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Die Farbe der Träume

Die Farbe der Träume

Titel: Die Farbe der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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merkwürdigen Tier totgehackt, so wie sein Vater von Straußen zu Tode gehackt worden war.
    Nur das Buch über Puppenhäuser vermochte ihn zu trösten. Er betrachtete die Bilder oft sehr lange und sah sich in seinem Eindruck bestätigt, dass der Mensch sich gern von Miniaturkopien realer Dinge verzaubern lässt. Und als einige Wochen vergangen waren, beschloss er, ein Puppenhaus zu bauen – er würde es Susan Millward und Merrick Dillane schenken, für die Kinder, die sie eines Tages bekämen.
    Er säuberte die Werkbank des Spielzeugmachers, ließ das Sägespänemeer auf dem Boden aber liegen, nicht nur, weil er gerne darauf herumlief, sondern auch, weil er sich so die jahrelange Arbeit vorstellen konnte, von der es zeugte. Fast kam es ihm so vor, als hätte er selbst diese Arbeit geleistet, als wäre all die erlittene Mühsal in Neuseeland nur ein Traum, aus dem er jetzt erwachte. Er kaufte Sperrholz, Schiefer, Nägel und einen Glasschneider. Er kaufte Dosen mit Farbe und Lack, kaufte Kleister und Kitt.
    Wenn er fortan morgens erwachte, hatte er nur eines im Kopf: sein Puppenhaus. Er trank einen Becher schwachen Tee, manchmal röstete er sich auch eine Semmel in einer schwarz angelaufenen Pfanne und aß sie mit Marmelade. Dann ging er hinüber in die Werkstatt, und mit einer Geduld, die ihn selbst überraschte, machte er sich wieder an seine Aufgabe: die Konstruktion eines eleganten, kleinen georgianischen Hauses nach dem Vorbild des Gebäudes, das einst die älteste Tochter des elften Herzogs von Hereford bewohnt hatte.
    Das Haus hatte fünf Schlafzimmer. In dem Buch Berühmte Puppenhäuser las Joseph, dass die Fußböden der Diele und des Salons mit Miniaturparkett und der Küchenboden mit Schieferplättchen ausgelegt waren. Und er wusste, dass sein Haus erst dann fertig wäre, wenn er all das eingebaut hatte. Er dachte, das Zuschneiden der Parkettdielen und der winzigen Schieferplatten könnte gut den Rest seines Lebens beanspruchen, doch das beunruhigte ihn nicht.
    Die Hochzeit von Susan Millward und Merrick Dillane fand statt, ohne dass Joseph Blackstone eingeladen worden war. Doch er hörte die Kirchenglocken läuten und konnte aus dem Werkstattfenster die Prozession der Feiernden vorbeiziehen sehen. Das war auch der Tag, an dem er beschloss, das Puppenhaus niemals wegzuschenken, weder Susan und Merrick noch irgendjemandem sonst; das Puppenhaus war sein – sein Haus –, und es würde der Ort sein, an dem er Zuflucht vor der Welt finden würde.
    Als der Winter kam, arbeitete Joseph mit jedem Tag langsamer. Das Haus hatte jetzt sein Schieferdach und hübsch verzierte Schornsteine aus Ton und vierzehn Fenster. Er fing mit dem Parkett an. Und er wusste, dass alles, was ihm noch an Hoffnung geblieben war, auf diesem Haus ruhte, diesem Haus aus Holz, und wenn er es, bis ins letzte liebevolle Detail, fertig hatte und dessen Tür zum letzten Mal schloss, würde seine eigene Welt in endgültigem Schweigen versinken.
III
    Zu Beginn des neuseeländischen Sommers weilte Harriet auf der Orchard-Farm.
    Arm in Arm spazierte sie mit Dorothy durch den Garten, und Dorothy sagte: »Ich hasse den Sommer. Ich möchte den Glanz auf dem Gras nicht sehen. Ich möchte die Sonne in meinem Gesicht nicht spüren. Ich möchte die Blumen nicht wachsen sehen.«
    Als die Frauen zum Titoki-Baum kamen und die Reste von Edwins Baumhaus sahen, umarmten sie einander und weinten. Dorothy stammelte: »Er wurde weggezaubert. Ich weiß es. Ich suche ihn überall, in allen Dingen. Ich suche sogar im Staub auf meinen Schuhen nach ihm.«
    Im ersten Stock blieb die Tür zu Edwins Zimmer, das noch genauso aussah wie am Morgen seines Todes, geschlossen. Dorothy erzählte Harriet, dass auf der Tafel neben seinem Bett ein einziges Wort stehe: Bombasin . Sie sagte, der Raum rieche nach ihm und das werde auch immer so bleiben. Sie sagte, das alte Bild vom rotgelben Moa-Vogel klebe nach wie vor an der Wand. Sie sagte: »Janet trauert auch. Sie tut Salz in den Kuchen und Zucker in die Soße. Ich sollte ihr wirklich kündigen, aber ich glaube nicht, dass ich das kann.«
    Was Toby Orchard betraf, so sahen ihn die beiden Frauen kaum. Er schlief nur wenig, stand früh auf und verließ das Haus. Er kannte nur eine Art, seine Verzweiflung zu bekämpfen – er ritt in wildem Galopp über die Schafweiden. Er tat es nicht in irgendeiner Absicht, nicht, um seine Schafe zusammenzutreiben oder um nach den Wasserstellen zu sehen oder mit seinen Arbeitern zu reden. All das

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