Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
gewirkt, als das Thema bei der Besprechung angeschnitten worden war.
Sie mussten sich noch überlegen, wer die Fragen stellen und wer überhaupt bei der Vernehmung anwesend sein sollte. Theoretisch war Sykes hier nur zu Gast. Andererseits spielte er bei den Ermittlungen eine wichtige Rolle. Ronnie war sich einfach nicht sicher, ob er dabei sein sollte oder nicht.
»Ich warte im Beobachtungsraum«, traf er selbst die Entscheidung.
»Gut, das ist vielleicht am besten. Bailey kennt dich nicht«, sagte Ronnie. »Kann ja sein, dass er vor jemandem, den er noch nie gesehen hat, nicht so ohne Weiteres den Mund aufmacht.«
Daniels runzelte die Stirn, als sei ihm diese Strategie nicht so ganz recht. »Könnte aber auch sein, dass er nicht so gern über seine sexuelle Beziehung zu dem Opfer spricht, wenn du dabei bist, Ronnie.«
»Das ist doch albern«, entgegnete sie gereizt.
»Das weiß ich.« Abwehrend hob Mark die Hände. »Aber es ist doch so, dass Bailey von Anfang an in deiner Nähe schüchtern und verlegen war. Und als du ihm endlich den kleinen Finger hingehalten hast, hat er sich wie ein verknallter Teenager benommen. Ich glaube, ich habe dir noch gar nicht erzählt, dass er ein paar Minuten, bevor ich dich unten im Keller gefunden habe, zu mir gekommen ist. Er hat mich gebeten, mich in seinem Namen bei dir zu bedanken. Du würdest schon verstehen, warum, hat er gesagt.«
Ronnie kapierte zwar gar nichts, nickte aber, um Daniels zum Weitersprechen zu veranlassen.
»Wenn er von der Existenz der OEP -Kamera weiß und ihm klar wird, dass du gesehen hast, wie er es mit dem Opfer getrieben hat, dann bricht er uns zusammen.«
»Ich bin mir gar nicht sicher, ob er davon weiß«, räumte Ronnie ein.
Überrascht sah Sykes sie an. »Aber das hat der Mörder doch mit Sicherheit gewusst. Ist doch offensichtlich, weil er sich verkleidet hat, mit den schwarzen Sachen, der Kapuze und dieser irren Grubenlampe, und der Mord in Philadelphia ist noch ein zusätzlicher Beweis.«
»Ich weiß. Ich hoffe, ehrlich gesagt, dass ich falsch liege und dass Special Agent Bailey von Leannes Teilnahme am Programm gewusst hat, denn dann käme er viel eher als Verdächtiger infrage. Aber dafür konnte ich bisher keine Anhaltspunkte entdecken. Ich glaube nicht, dass seine Verwirrung nur vorgetäuscht war, als es bei der ersten Besprechung um das Thema OEP ging. So ein guter Schauspieler ist er nicht.«
»Das erklärt vermutlich auch, warum er aussah, als müsste er gleich kotzen, als wir am Tatort ankamen.« Daniels sprach langsam, als er an den Vormittag zurückdachte, der schon Ewigkeiten zurückzuliegen schien. »Ich habe gedacht, es liegt einfach an diesem grausigen Tatort, aber offenbar hatte Bailey für seine Reaktion ganz persönliche Gründe.«
»Vielleicht hat er uns die Beziehung verheimlicht, weil er wusste, dass er unter Mordverdacht stehen würde, sobald jemand davon erfährt«, mutmaßte Ronnie.
Ja, vermutlich hatte er deswegen geschwiegen. Doch wie er neben den Leichenteilen hatte stehen können, ohne durchzudrehen, war Ronnie ein Rätsel. Er musste einen extrem starken Selbsterhaltungstrieb haben.
Daniels rieb sich mit einer Hand die Augen, die heute allerdings kein bisschen gerötet waren. Vielleicht hatte er, nachdem er letzte Nacht ihre Wohnung verlassen hatte, erfreulicherweise mal nicht mehr an einer Bar angehalten, um sich noch einen zu genehmigen. »Und weißt du was, Ron, er war dabei, als jemand erwähnte, dass Leannes Chip kopiert wird, damit du ihn überprüfen kannst. Er hatte in der letzten Woche zweimal Sex mit ihr … «
»Mindestens zweimal«, warf Ronnie ein.
»Stimmt. Das heißt, wenn er über die Anwendungsmöglichkeiten des Programms informiert gewesen wäre, dann hätte er wissen müssen, dass du das rauskriegst.«
Sykes verstand offenbar, worauf sie hinauswollten, denn er nickte. »Er ist doch auch Polizeibeamter, da müsste ihm klar sein, dass seine Aussichten viel besser sind, wenn er seine sexuelle Beziehung offenlegt, bevor du davon erfährst.«
»Genau«, sagte Ronnie. »Er hätte uns seine eigene Version davon unterjubeln können, dann hätte es so ausgesehen, als wäre er total offen und ehrlich. Das hätte ihn viel weniger verdächtig gemacht.«
Alle drei schwiegen, denn sie überlegten. Schließlich brummte Daniels: »Mist. Kann sein, dass du recht hast. Dieser kleiner Scheißer hat vielleicht gar keine Ahnung, dass wir gesehen haben, wie er ein paar Tage vor der Tat mit dem Mordopfer
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