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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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Übungszielscheibe benutzen. Oder sie gingen vorher freiwillig auf die Felsen. Mit wachsender Verzweiflung suchten seine Augen die schroffen schwarzen Klippen ab. Wenn es wenigstens irgendwo eine Stelle gäbe, an der sie von der Lotten an Land fliehen könnten, ohne sich bei dem Versuch alle Knochen zu brechen …
    Ole stutzte. Was war das?
    Im Norden der Bucht schien eine schmale Einfahrt zu sein. Hatte er eine Möglichkeit übersehen?
    »Übernimm mal«, murmelte er.
    Lina setzte sich an die Pinne. Ole ignorierte ihren fragenden Blick und beugte sich tief über die Seekarte.
    Zwischen der Insel Storö und einer ihr vorgelagerten, lang gestreckten Schäre namens Store Hejen befand sich ein schmaler, schnurgerader Strich Wasser, der in der Karte als Strömsund verzeichnet war. Seine Länge betrug knapp einen halben Kilometer, und an seiner schmalsten Stelle war er kaum breiter als der Rumpf der Lotten lang war. Aber er war schiffbar! Seine geringste Tiefe war mit drei Metern verzeichnet. Vor allem aber hatte er nicht nur eine Einfahrt, sondern auch einen Ausgang. Einen Notausgang, sozusagen!
    Ole spürte, wie er feuchte Handflächen bekam.
    Dass Richard so dumm sein würde, ihnen mit einem fast vierzig Meter langen und gut fünf Meter breiten Schiff dort hineinzufolgen und sich darin festzufahren, darauf wagte er nicht zu hoffen. Aber immerhin würde das Schnellboot einen größeren Umweg um etliche Schären und Felsen herum machen müssen.
    Der Wind würde im Strömsund genau querab kommen. Also konnten sie mit Vollzeug hindurchnageln und – wenn sie unterwegs keinen Felsen mitnahmen – darauf hoffen, vor Richard das andere Ende zu erreichen.
    Ein bisschen Hase und Igel spielen, dachte Ole, und ein grimmiges Grinsen trat in sein Gesicht. Das wird Richard zumindest gehörig auf die Nerven gehen.
    »Du hast eine Idee!«
    Lina sah ihn hoffnungsvoll an.
    »Ja, aber eine, die uns genauso gut den Hals brechen kann!«, antwortete Ole und zeigte ihr den Strömsund auf der Karte.
    Lina erbleichte.
    »Durch dieses schmale Ding?«
    Dann warf sie einen Blick auf ihre Verfolger. Das Schnellboot hatte inzwischen an der Einfahrt zum Torsöfjord aufgestoppt, vermutlich um dort auf sie zu warten. Sein hoher Bug mit den beiden Torpedoklappen zeigte bedrohlich in ihre Richtung.
    »Na schön, ich hoffe, du weißt, was du tust!«, sagte Lina.
    Hastig holten sie die Schoten dicht, und Ole luvte an. Mit reichlich Krängung jagten sie jetzt hoch am Wind direkt auf die Küste zu.
    Spätestens jetzt musste Richard ahnen, was sie vorhatten. Aber anstatt sich zu bewegen, blieb das Schnellboot in der gleichen Position wie zuvor. Ole hatte gehofft, dass Richard ihnen folgen und dann weitere kostbare Zeit durch ein umständliches Wendemanöver verspielen würde. Was hast du vor, verdammt?, schoss es Ole durch den Kopf.
    Dann öffnete sich schräg voraus die schmale Einfahrt zum Strömsund, und seine ganze Aufmerksamkeit wurde in diese Richtung gelenkt.
    »Klar zum Abfallen!«
    Abermals fierten sie die Segel, und mit halbem Wind rauschte die Lotten durch das Felsentor.
    Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Ein Wenden aus voller Fahrt und unter vollen Segeln würde in dem schmalen Strömsund absolut unmöglich sein.
    Mit beängstigender Geschwindigkeit preschten sie die steilen Ufer entlang. Ihre Hecksee schäumte und spritzte nur so an den Felsen hinter ihnen auf. Wie schnell mochten sie sein? Sieben, acht Knoten?
    Die Anspannung war enorm. Jetzt bloß keinen Fehler machen! Wenn die Yacht in einer Bö zu stark krängte und aus dem Ruder lief, würden sie unkontrolliert nach Luv auf die Felsen schießen und die Yacht in einen Haufen Treibholz verwandeln. Und wenn sie auch nur den kleinsten Kieselstein unter den Kiel bekämen und aus vollem Lauf abstoppten, würde ihr mühsam zusammengeflickter Mast einen solchen Satz nach vorne machen, dass er sich dreimal in der Luft überschlagen würde, bevor er ins Wasser fiel.
    Um bessere Sicht voraus zu haben, stellte Ole sich breitbeinig auf die beiden Cockpitbänke, die lange Pinne nach oben geklappt, und starrte mit äußerster Konzentration nach vorne.
    Zum Glück war es inzwischen so hell geworden, wie man es von einem grauen, stürmischen Tag wie diesem erwarten durfte, und Ole konnte deutlich die hellen, flachen Bereiche des Fahrwassers von den dunkelgrünen, tieferen unterscheiden. Ebenso wie die plötzlichen Windböen, die das Wasser schwarz färbten und sie dazu nötigten, die Schoten zu fieren, um

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