Die Familie: Roman (German Edition)
Die Höhle schien dort zu enden, der Durchgang in den anderen Teil hatte nur aus einem Spalt bestanden, der vermutlich nicht breiter als ein Meter war.
Ehe die Mauer erbaut wurde, hatte es den Lake of Charon nicht gegeben. Der Fluss war hier wohl nur ein flacher Bach gewesen, so wie auf der anderen Seite des Bootsstegs, wo die Höhle höher war. Darcy stellte sich vor, dass Ely das Wasser nicht einmal in die Schuhe gelaufen war, als er sich hingehockt und die ersten Steine gemauert hatte.
Obwohl er am Boden einen kleinen Spalt offen gelassen hatte, beeinträchtigte die Mauer den natürlichen Lauf des Flusses Styx. Ungefähr ein Meter zwanzig des Bauwerks lag unter Wasser. Der sichtbare Teil war in etwa ein Quadratmeter groß.
Dort werden wir den Durchbruch machen, dachte Darcy. Unter Wasser sollten wir besser nichts beschädigen, sonst läuft der See zur anderen Seite hin ab.
»Wo soll ich das Boot parken?«, fragte Greg.
»Du kannst es ruhig bis zum Ende schieben«, erklärte sie.
Er trat aus dem Weg, hielt das Boot an der Backbordseite fest und drückte es vorsichtig nach vorn, bis es mit einem sanften Ruck zum Stehen kam.
»Okay«, sagte Darcy. »Ich sichere es.« Sie bat Jim, ihr Platz zu machen, dann hob sie die Bugleine auf, trat vor ihn und band das Seil auf Schulterhöhe um einen aus dem Wasser ragenden Tropfstein. Derselbe Tropfstein, an dem sie sich festgehalten hatte, als sie den Touristen die Geschichte von Elys Mauer erzählt hatte.
Es schien Tage her zu sein.
Sie erinnerte sich, dass sie von Kyles lüsternem Blick genervt gewesen war.
Ich frage mich, wie Paula mit ihm klarkommt, dachte sie.
»Wie wär’s mit ein bisschen Licht?«, erkundigte sich Greg.
Mit einer Hand auf dem Stein wandte Darcy sich um und richtete die Taschenlampe so weit nach oben, dass sie Greg nicht in die Augen leuchtete, als er die Arme ausstreckte und von Carol die Spitzhacke entgegennahm.
Greg hielt die Spitzhacke über dem Kopf wie ein Soldat sein Gewehr, watete an Darcy vorbei am Boot entlang und ging ein paar Schritte nach links. Er blieb vor Elys Mauer stehen und blickte zurück. »Das kann nicht lange dauern«, sagte er lächelnd.
»Hoffentlich«, meinte Darcy. »Versuch, unter Wasser nichts kaputt zu machen.«
»Aye, aye.« Er drehte sich zur Mauer, holte mit der Spitzhacke aus und schlug zu. Bei dem ohrenbetäubenden metallischen Lärm, mit dem das Werkzeug auf die Mauer traf, zuckte Darcy zusammen. Ein Stück Stein flog aus der Mauer und fiel vor Greg ins Wasser. Darcys Ohren klingelten noch, als er zum zweiten Mal zuschlug.
»Großer Gott.« Carols Stimme.
»Damit könnte man Tote aufwecken«, murmelte Beth.
Greg hieb immer wieder zu, weit oben, wo die Mauer auf den uralten weichen Kalkstein der Höhlendecke traf. Splitter flogen durch die Luft. Klumpen platschten ins Wasser. Die meisten Hiebe zielten auf den Mörtel in den Mauerritzen. Manchmal fielen ganze Blöcke heraus und mit solcher Kraft ins Wasser, dass es Greg ins Gesicht spritzte.
Als das Loch größer wurde, erwartete Darcy, die Dunkelheit auf der anderen Seite der Höhle zu sehen. Stattdessen erblickte sie eine weitere Schicht Steine. Greg hackte weiter auf die äußere Mauer ein, bis die Öffnung groß genug war, um hindurchzukriechen – wenn die zweite Schicht nicht gewesen wäre.
Schwer atmend legte er die Spitzhacke auf seiner Schulter ab. Er schüttelte den Kopf und drehte sich um. »Dieser Ely … hat keine halben Sachen gemacht. Ich frage mich, wie dick er das verdammte Ding gemauert hat.«
»Warum klettern Sie nicht an Bord und ruhen sich aus?«, schlug Jim vor. »Ich übernehme das eine Weile.«
»Ich glaube, ich nehme Sie beim Wort.«
Darcy nahm die Spitzhacke von Greg entgegen. Sie war warm, wo er den Stiel umklammert hatte. Das Boot wackelte, als Greg hineinkletterte. Er stand auf, verschränkte die Hände hinter dem Nacken und schnappte nach Luft.
Jim zog sich bis auf Boxershorts und Schuhe aus, setzte sich auf das Dollbord und ließ sich ins Wasser hinab. »Puh! Verdammt!«
»Schwingen Sie die verfluchte Hacke«, sagte Greg, »dann wird Ihnen sofort warm.«
Darcy reichte Jim die Spitzhacke. Er ging damit zur Mauer. Während Beth ihm leuchtete, begann er, auf die innere Wand einzuschlagen.
Darcy drehte sich zu Greg. Helen hatte ihm offenbar ihren Pullover gegeben. Er benutzte ihn als Handtuch. Darcy hob sein Kleiderbündel auf und stieg über eine Sitzbank. Sie stand neben ihm und sah zu, wie er sich vorbeugte und mit
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