Die Familie: Roman (German Edition)
starr an. Er grinste. Sein ganzes Gesicht fühlte sich starr an. Eine einzelne kurze Haarlocke klebte in dem Blut neben seinem Mundwinkel. Er ließ sie dort und wandte sich vom Spiegel ab.
Ein Handtuch hing zum Trocknen auf einer Stange, doch ein sauberes lag noch ordentlich gefaltet in dem Drahtkorb. Der Badvorleger hing über dem Rand der Badewanne. Kyle breitete ihn auf dem Boden aus und trat darauf. Er fühlte sich feucht und kühl an.
Über dem Kaltwasserhahn hing ein Waschlappen. Eine kleine Plastikflasche mit Shampoo stand auf einer Ecke der Wanne. In der Seifenschale lag eines der winzigen Seifenstücke, die das Hotel zur Verfügung stellte.
Kyle nahm den Waschlappen.
Amy hatte ihn benutzt, hatte sich überall damit abgerieben.
Er drückte sich den dünnen feuchten Lappen ans Gesicht, atmete durch den Stoff, schnüffelte daran. Er roch schwach nach Seife, nach nichts sonst.
Doch Kyle wurde von Erinnerungen an das letzte Mal in Darcys Zimmer überflutet, daran, wie sich ihr Waschlappen angefühlt hatte, wie er gerochen hatte, welche Emp findung ihr kühles feuchtes Badetuch auf seiner nackten Haut ausgelöst hatte.
Er drehte das Wasser auf, wusch sich unter dem Hahn die Hände und drehte dann den Knopf, um die Dusche anzuschalten. Er stieg in die Wanne und zog den Vorhang zu.
Der starke heiße Strahl fühlte sich gut an. Das Blut löste sich von seiner Haut. Es floss an ihm herab, färbte das Wasser um seine Füße rosa und lief in den Abfluss.
Als er sich einseifte, stellte er sich vor, Darcy wäre in dem anderen Zimmer an das Bett gefesselt. Wenn es heute Nacht Darcy statt Amy gewesen wäre, wäre es noch unglaublicher gewesen. Auf eine gewisse Art war es Darcy gewesen. Sobald er Amys Gesicht mit dem Kissenbezug bedeckt hatte, war es ihm gelungen, nur noch das Bild der schlanken, schönen Führerin im Kopf zu haben. Dadurch war es besser geworden, doch er hatte die ganze Zeit gewusst, dass er sich etwas vormachte.
Wenn es heute Nacht Darcy gewesen wäre, dachte er, dann wäre es jetzt vorbei.
Ich will nicht nur eine Stunde mit ihr verbringen.
Tage, Wochen.
Das wird nie passieren, begriff er entmutigt. Aber eine Weile, vielleicht eine ganze Nacht … Das wäre möglich.
Ein lohnenswertes Ziel.
In den Seifenschaum gehüllt wie in einen weißen Anzug, schamponierte Kyle sein Haar. Er spülte sich ab, dann überprüfte er die Fingernägel. Sie sahen sauber aus.
Kyle stellte das Wasser ab, schob den Vorhang zur Seite und trat auf die Badematte. Er nahm das saubere weiße Handtuch aus dem Drahtkorb und trocknete sich ab. Als er fertig war, hielt er das Handtuch ausgebreitet vor sich und betrachtete es von beiden Seiten. Es war noch immer weiß.
Seine Kleider lagen in dem anderen Zimmer. Er wickelte sich das Handtuch um die Hüfte. Es war gerade groß genug. Nachdem er die Ecken ineinandergesteckt hatte, blieb die Seite eines Beins unbedeckt.
Wenn ich das Hotel einmal führe, bekommen die Gäste größere Handtücher, dachte er. Kein Wunder, dass wir so niedrig eingestuft werden.
Er verließ das Bad.
Das Bündel auf dem Bett sah aus wie ein Kokon. Amy war in die Laken eingerollt und mit Seilen verschnürt worden. Die weißen Laken waren blutgetränkt.
Dad stand am Fußende des Betts und schüttelte einen Plastikmüllsack auseinander.
»Was soll ich tun?«, fragte Kyle.
»Sieh einfach zu. Ich zeig dir alles. Nächstes Mal machst du alles, und ich beaufsichtige dich. Irgendwann wirst du es allein tun.«
Kyle trat zu seinem Kleiderhaufen. Als sich das Handtuch beim Gehen löste, hielt er es fest und fragte sich zugleich, warum ihn das überhaupt kümmerte; vorhin hatte er noch nackt vor seinem Vater gestanden. Doch jetzt schien es etwas anderes zu sein. Er befestigte das Handtuch wieder, und es hielt, bis er seine Unterhose angezogen hatte. Dann ließ er es fallen. Er sah seinem Vater zu und zog sich währenddessen weiter an.
Mit dem geöffneten Plastiksack kroch Dad auf das Bett. Er begann, ihn über Amys eingewickelte Füße zu stülpen. »Du hast nur verpasst«, sagte er, »wie ich die Laken um sie gebunden habe. Die Tagesdecke und das Oberbett habe ich schon überprüft. Sie sind sauber. Sie haben nicht auf dem Bett gelegen, als du sie bearbeitet hast.« Er hob das Bündel hoch, zog den Sack bis zu Amys Taille hinauf und holte sich einen zweiten Sack. Diesen stülpte er über Amys Kopf, zog ihn herab, sodass er den anderen überlappte, und begann dann, die Nahtstelle mit Klebeband zu
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