Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
verheiratet, und ich liebe meine Frau. Ich würde sie niemals betrügen.«
Aha, klar. Genauso, wie er niemals Ermittler in einem Mordfall täuschen würde.
Ronnie hatte genügend Vernehmungen miterlebt, um zu wissen, wie mühelos manchen Menschen die Lügen von den Lippen gingen. Bailey allerdings bemühte sich, direkte Lügen zu vermeiden. Als könne er Daniels mit Ausflüchten, empörten Erwiderungen und ausweichenden Antworten zum Rückzug bewegen, ohne dabei tatsächlich die Worte: »Nein, das ist nicht wahr«, aussprechen zu müssen.
Da kannte er Daniels aber schlecht, und ebenso Sykes, der jetzt herüberkam, sich auf die Tischkante setzte und auf den jungen Agenten hinunterschaute. »Detective Daniels hat nichts davon gesagt, dass Sie Ihre Ehefrau betrügen. Er möchte nur wissen, ob sie dem Opfer vielleicht näher standen, als sie uns glauben machen wollten. Warum nehmen Sie sofort an, dass er von einer Affäre spricht?«
Bailey stieß etwas Unverständliches hervor und schaute zwischen den beiden Männern hin und her. »Aber er hat doch gesagt … Ich dachte, er hat gemeint … «
Sykes seufzte. »Also gut, da Sie nun einmal davon angefangen haben – wusste Ihre Frau, dass Sie mit Leanne Carr Sex hatten?«
Bailey drohten die Augen aus dem Kopf zu springen, und sein Gesicht wurde knallrot. »Ich verwahre mich gegen diese Anschuldigung!«
»Verwahren Sie sich ruhig dagegen. Es ist trotzdem eine Tatsache«, erklärte Sykes vollkommen ungerührt. »Kommen Sie, Bailey, wir wissen alles darüber.«
»Woher denn? Das ist unmöglich.« Er verschränkte die Arme über der Brust und drückte sich in den Stuhl. Brummelnd wie ein kleines Kind, dem vorgeworfen wird, dass es das Bonbonglas kaputt gemacht hat, fügte er hinzu: »Niemand kann etwas beweisen, was gar nicht passiert ist.«
Sykes und Daniels wechselten einen Blick, dann schauten beide zu ihr in den Einwegspiegel. Ronnie wusste, was die beiden Ermittler dachten. Bailey verhielt sich nicht so, als wisse er von den fotografischen Beweisen.
Nein, er war nicht eingeweiht. Er hatte keine Ahnung, dass Leanne eine Kamera im Kopf gehabt hatte.
Daniels trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »So, Sie sagen also, dass nicht Sie es waren, der sich neulich abends hinter Leanne Carr geschlichen hat, ihr die Hände über die Augen gelegt hat und sie rückwärts mit in den Lagerraum gezogen hat. Da fing sie dann an … «
»Oh Gott! Woher wissen Sie das?« Bailey wirkte furchtbar erschrocken. Allerdings konnte Ronnie nicht sagen, was ihn mehr schockierte: dass man ihn beim Sex mit einer Frau ertappt hatte, die später ermordet wurde, oder dass nun bewiesen war, dass er seine Frau betrogen hatte.
»Wir wissen es einfach. Und wie lange ging das schon so?«
Bailey zögerte, sein Blick wanderte zwischen Daniels und Sykes hin und her und dann zum Spiegel hinüber. Es war, als würde er Ronnie direkt anschauen.
»Ist sie da drin?«
Verdutzt legte Daniels den Kopf schräg. » Sie ?«
»Sloan. Detective Sloan. Guckt sie uns zu?«
Sykes lieferte die passende Antwort: »Sie erinnern sich doch sicherlich, dass Detective Sloan vorgestern Abend im Keller des Weißen Hauses überfallen und schwer verletzt wurde.«
Bailey seufzte erleichtert auf, und Ronnie musste fast lachen. Auch Sykes beherrschte das Spiel, nicht richtig zu lügen, aber auch nicht die Wahrheit zu sagen.
»Wie geht es ihr denn?«, fragte der junge Mann.
»Sie kommt wieder auf die Beine.« Daniels klang bekümmert und gleichzeitig wütend. »Ich kriege den Kerl, der ihr das angetan hat, und dann wird er sich wünschen, er wäre nie geboren.«
Bailey wurde kreidebleich. »Sie wollen doch nicht sagen, dass sie glauben, ich hätte irgendwas damit zu tun? Ich war doch gerade oben in Ihrem Büro und habe mit Ihnen gesprochen, als es passiert ist.«
»Sie hätten ihr den Schlag auf den Kopf versetzen und dann gleich anschließend hochkommen und mich aufsuchen können, um sich ein Alibi zu verschaffen.«
»Aber das hab ich nicht getan. Ich hätte das niemals gemacht, ich könnte einer Frau nicht wehtun!«
»Nein, Sie betrügen die Frauen nur«, sagte Sykes.
Wütend schaute Bailey zu ihm hoch. »Das verstehen Sie nicht.«
»Untreue? Oh doch, das verstehe ich schon, ist ja nicht so kompliziert.«
Baileys Augen bekamen einen verräterischen Schimmer, und er vergrub den Kopf in den Händen. Ronnie hörte ein leises Schluchzen und fragte sich, ob er um seine Frau weinte, um Leanne, oder um sich selbst,
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