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Die Farbe der Liebe

Die Farbe der Liebe

Titel: Die Farbe der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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Kaffee hatte Aurelia seit ihrer Ankunft in Amerika nicht getrunken. Heiß, würzig und samtig rann er ihr die Kehle hinunter, beruhigte ihre Sinne und machte sie zugleich auch wacher. Sie nahm sich für jeden Schluck ausgiebig Zeit, um das Aroma besser auszukosten. Nun wusste sie, warum Seattle den Ruf der Kaffeehauptstadt der Vereinigten Staaten genoss.
    Lauralynn zwinkerte ihr zu.
    »Schmeckt’s?«
    »Köstlich.«
    Tristan beobachtete die beiden aufmerksam, und Aurelia fragte sich, wie viel er wohl wusste. Wie eng mochte er mit Lauralynn befreundet sein? Seinem rätselhaften Lächeln nach zu schließen, wohl sehr eng. Aurelia wurde rot. Aber sie schämte sich kein bisschen, mit Lauralynn geschlafen zu haben. Es war ein Erlebnis gewesen, das sie nie vergessen würde. Es verunsicherte sie allerdings, dass dieser attraktive Mann sich nun vielleicht ausmalte, wie sie sich in den Armen einer Frau ihrer Lust hingegeben hatte. Seine dunkelgrünen Augen leuchteten auf, wann immer sein Blick Aurelia streifte, und sie war überzeugt, dass er sich dabei genüsslich ihre ineinander verschlungenen Glieder vorstellte. Aurelia holte tief Luft. Selbst seine Art, sich zu bewegen, hatte etwas Hypnotisierendes, und seine Gegenwart gab ihr das Gefühl, von ihm mit magnetischer Kraft angezogen zu werden. Doch er schien ihr undurchschaubar, und Aurelia war sich nicht sicher, ob sie ihm trauen und ihre Reserviertheit aufgeben konnte. Zumindest für den Augenblick bewunderte sie ihn lieber aus sicherem Abstand.
    »Ohne Einladung kommt man nicht rein«, fügte Tristan hinzu. »Aber ich darf Gäste mitbringen. Der Veranstaltungsort muss allerdings ein Geheimnis bleiben, deshalb wirst du während der Überfahrt eine Augenbinde tragen. Aber nur ungefähr eine Stunde lang.«
    »Überfahrt? Ist es eine Insel?«, fragte Aurelia.
    »Ja, eine Insel«, bestätigte ihr Tristan.
    Da Aurelia wusste, dass es in der Bucht vor Seattle hunderte Inseln gab, würde es für sie tatsächlich eine Fahrt ins Ungewisse werden. Konnte sie sich in Tristans Hand begeben?
    Die beiden musterten Aurelia. Unverkennbar teilten sie vieles miteinander, von dem Aurelia nichts wusste.
    »Ich würde gern mitkommen«, erklärte Aurelia.
    Sie verabredeten sich für den kommenden Abend, und Tristan brach auf.
    Als sie nun mit Lauralynn allein dasaß, dachte Aurelia plötzlich voll Schrecken daran, dass sie für den Ball nichts anzuziehen hatte. Sie war lediglich mit einem T-Shirt und Wäsche zum Wechseln nach Seattle gekommen.
    »Mach dir keine Gedanken«, beruhigte sie Lauralynn in neckischem Ton. »Komm mit in mein Zimmer. Es wird mir eine Freude sein, dich noch einmal auszuziehen. Dann kannst du was von mir anprobieren. Du wirst toll aussehen. Wir sind gleich groß, und wenn was zwickt oder zu weit ist, ich kann mit Nadel und Faden umgehen.«
    Tristan empfing sie an der Fähre in einer dunkelblauen Matrosenuniform, die ihm wie maßgeschneidert am Körper saß. Mit ihm wartete eine Handvoll ähnlich gekleideter Männer, die offenbar allesamt zu den Mitarbeitern des Balls gehörten und den zahlreichen am Kai erschienenen Gästen die Augen verbanden. Die weichen Masken waren aus kostbarer Seide und in Silbergarn mit einem Symbol bestickt, doch Aurelia konnte nicht erkennen, was es darstellte.
    Lauralynn, die keine Maske trug – was Aurelias Vermutung bestätigte, dass sie eine offizielle Einladung zu dem geheimnisvollen Fest hatte und tatsächlich mit Tristan im Bunde war –, nahm Aurelia an die Hand und führte sie unter Deck, denn während der Fahrt über den Sund, zwischen den unzähligen Inselchen hindurch, wehte ein scharfer, beißender Westwind. Aurelia fror bis auf die Knochen in dem dünnen Kleid, das Lauralynn für sie enger genäht hatte. Es war aus schillerndem Chiffon in allen Regenbogenfarben und an Taille und Hals gerafft, bedeckte jedoch kaum ihre Brüste und zeigte im Rücken und an dem fast bis zum Bauchnabel reichenden V-Ausschnitt vorne viel freie Haut. Wenn Aurelia sich drehte oder eine Böe den Stoff erfasste, wirbelte der lockere weite Rock hoch und bauschte sich wie ein Fallschirm, als wäre das vom Designer des Kleides so geplant. Vielleicht war es das ja auch. Lauralynn trug eine hautenge Kapitänskluft aus Latex samt den dazugehörigen Goldtressen an den Ärmeln und einem hohen, blauweißen Hut, der sie noch größer machte, als sie war, ein Outfit, mit dem sie Tristan buchstäblich den Rang ablief. Tristan fand das gar nicht lustig und ließ sich

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