Die Familie: Roman (German Edition)
wo er sie nicht mehr sehen konnte.
Sie hatte Darcy vor dem Typen gewarnt: »An deiner Stelle würde ich gut aufpassen, wenn er in der Nähe ist.«
»Ach, er ist in Ordnung.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, dass ein Mann dich mit Blicken auszieht.«
»Kommt auf den Mann an.«
»Sehr pfiffig. Ich meine es ernst.«
»Mach dir keine Sorgen, Mom. Er ist nicht mein Typ.«
»Ist er verheiratet?«
»Hast du Interesse?«, hatte Darcy mit diesem Funkeln in den Augen gefragt.
»Klar. Ich laufe sofort runter und werfe mich ihm in die Arme.«
»Er würde wahrscheinlich einen Herzinfarkt kriegen.«
»Also ist er nicht verheiratet.«
»Ich habe gehört, dass seine Frau vor ein paar Jahren mit einem anderen durchgebrannt ist.«
»Tja, behalte ihn einfach im Auge.«
»Keine Sorge. Wenn er Ärger macht, verpass ich ihm eine schöne Links-rechts-Kombination, dass ihm die Lich ter ausgehen.«
Chris wusste, dass diese Witzeleien nur die Art war, wie ihre Tochter mit dem Problem umging. Die Warnung war angekommen.
Und wahrscheinlich war sie eigentlich gar nicht nötig. Darcy war ein kluges Mädchen. Aber ein kleiner mütterlicher Rat konnte nie schaden.
Chris kramte in ihrer Umhängetasche, während sie den Korridor entlangging. Sie fand den Zimmerschlüssel, blieb vor der drittletzten Tür stehen und schloss auf.
Sie machte die Tür zu und verriegelte sie.
Ich will nicht, dass der Lustmolch Ethan mit dem Generalschlüssel reinkommt, während ich nackt bin, dachte sie.
Ein fieser Gedanke, dass er in jedes Zimmer kann, auf das er gerade Lust hat.
Zum Glück hat Darcy eine Mitbewohnerin.
Chris fragte sich, ob die beiden die Tür von innen verriegelten. Sie sollten es auf jeden Fall tun.
Ich muss daran denken, es beim Mittagessen zu erwähnen.
Ach Mom, du machst dir zu viele Gedanken.
Der Mann ist wahrscheinlich harmlos.
Ich habe meine Tür verriegelt, und ich bin sicher, dass ich für diesen Mann nicht einmal annähernd so eine Versuchung bin wie Darcy.
Plötzlich erinnerte sie sich an Arthur, einen ihrer Freunde. Oh, dieses Schwein, dieses dreckige Schwein. Ihr wurde heiß und elend, und sie krümmte sich, im Geiste nicht mehr im Hotelzimmer, sondern zu Hause, wo sie im dunklen Bett aufgewacht war und sich gewundert hatte, wo Arthur hingegangen war, ihn gesucht und schließlich in Darcys Zimmer gefunden hatte, wie er, über ihr Bett gebeugt, dastand und sie befummelte, während sie schlief.
Darcy, gerade mal sechzehn.
Gott sei Dank war sie nicht aufgewacht. Sie hatte nie von diesem abscheulichen Zwischenfall erfahren.
Tage später hatte sie gefragt: »Was ist mit Arthur? Hast du ihn abserviert?«
»Er war ein Arschloch.«
Dieses Grinsen. Dieses Leuchten in ihren Augen. »Hey, das hätte ich dir auch vorher sagen können.«
Chris betrachtete sich im Spiegel. Sie stand mit rotem Gesicht gebeugt da, als hätte sie einen Schlag in den Bauch bekommen. Sie richtete sich auf.
Sie zog sich aus.
Und kam sich albern vor, als sie ihr Spiegelbild ansah.
Doch es half.
»Nicht schlecht für eine alte Schachtel von neununddreißig Jahren«, sagte sie. Dann zog sie ihren Badeanzug an.
Hank Whitmore blickte von seinem Buch auf, als eine Frau in den Poolbereich kam. Er sah zu, wie sie am Becken entlangging und sich einen Liegestuhl am anderen Ende suchte.
Der Ausblick hat sich definitiv verbessert, dachte er.
Sie war eine große, schlanke Blondine, vermutlich Anfang dreißig. Hank beobachtete, wie sie die lange weiße Bluse auszog. Ihr Badeanzug hatte dünne Träger, die auf dem Rücken ein X bildeten. Ansonsten war ihr Rücken bis hinab zum Gesäß nackt. Glänzender weißer Stoff spannte sich über ihre Pobacken.
Hank spitzte die Lippen.
Und Paula hat Mitleid mit mir, dachte er. Der arme Dad muss anderthalb Stunden warten und hat nichts zu tun.
Die Frau drehte sich ein wenig und bückte sich, um ihre Bluse über die Rückenlehne des Liegestuhls zu hängen. Ihre Seite war bis zur Hüfte unbedeckt. Der Badeanzug schmiegte sich um ihre Brüste, doch er reichte nicht ganz hinauf. Der Ansatz ihrer Brüste blieb frei.
Hank zwang sich, in sein Buch zu sehen.
Ich benehme mich wie ein Spanner, dachte er.
Aber, mein Gott, was für eine Frau.
Er blickte wieder auf.
Sie hatte sich zum Pool gewandt und überlegte möglicherweise, ob sie eine Runde schwimmen sollte. Ein paar Kinder planschten am flachen Ende herum.
Hank wünschte, sie nähme die Sonnenbrille ab.
Ihr Gesicht – oder das, was er davon sehen konnte –
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