Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)
hatten.
Ich wollte mir das Blut vom Gesicht lecken, doch es war bloß Wasser.
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Denkst du etwa, ich will so sterben?
Vielleicht hatte ich das nicht richtig durchdacht. Ich saß in dem eisenumgitterten dreieckigen Park, allein bis auf zwei obdachlose Männer, die auf zwei parallelen Bänken zwischen ihren Tüten kauerten. Dann und wann bewegten sie sich im Schlaf. Unter ihnen flatterten Zeitungsfetzen zwischen den Klauenfüßen der Bänke.
Es wurde hell; es würde ein klarer Tag werden. Sonnig. In den kahlen Ästen der Bäume begann ein Zwitschern von ich weiß nicht was für Vögeln.
Ich hatte Kinder erwartet, die aus den Seitenstraßen Richtung Schule strebten. Aber die Ferien hatten begonnen, also schliefen sie wohl noch.
Die anderen Sterblichen gingen dagegen ganz alltäglich ihren Besorgungen nach.
Die Tür unter dem rankenbekränzten Löwenkopf öffnete sich. Da kam sie, zog den Schal um Schultern und Hals enger. Rasche, zuversichtliche Schritte in den heller werdenden Tag hinein. Im Mattglas des Zielfernrohrs sah sie fast aus wie eine abstrakte Figur. Das Fadenkreuz legte sich auf ihre Halsmulde.
Dann sah sie mich, und ihr Kinn hob sich. Ihre Augen und ihr ganzes Gesicht hoben sich und leuchteten auf, als sie unserem Rendezvous entgegeneilte.
Ihr Leben an meiner Fingerspitze, noch einmal.
Ich habe keine andere Geschichte zu erzählen als diese.
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