden ganz und gar nicht von Liebe die Rede gewesen wäre. Nun freilich, bei seinen Jahren!… Was denken Sie darüber, mein Herr?
    – Nun, in der That, antwortete der Reisende, ich hege die Ueberzeugung…«
    Der junge Mann unterbrach sich beim Anblick einer Gruppe an der Böschung der Straße stehender Männer, von denen einer dem Kutscher ein Zeichen gab, anzuhalten.
    Dieser parirte die Pferde und die Männer näherten sich dem Wagen.
    »Ah, da ist ja Herr Nick, wenn ich nicht irre, rief einer der Leute, höflich den Hut ziehend.
    – Und da der Herr Rip!« erwiderte der Notar, der heimlich hinzu setzte:
    »Alle Teufel, jetzt heißt’s sich in Acht nehmen!«
    Zum Glück bemerkten weder Herr Nick noch sein Schreiber oder der Führer des Wagens die Veränderung, welche in der Physiognomie des Unbekannten vor sich ging, als der Name Rip ausgesprochen wurde. Sein Gesicht war blaß geworden, zeigte aber nicht die Blässe des Schreckens, sondern die, welche durch einen entsetzlichen Abscheu erzeugt wird. Augenscheinlich durchzuckte ihn der Gedanke, sich auf den Mann zu stürzen. – Er wandte aber den Kopf ab, und so gelang es ihm, sich zu beherrschen.
    »Sie sind wohl auf dem Wege nach Laval, Herr Notar? nahm Rip wieder das Wort.
    – Wie Sie sehen, Herr Rip; Geschäfte, die mich dort wenige Stunden aufhalten werden, doch hoff’ ich, noch diesen Abend in Montreal zurück zu sein.
    – Das liegt ja ganz bei Ihnen.
    – Und was machen Sie da mit Ihren Leuten? fragte Meister Nick. Immer auf der Lauer zum Besten der Regierung! Hatten Sie etwa Missethäter verhaftet? Bah, da ist leicht verhaften, wenn diese sich wie das Unkraut vermehren! Wahrlich, diese Sorte thäte besser, sich einmal zu achtbaren Leuten zu verwandeln…
    – Ganz recht, mein Herr Nick, doch dazu fehlt ihnen der Beruf.
    – Der Beruf! Immer der alte Witzbold, der Herr Rip. Sind Sie vielleicht aber auf der Spur eines Staatsverbrechers?
    – Verbrecher für die Einen und Held für die Anderen, erklärte Rip, das kommt auf den Gesichtspunkt an.
    – Was haben Sie denn läuten hören?
    – Man hat von der Insel aus die Anwesenheit des berüchtigten Johann ohne Namen gemeldet…
    – Ah, der berühmte Johann ohne Namen! Ja, die Patrioten haben ihn zum Helden gestempelt, und das mit gutem Grunde. Es scheint jedoch, Ihre allergnädigste Majestät ist nicht derselben Ansicht, da der Minister Gilbert Argall Sie auf die Suche nach ihm geschickt hat.
    – Ganz richtig, Herr Nick.
    – Und Sie sagen, man habe ihn, den geheimnißvollen Agitator, auf der Insel Montreal gesehen?
    – Man behauptet das wenigstens, antwortete Herr Rip, obwohl ich anfange daran zu zweifeln.
    – O, wenn er dahin gekommen ist, wird er auch schon wieder über alle Berge sein, versetzte Meister Nick; oder wenn er noch da wäre, wird er sich nicht mehr lange aufhalten. Johann ohne Namen ist nicht so leicht zu haschen!
    – Ein wahres Irrlicht, fiel hier der Reisende ein, sich an den jungen Schreiber wendend.
    – Ah, gut, sehr gut! rief Herr Nick; bedanke Dich, Lionel! – Doch was ich sagen wollte, Herr Rip, wenn Sie auf ein Irrlicht treffen sollten, so suchen Sie es am Kragen zu nehmen, um es meinem Schreiber zu überbringen. Es müßte einer solchen wandelnden Flamme einen Heidenspaß machen, zu hören, wie ein solcher Schüler Apoll’s sie behandelt.
    – Das würde mit Vergnügen geschehen, antwortete Rip, wenn wir nicht verpflichtet wären, ohne Verzug nach Montreal zurückzukehren, wo ich neue Instructionen erwarte.«
    Dann wandte er sich an den jungen Mann.
    »Und dieser Herr begleitet Sie?…
    – Bis nach Laval, sagte der Unbekannte.
    – Wohin zu kommen, ich große Eile habe, setzte der Notar hinzu. Auf Wiedersehen, Herr Rip; wenn es mir unmöglich ist, Ihnen guten Erfolg zu wünschen, denn die Gefangennahme Johanns ohne Namen würde den Patrioten zu viel Schmerz bereiten, so wünsch’ ich Ihnen wenigstens guten Tag.
    – Und ich Ihnen glückliche Reise, Herr Nick!«
    Die Pferde setzten sich wieder in Trab; Rip und seine Leute verschwanden hinter der Biegung der Straße.
    Einige Augenblicke später sagte der Notar zu seinem Gefährten, der

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