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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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geworfen werden sollte.
    »Im Namen des allbarmherzigen Gottes! rief er; Mitleid für das Andenken dieses Unglücklichen!… Hat Gott nicht auch Vergebung für alle Sünder?
    – Für den Vaterlandsverräther, für den Verrath an Denjenigen, die für die Heimat gekämpft haben, gibt es keine Gnade!«
    In der nächsten Minute schon hatte das Feuer, wie das alljährlich geschah, das Bild Simon Morgaz’ verzehrt.
    Das wilde Geschrei tobte lauter und verhallte erst, als die Flammen langsam verloschen.
    Im jetzt herrschenden Dunkel hatte Niemand sehen können, daß Johann und Joann zu einander getreten waren und, die Hände verschränkt, Beide den Kopf niedersenkten.
    Ohne ein Wort gesprochen zu haben, verließen sie den Schauplatz dieser schrecklichen Scene und flohen wie verfolgt aus dem Flecken Chambly, nach dem sie nimmer wiederkehren sollten.
Fußnoten
    1 Erst 1854 beschloß das Parlament von Canada die Ablösung jener Lasten; eine nicht geringe Zahl von Eigenthümern aber liefern ihre Gebühren, treu der alten Gewohnheit noch immer in die Hände der sulpicianischen Geistlichkeit ab.
Neuntes Capitel.
Ein geschlossenes Haus.
    Sechs Lieues von St. Denis erhebt sich der Flecken St. Charles am Nordufer des Richelieu in der Grafschaft St. Hyacinthe, welche an die von Montreal grenzt. Folgt man dem Richelieu, einem der bedeutendsten Zuflüsse des St. Lorenzo, stromaufwärts, so gelangt man nach der kleinen Stadt Sorel, wo der »Champlain« während seiner letzten Fahrt vor Anker gegangen war.
    Jener Zeit stand noch, einige Hundert Schritte vor der Biegung, welche die Hauptstraße von St. Charles da macht, wo sie zwischen den ersten Häusern des Fleckens verläuft, ein kleines, vereinzeltes Häuschen.
    Es war eine bescheidene, ja dürftige Wohnstatt, welche nur aus dem Erdgeschoß mit einer Thür und zwei Fenstern bestand, in deren abgegrenztem Vorraum das Unkraut wucherte. Meist war die Thür verschlossen; auch die Fenster wurden niemals geöffnet, nicht einmal hinter den Läden mit voller Füllung, welche stets geschlossen gehalten wurden. Das Licht des Tages konnte so allein durch zwei an der, nach einem Garten zu gelegenen Hinterfront des Häuschens befindliche Fenster Eingang finden.
    Dieser Garten bildete ein Viereck mit hohen von Glaskraut überwucherten Mauern und mit einem von halb verfallenem Steingeländer eingefaßten Brunnen. Hier wuchsen auf der Fläche etwa eines Fünftel Ackers verschiedene Gemüse; dort vegetirten etwa ein Dutzend Obstbäume, Birn-, Nuß- und Apfelbäume, welche alle der Sorge der Natur überlassen waren. Ein kleiner Hühnerhof, der in den Garten hereinreichte und auf der anderen Seite das Haus berührte, beherbergte fünf bis sechs Hühner, welche die für den täglichen Bedarf nöthige Menge Eier lieferten.
    Das Innere dieses Hauses enthielt nur drei Räume mit wenigen Möbeln – und zwar nur, was von diesen unumgänglich nöthig erschien. Der eine dieser Räume zur Linken des Eingangs diente als Küche, die beiden anderen zur Rechten als Schlafzimmer. Die enge, sie trennende Hausflur bildete den Verbindungsgang zwischen Vorraum und Garten.
    Ja, dieses Haus war sehr dürftig und klein; man glaubte es aber herauszufühlen, daß der oder die Bewohner gerade gewünscht haben mochten, unter solchen ärmlichen Verhältnissen zu leben. Die Bewohner von St. Charles irrten hiermit auch nicht. Klopfte einmal ein Bettler an die Thür des »geschlossenen Hauses« – wie es im Orte allgemein genannt wurde – so ging er gewiß nicht ohne ein kleines Almosen davon.
    Das »geschlossene Haus« hätte ebenso gut das »mildthätige Haus« heißen können, denn die Mildthätigkeit äußerte sich hier zu jeder Stunde.
    Wer dasselbe bewohnte?… Eine einzelne, stets schwarz gekleidete und von langem Witwenschleier umhüllte Frau. – Sie verließ nur selten das Haus – ein-oder zweimal die Woche, wenn sie ausgehen mußte, um irgend etwas einzukaufen, oder des Sonntags, um in die Kirche zu gehen. Handelte es sich um einen Einkauf, so wartete sie damit bis es Nacht oder mindestens ganz dunkel geworden war, schlüpfte dann durch die düsteren Straßen längs der Häuser hin, trat rasch in einen Laden, sprach mit leiser Stimme nur wenige Worte, bezahlte ohne zu feilschen und kehrte gesenkten Kopfes, die Augen zur Erde gerichtet, wieder um, als ob das arme Wesen sich geschämt hätte, von Anderen gesehen zu werden. Ging sie zur Kirche, so geschah das nur ganz früh, zur ersten Messe. Sie hielt sich dann

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