Die Familie: Roman (German Edition)
war genauso hübsch wie ihr Körper.
Sie nahm die Brille ab.
Selbst aus dieser Entfernung konnte Hank das Blau ihrer Augen sehen.
Großer Gott, ich bin verliebt, dachte er.
Er blickte auf ihre linke Hand. Kein Ehering. Überhaupt kein Ring, an beiden Händen.
Der einzige Schmuck war ein dünnes Goldkettchen um ihr linkes Handgelenk.
Sie trägt keinen Ehering, und sie ist allein.
Das heißt nicht, dass sie verfügbar ist, sagte sich Hank. Vielleicht hat sie einen Freund, der gleich nachkommt.
Eine Frau, die so aussieht, kann einfach nicht ungebunden sein. Das widerspricht den Naturgesetzen.
Vielleicht ist sie lesbisch.
Ein netter Gedanke.
Vielleicht ist sie eine Nutte.
Das ist ein netter Gedanke.
Hank war noch nie bei einer Prostituierten gewesen. Nicht einmal in Vietnam, worüber sich seine Freunde endlos amüsierten. In den Jahren seitdem hatte er gelegentlich mit dem Gedanken gespielt – einige von ihnen waren absolut fantastisch, und er wusste, dass sie fast alles mitmachten –, doch sie waren so erfahren . Irgendwie war er sich immer sicher gewesen, er würde einen Fehler begehen und schließlich völlig gedemütigt werden.
Die Frau auf der anderen Seite des Beckens saß nun auf dem Liegestuhl und verteilte Sonnenmilch auf ihren schlanken Beinen.
Hank sah auf seine Uhr. Er hatte noch über eine Stunde Zeit, ehe die Führung endete.
Er dachte über Geld nach. In seiner Brieftasche hatte er fast zweihundert Dollar plus fünfhundert in Reiseschecks. Und er hatte gehört, dass die edleren Nutten oft auch Kreditkarten nahmen.
Ich könnte es tun.
Großer Gott.
Er zitterte stark.
Eine Stunde mit so einer im Bett zu verbringen …
Er hatte immer davon geträumt, mit einer richtig schönen Frau zu schlafen. Nur ein einziges Mal im Leben.
Was, wenn sie Aids hat oder so?
Er hatte im Hotelladen Kondome gesehen.
Los, Mann. Vielleicht kriegst du nie wieder so eine Chance.
Hank schlug sein Buch zu und vergaß dabei, die Seite zu markieren. Er stand auf. Seine Beine fühlten sich wackelig und schwach an. Er ging los.
Was soll ich sagen?
Was, wenn sie keine Nutte ist? So gut sie auch aussah, sie schien doch zu alt dafür. Waren die meisten nicht noch Teenager?
Wer weiß.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
O Gott, ich muss den Verstand verloren haben.
Er ging um den Pool herum.
Die Frau hatte sich zurückgelehnt und rieb sich die Arme ein.
Was auch immer du sagst, ermahnte Hank sich, benimm dich nicht wie ein Idiot.
Er blieb neben ihrem Liegestuhl stehen.
»Entschuldigung«, sagte er.
Sie sah zu ihm auf.
»Ich bin Hank.«
Hallo, Hank. Verpiss dich.
Sie lächelte. Es war ein schönes Lächeln, das nichts Überhebliches an sich hatte. »Hi«, sagte sie.
Er trocknete sich die Hände an seiner Shorts. »Ich muss eine Stunde oder so totschlagen.«
»Schrecklich, so etwas mit einer Stunde zu machen.«
»Sie totzuschlagen? Ja. Tja, ich meine, ich sollte das Beste draus machen.«
»Lesen ist eine gute Beschäftigung.«
Sie hatte ihn mit seinem Buch bemerkt. Hatte sie auch gesehen, dass er sie angestarrt hatte?
»Das Buch läuft nicht weg«, sagte Hank.
»Und ich schon?«
»Könnte gut sein. Sind Sie in Begleitung?«
»Meine Tochter ist unten in der Höhle.«
Hank begriff mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung, dass sie doch keine Hure war. So viel zum Thema Träumereien. Aber sie hatten beide eine Tochter, die in der Höhle war. Das war eine Gemeinsamkeit. Wenn er sie schon nicht ins Bett bekommen konnte, könnte er zumindest die Zeit mit ihr verbringen und den Anblick genießen. »Wirklich? Meine Tochter ist auch da unten.«
»Ich heiße Chris«, sagte sie. Sie streckte ihm die Hand entgegen, dann zögerte sie. »Oh, die ist ganz verschmiert …«
Hank nahm ihre Hand. Sie war feucht und glitschig von der Sonnenmilch. »Freut mich, dich kennenzulernen, Chris. Ich bin Hank.«
»Ich weiß. Hol dir doch einen Stuhl, wenn du möchtest.«
»Danke.« Er nahm den nächsten Liegestuhl und stellte ihn neben ihren – schräg, damit er sie ansehen konnte, ohne den Kopf zu verdrehen. »Warum bist du nicht auch bei der Führung?«, fragte er.
»Ich war gestern schon.«
»War deine Tochter nicht mit dir dabei oder …?«
»Sie ist Führerin. Ich bleibe ein paar Tage hier im Hotel und besuche sie.«
»Deine Tochter ist Führerin? Sie setzen Kinder dafür ein?«
»Jeder ist das Kind von irgendwem.« Sie lachte leise. »Keine Sorge, deine Tochter ist in guten Händen. Darcy ist
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